Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
Begleitschiffen entgegen.
Voller Entsetzen musste der General mit ansehen, wie ein Flugschiff wenige Dutzend Schritt an Steuerbord von einem der Arme gepackt wurde. Für einige schreckliche Herzschläge wurden Schiff und Mannschaft von der Dunkelheit vollkommen eingehüllt, und so blieb Jaular und seinen Gefährten der Anblick dessen erspart, was nun geschah. Aber die grässlichen Schreie, die aus zahlreichen Kehlen zu ihnen herüberwehten, waren fast genauso schlimm.
Vielleicht zum ersten Mal in seinem Leben verspürte Jaular echte Todesangst. »Rückzug! Wir ziehen uns zurück!« Das Bild des heimgekehrten Spähers kam ihm in den Sinn, dessen Geist der Wahnsinn zerrüttet hatte. Nein, möglicherweise war das, was in Gongathar hauste, sogar noch schlimmer als der Tod.
»Zu spät«, schrie Waukrir, und seine Stimme überschlug sich vor Panik.
Jaular wirbelte herum und erkannte, dass der Kapitän recht hatte. Gleich zwei der riesenhaften Schattenarme peitschten der Shaddrach entgegen. Die Sturmreiter brüllten Beschwörungen und richteten Sturm und Blitzschläge auf sie, doch sie waren zu langsam oder zu schwach. Als der erste der beiden Arme über den Bug des Flaggschiffes hinwegflutete, schrien sie auf, und für einen grauenvollen Moment glaubte der General zu sehen, wie die Schwärze durch Mund, Nase und Augen in die Männer einfuhr und eine blass schimmernde Essenz aus ihnen herausriss.
Als der zweite Schattenarm nach dem Steuerstand griff, drehte sich Jaular um, rannte auf den rückwärtigen Rand zu und flankte brüllend darüber hinweg. Krachend kam er auf Deck auf, überschlug sich und prallte gegen eine der hölzernen Aufbauten. Den stechenden Schmerz in seiner Seite missachtend, sprang er wieder auf und stürmte weiter, ohne sich umzudrehen. In seinem Rücken vervielfachten sich die Schreie, und ein weiteres Mal war das posaunenartige Dröhnen zu hören.
Weg hier! Nur weg! , hämmerte es in Jaulars Schädel.
Er erreichte das Heck der Shaddrach , und ohne zu zögern, sprang er in die Tiefe. Er wollte lieber tot sein als so enden wie die Sturmreiter oder seine Kameraden.
Aber sein Fall währte keine zwei Herzschläge, denn wie aus dem Nichts tauchte plötzlich eine riesige, strahlend weiße Masse unter ihm auf. Ächzend schlug der Nondurier auf einer harten, irgendwie gläsern wirkenden Oberfläche auf.
» HALT DICH FEST , KLEINER HUNDEKRIEGER !«, donnerte eine Stimme in seinem Geist und ließ Jaular schmerzerfüllt aufstöhnen. Doch er gehorchte ohne nachzudenken und vergrub seine Finger zwischen den Ritzen der schuppenartigen Haut.
Er hatte keinen Lidschlag zu früh gehandelt, denn im nächsten Moment kippte die Welt scheinbar unter ihm weg, als der fliegende Gigant sich in eine halsbrecherische Kurve legte, um Jaular – oder sich selbst – von dem seinem Untergang geweihten Flugschiff wegzubringen. Ein machtvolles, seltsam melodisches Brüllen drang aus dem riesigen Körper und wurde von zahlreichen gleichartigen Rufen beantwortet.
Verwirrt und vor Schmerz und Furcht kaum bei Sinnen hob Jaular den Kopf und blickte sich um. Und was er sah, raubte ihm den Atem. Mehr als ein Dutzend majestätischer Drachen waren am Himmel aufgetaucht und griffen furchtlos in die Schlacht ein. Ihre Panzer schimmerten und glitzerten wie Diamanten im Sonnenlicht, und ein Leuchten erfüllte sie von innen, das kein Unwetter und kein schwarzer Nebel zu löschen vermochte. Brüllend schwärmten sie aus und schienen so etwas wie einen weiten Halbkreis zu bilden. Dann richteten sie sich am Himmel auf, spreizten weit ihre gläsernen Schwingen, und auf einmal brachen gewaltige silberweiße Lichtströme aus ihren Brustpartien hervor, die mitten in die im Herzen Gongathars lauernde Finsternis hineinstießen.
Ein furchtbares Heulen hallte aus den Schatten zwischen den Turmbauten der Stadt wider.
Diesen Augenblick wählte Jaulars Geist, um in der Schwärze der Bewusstlosigkeit zu versinken.
Im Rücken des mächtigen Kristalldrachen, der den ohnmächtig zwischen seinen Schulterplatten liegenden Nondurier in Sicherheit trug, sank die Padeschdah Shaddrach III. , das größte Flugschiff, das in Nondur jemals gebaut worden war, sterbend zum Boden der Steppe hinab.
Ungeachtet ihrer Pläne verließen die Gefährten nicht bereits am nächsten Morgen, sondern erst am Vormittag darauf Agialon. Der Zufall wollte es nämlich, dass sie auf ihrer Suche nach einer Schiffspassage den Riva hinab wenige Stunden nach dem Zusammentreffen mit
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