Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
vielleicht gar einen Bürgerkrieg angezettelt. Also beschlossen mein Vater und ich, dass es das Beste sei, wenn ich eine Weile fortginge. Auf diese Weise konnte Ieverin nach außen hin den festen Willen zeigen, meine Taten nicht einfach so hinzunehmen, nur weil ich der Prinz bin. Außerdem wird es Shiraik schwerer fallen, meinem Vater meine Fehler vorzuhalten, solange ich nicht in der Stadt bin. In Wirklichkeit kommt mir diese Verbannung aber sogar entgegen, denn sie erlaubt mir, gemeinsam mit euch ein Ritter des Kristalldrachenordens zu werden, ohne meine Pflichten gegenüber meinem Volk vernachlässigen zu müssen. Und dass ein Taijirin zu den ersten der neuen Ritter zählen muss, erkannte mein Vater genauso wie ich.«
Tarean schüttelte den Kopf. »Iegi, ich weiß nicht, was ich sagen soll.«
»Am besten nichts«, erwiderte sein Freund. »Die Dinge haben sich so entwickelt, wie sie es wohl sollten. Wäre den Lichtgefiederten der Weg, den ich gehe, nicht recht gewesen, hätten sie mich zu einer anderen Art von Mann machen müssen.«
»Du bist älter geworden – und weiser«, bemerkte Haffta mit einer gewissen Achtung in der Stimme.
Iegi verzog entsetzt das Gesicht. »Ich hoffe nicht!«, rief er aus, aber dann lächelte er die Wolflingfrau an. »Ja, möglicherweise hast du recht. Es wäre langsam an der Zeit, nicht wahr?«
Gemeinsam begaben sie sich zu Janosthins Hütte und verbrachten dort den Rest des Tages damit, sich gegenseitig zu erzählen, was sie in den vergangenen zwei Monden alles erlebt hatten. Iegi war von heller Begeisterung erfüllt, als er hörte, dass es Tarean einmal mehr gelungen war, Moosbeere ins Leben zurückzuholen. Voller Überschwang packte er die Reisetasche des Jungen, in der ihre handtellergroße Gefährtin schlummerte, und schüttelte sie so kräftig, dass das Irrlicht unsanft aus dem Schlaf gerissen wurde. Moosbeere bedankte sich für das vorzeitige Wecken, indem sie dem Taijirinprinzen einen kräftigen Nasenstüber verpasste. Doch auch das Irrlicht freute sich sichtlich, dass ihre Gemeinschaft wieder vollzählig war.
Als sich der Abend über die Hochebene senkte, erhob sich Auril auf einmal, nickte den anderen – die mittlerweile über einem Lagerfeuer Fleischstücke grillten – zu und verließ die Gruppe dann ohne ein weiteres Wort.
»Wo will sie hin?«, fragte Iegi mit gerunzelter Stirn, während sie beobachteten, wie die Albin am Rand des Kraters entlanglief und anschließend die Anhöhen südlich davon erklomm.
»Sie will Tarean besuchen, nehme ich an«, murmelte Bromm düster. »Deinen Zwilling«, fügte er mit einem kurzen Blick zu Tarean hinzu.
Dem Jungen kamen die Steinfexe in den Sinn, die ihm bei seinem letzten Besuch von At Arthanoc in den Ruinen der Burg aufgelauert hatten. »Sollten wir sie wirklich allein losziehen lassen?«, fragte er. »Hier in der Gegend treiben sich hässliche kleine Ungeheuer mit Steinhaut und unglaublichem Appetit herum.«
»Mir ist in den letzten Tagen keinerlei Leben aufgefallen«, sagte Iegi.
»Ich gehe ihr nach«, entschied Bromm. »Sicher ist sicher.«
»Ich komme mit«, sagte Haffta.
Der Werbär schenkte der Grawlfrau einen unwirschen Blick, gab dann aber ein gebrummtes Einverständnis.
»Haffta sucht Bromms Nähe, kann das sein?«, fragte Iegi Tarean, als die beiden das Lager verlassen hatten.
»Möglich«, antwortete Tarean. »Aber so verwunderlich ist das nicht. Haffta hat ihre Sippe verloren, und Bromm ist von uns allen wohl derjenige, der am ehesten an einen Wolfling erinnert.« Er grinste schwach, während er sich ein gut gewürztes Stück Fleisch in den Mund schob.
»Wie entwickeln sich die Dinge zwischen Auril und dir?«, erkundigte sich der junge Vogelmensch.
Tarean musterte den Freund. Auril hatte ihm erzählt, dass zwischen Iegi und ihr niemals mehr als Freundschaft bestanden hatte. So ganz hatte er ihr das nicht abgenommen. Aber schon damals, auf den Mauern der nondurischen Wachfeste im Schatten der Ascheberge, hatte es keine Rolle mehr gespielt, denn sein Herz hatte sich vollends Moosbeere zugewandt – zugegebenermaßen unter der magischen Beeinflussung von Gongathar, aber für Tarean fühlte es sich nichtsdestoweniger echt und richtig an. »Wir sind nur noch Freunde«, fasste er für Iegi seine gegenwärtige Beziehung zu der Albin zusammen. »Ihr Herz schlug zuletzt für meinen Zwilling, wie du weißt. Und ich glaube, sein Tod hat auch mich in ihr sterben lassen.« Er zuckte mit den Achseln. »Es ist gut so.
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