Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
Ich kann damit leben.« Dass er zwischenzeitlich eine andere Liebe gefunden hatte, verschwieg er dem Freund.
Iegi wandte den Blick ab und starrte gedankenverloren in die Nacht hinaus. Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander.
»Iegi«, sagte Tarean schließlich.
»Hm?«
»Ich würde euch nicht mehr im Weg stehen, wenn …« Er zögerte. »Du weißt schon.«
Ein Ausdruck von Wehmut huschte über die Züge des Taijirinprinzen. »Danke, mein Freund. Wir werden sehen, was geschieht.«
Die zweite Überraschung ereilte die Gefährten tags darauf, und sie kam in Gestalt Janosthins daher, der um die Mittagszeit plötzlich auf der südlichen Anhöhe auftauchte. Schon von ferne rief ihnen der Sette zu und schwenkte seinen schweren Runenhammer zur Begrüßung.
»Was führt dich denn nach At Arthanoc?«, verlangte Tarean erstaunt zu wissen, nachdem das allgemeine Lachen und Schulterklopfen vorüber war.
»Ein Auftrag im Dienste Kesrondaias«, erwiderte Janosthin, und sein bärtiges Gesicht wurde übergangslos ernst.
»Dürfen wir diesen Worten entnehmen, dass sie nicht selbst kommen wird?«, fragte Auril.
Der Sette nickte bedauernd. »In der Tat. Es ist etwas Unvorhergesehenes geschehen. Etwas, das die Aufmerksamkeit aller Kristalldrachen fordert und bindet.«
Tarean glaubte, das Echo eines Warnschreis durch seinen Kopf geistern zu hören, eines Warnschreis, den Moosbeere und er bereits vor drei Wochen in der Nacht am Waldrand des Cerashmon vernommen hatten. »Was ist passiert?«
»Lasst uns nach drinnen gehen«, sagte Janosthin und deutete auf seine frühere Bleibe. »Was ich zu sagen habe, ist für keine fremden Ohren bestimmt.«
»Wer sollte uns hier oben belauschen? Es ist weit und breit keine lebende Seele zu sehen«, warf Iegi ein.
»Ich spreche auch nicht von lebenden Seelen«, knurrte der Wächter mit unheilvoller Miene.
Ein mulmiges Gefühl breitete sich in Tareans Magengegend aus. Wovon redete der Sette da? Er schaute zu Auril hinüber, die ihm mit einem leichten Schulterzucken antwortete, während sie beide gemeinsam mit den anderen Janosthin ins Innere folgten.
»Also spann uns nicht länger auf die Folter, sondern sprich«, forderte der Junge den Setten auf, als sie sich in der Wohnstube um den Tisch versammelt hatten.
»Es war vor einer Woche«, begann Janosthin, »als mich eines Nachts Kesrondaias Ruf im Schlaf erreichte. Ihr müsst wissen, dass ich mit den Kristalldrachen in Verbindung stehe, seit ich den Kristalldrachenstein erneut bewache. Ich kann sie zwar nicht immer erreichen, aber ich höre sie, wenn sie mich rufen.« Er beugte sich vor und senkte die Stimme, als erwarte er noch immer, dass sich irgendwo unter dem Schrank oder hinter der Tür zum Schlafgemach ein heimlicher Lauscher verberge. »Sie sprach von einem uralten Übel, das sich im Herzen Nondurs erhebt. Es ist ein schattenhaftes Grauen, das von Gongathar ausgeht. Die Kristalldrachen wissen nicht genau, worum es sich dabei handelt. Es schlief dort bereits, als sie vor langer Zeit unsere Welt erreichten und Ghorca’thans Herrschaft beendeten. Doch nun regt es sich und streckt seine finsteren Arme aus. Irgendetwas hat es erweckt, und Kesrondaia und die Ihren fürchten das Schlimmste für alles Leben Endars.«
»Gongathar?«, keuchte Tarean. Die Gefährten tauschten beunruhigte Blicke aus. »Was genau geschieht dort?«
»An den Rändern der Stadt sammelt sich ein riesiges Kazzachheer. Doch es sind nicht einfach Wilde, die auf einen Raubzug aus sind, die sich dort einfinden. Ein Schatten liegt über ihnen, der aus den Türmen von Gongathar aufsteigt. Grauenhafte Geschöpfe verbergen sich darin, Schrecken, die bereits alt waren, als der Herr der Tiefe und seine Dämonen auszogen, um sich eine junge Welt untertan zu machen. Mehr weiß ich auch nicht, nur dass Kesrondaia alle Kristalldrachen nach Gongathar gerufen hat, um mithilfe der Alten Macht die Schatten aufzuhalten. Sie sagte nicht besiegen … Sie sagte nur aufhalten ! Und sie klang so, als wüsste sie nicht, wie lange ihr das gelingen würde.« Der Sette warf einen düsteren Blick in die Runde.
»Ist es möglich, dass unser Kampf gegen Calvas die Bewohner von Gongathar aufgeschreckt hat?«, fragte Auril mit einem unruhigen Flackern in den Augen. »Fenrir hat ziemlich machtvolle Sturmmagie entfesselt.«
»Oder Bromm und ich waren es, als wir in einen der Türme eindrangen«, flüsterte Tarean entsetzt.
»Oder aber mein dunkler Bruder hat sie gerufen«, murmelte Bromm.
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