Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
Der Mönch zuckte mit den Schultern. »Es würde mich jedenfalls nicht wundern, wenn dieser Drache – wenn schon nicht Questoi selbst – den Menschen, denen er begegnet ist, im Gedächtnis bleiben sollte.«
Tarean nickte. »Das ist nicht viel, aber auf jeden Fall besser als nichts. Danke, Bruder Lanfert.«
»Nichts zu danken, mein Junge. Ich wünschte, ich könnte euch mehr sagen.«
»Wie verläuft denn Eure Suche nach den verschollenen Rittern des Kristalldrachenordens?«, wollte Auril wissen.
»Oh, diesbezüglich habe ich eine gute und eine schlechte Nachricht für euch. Die schlechte lautet, dass weder Magister Dinriol noch ich bislang die Pläne des Großmeisters finden konnten, von denen wir uns Einblicke in mögliche Fluchtorte des Ordens erhofften.«
»Hm.« Tarean versuchte, sich seine Enttäuschung nicht allzu sehr anmerken zu lassen. »Wie lautet die gute?«
Auf Bruder Lanferts Zügen breitete sich ein Lächeln aus. »Eine Ritterin ist nach Agialon zurückgekehrt. Ich habe ihr von den Entwicklungen berichtet, und sie brennt darauf, euch zu begegnen.«
Tarean spürte, wie sich sein Herzschlag bei dieser Neuigkeit vor Aufregung beschleunigte. »Eine Ritterin des Ordens? Wer ist sie?«
»Sie bat mich, das im Augenblick noch nicht preiszugeben. Sie möchte euch vielmehr persönlich treffen und erwartet euch in zehn Tagen auf dem Drakenskal.«
»Zehn Tage …« Tarean kniff die Augen zusammen und versuchte, sich ihre Reiseroute zu vergegenwärtigen.
»Das können wir schaffen«, sagte Auril mit einem Nicken nach einem kurzen Moment des Nachrechnens. »Wenn wir uns gleich morgen wieder auf den Weg machen.«
»Wir können uns heute auf den Weg machen«, warf Bromm ein. »Oder hält uns hier noch irgendetwas? Mich nicht.« Er blickte über die Schulter und zur offenen Tür der Hütte hinaus. »Bei mir erzeugt dieser Ort immer noch ein Kribbeln im Pelz, ganz gleich ob At Arthanoc nun noch steht oder vollkommen vom Erdboden verschluckt wurde.«
»Schön, schön«, ließ sich Bruder Lanfert aus der Schale heraus vernehmen. »Dann will ich euch nicht aufhalten, sondern mich mit Dinriol wieder an die Arbeit machen. Vielleicht haben wir schon mehr für euch, wenn ihr den Drakenskal-Pass erreicht habt.«
»Alles klar. Viel Glück.« Tarean hob die Hand zum Gruß.
»Euch auch. Und mögen die Kristalldrachen über euch wachen.« Das Abbild des Mönchs verschwand, und von einem Moment zum anderen war das Wasser in der Schale wieder klar. Auril nahm die Schale und schüttete ihren Inhalt vor der Tür auf die Erde.
Auch die anderen erhoben sich und packten ihre Sachen zusammen. »Also wieder zurück zum Drakenskal«, sagte Tarean und seufzte.
Bromm schüttelte das schwere Bärenhaupt. »Der ganze Weg hierher umsonst – nichts für ungut, Janosthin.«
»He, und was ist mit mir?«, beschwerte sich Iegi.
»Nichts für ungut, Iegi«, fügte der Werbär ohne sich umzudrehen hinzu, während er zur Tür hinaustrottete.
»Ich glaube, Kesrondaia wäre lieber hier als in Gongathar«, bemerkte der Sette.
»Das ist noch die größte Ironie«, rief Bromm über die Schulter. »Wir wollten eigentlich nach Gongathar, sind aber stattdessen hierher geeilt, um die Drachin nicht zu verpassen. Nun sind wir hier und sie dort. Irgendeine höhere Macht kriegt gerade Schluckauf vor Lachen.«
»Er hatte heute noch nichts zum Mittagessen«, raunte Iegi Janosthin zu.
»Ganz richtig!«, dröhnte die Stimme des Werbären von draußen zu ihnen herein. »Also lasst uns endlich in Richtung Astria aufbrechen. Mich gelüstet nach einer kecken Bergziege zwischen den Zähnen.«
Zu sechst machten sie sich wieder auf den Weg: Tarean, Iegi und Auril auf ihren drei Greifen vorneweg, Haffta, Bromm und Janosthin zu Fuß hinterdrein. Moosbeere war noch nicht aus ihrem Tagschlaf erwacht, doch Tarean nahm an, dass sich auch das Irrlicht bald ihrer bunten Reisegesellschaft anschließen würde.
Sie folgten dem Pfad entlang der Bergflanke, den sie vor weniger als einem Tag erst hinaufgestiegen waren, wieder zurück in Richtung Undur. Trotz der sommerlichen Jahreszeit wehte vom nahen Firnland her ein kühler Wind um ihre Nasen, und Tarean war froh um seinen neuen Kapuzenmantel. Er lauschte Iegi und Auril, die sich über die Lage in Agialon und Airianis unterhielten, während Bromm und Haffta hinter ihnen Janosthin über die Ereignisse der letzten zwei Monde in Kenntnis setzten.
Als es Abend wurde, schlugen sie unweit des Pfades ihr Nachtlager auf.
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