Tarean 03 - Ritter des ersten Lichts
Hochkönig Jeorhel und Ritter Wilfert vor At Arthanoc gegen den Hexenmeister Calvas. Er wirkte nicht, als sei er dem Tode nahe.«
»Manchmal ereilt einen der Tod schnell und unerwartet«, versetzte die Wache. »Und jetzt geht, Albenfrau. Ihr seid hier nicht erwünscht.«
»Nein, ich werde ganz sicher nicht gehen«, sagte Zaeena bestimmt. »Unser Anliegen ist von höchster Wichtigkeit. Wenn Condreth nicht mehr lebt, lasst uns mit seinem Nachfolger Mardric sprechen.«
»Er ist nicht hier.«
»Wo können wir ihn finden?«
»Er hat keine Zeit für Euch.«
Zaeenas Augenbrauen zogen sich missbilligend zusammen. »Vielleicht solltet Ihr ihm diese Entscheidung selbst überlassen!«
Der Hüne grunzte nur und hob den Kopf, um über sie hinwegzublicken. Offenbar hatte er beschlossen, dass diese Unterredung beendet sei.
»Hört mir zu, Krieger. Ich bin eine Ritterin des Kristalldrachenordens, ich habe an der Seite von Heymdrahl von Rûn gegen die Grawls gekämpft. Behandelt mich nicht wie irgendeine dahergelaufene Söldnerin.« Die Stimme von Aurils Mutter klang beherrscht, doch es lag ein drohender Unterton darin, der Auril Schlimmes schwanen ließ. Zaeena stand kurz davor, ihre eigenen mahnenden Worte zu missachten und sich mitten in Wînhall auf offener Straße mit einem Rûnländer anzulegen.
Die Wache richtete erneut den Blick auf sie. Eine Mischung aus Unglauben und etwas anderem lag darin, das Auril nicht direkt deuten konnte – Schrecken? Zorn? »Eine Kristalldrachenritterin? Nun gut. Wie Ihr wollt.« Er wies mit einer Hand auf ein Haus auf der anderen Seite des Marktplatzes. »Clanjard Mardric befindet sich in der Halle von Clan Borkesonn. Er feiert dort ein neues Bündnis. Wenn Ihr glaubt, seine Gunst erlangen zu können, indem Ihr ihn dabei stört, dann geht nur.«
Zaeena neigte dankend den Kopf.
»Ich dachte, du wolltest nicht gleich enthüllen, dass du eine Ordensritterin bist«, raunte Auril ihrer Mutter zu, als die beiden Albinnen zu ihren Reittieren zurückschritten, die sie in respektvollem Abstand zum Clansrund abgestellt hatten.
»Ich habe es mir anders überlegt«, erwiderte diese kurz angebunden.
Ein säuerliches Lächeln erschien auf Aurils Lippen. Sie konnte sich vorstellen, dass Zaeena schlechte Laune hatte. »Das ist nicht ganz der Empfang, den du erwartet hast, nicht wahr?«
»Nein«, gestand diese, schenkte Auril einen raschen Blick und schüttelte dann seufzend den Kopf. »Ich hoffe, Condreth hat Mardric besser gelehrt, wie man mit Verbündeten umgeht, als dieser seine Gefolgsleute.«
Auril hob zweifelnd eine Augenbraue. »Darauf würde ich lieber nicht bauen«, murmelte sie zu sich selbst.
Die beiden Albinnen erreichten Grinjah und Aurils Pferd, schwangen sich auf die Rücken ihrer Tiere und ritten gemächlich über den Marktplatz von Wînhall.
Sie hatten die Hauptstadt von Rûn in den frühen Abendstunden erreicht. Die Stadt lag in einem weiten Talkessel unweit eines Sees und bestand aus einem großen Marktplatz, um den herum einige Hundert steinerner Langhäuser errichtet worden waren. Die einfacheren Häuser hatten buckelförmige Schindeldächer, die ihnen das Aussehen gepanzerter Urzeittiere verliehen. Die schöneren hingegen wiesen kunstfertig gedeckte Reetdächer auf, die an der Stirnseite durch farbige Wappen geziert wurden, die vermutlich von der Clanzugehörigkeit der jeweiligen Bewohner kündeten. Mehrere breite Straßen führten sternförmig auf den Marktplatz zu. Man konnte sich aber auch zwischen den einzelnen Häusern frei bewegen, denn im Gegensatz zu Städten wie Agialon, Anfurt oder Steilklipp drängten sich die Behausungen hier nicht dicht an dicht, sondern jedes einzelne Gebäude stand frei, wenn auch nicht selten von hölzernen Schuppen, Stallungen und Kleintierpferchen umgeben. Das hatte zur Folge, dass Wînhall deutlich größer wirkte, als es tatsächlich war, einfach weil es durch seine großzügige Bauweise beinahe das gesamte Tal ausfüllte.
Herausragende Bauwerke, wie etwa die Akademie des Wissens in Agialon oder die Himmelszitadelle in Airianis, gab es keine. Selbst die Häuser der Großclans und die Halle des Clansrunds zeichneten sich nicht durch ihre besondere Größe aus. Es waren vielmehr ihre Lage in der Mitte der Stadt sowie die kunstvoll verzierten Fassaden, die auf ihre Bedeutung hinwiesen.
Um den Rûnländern keinen Anlass zu geben, ihnen zu misstrauen, hatte Zaeena Haffta ersucht, vor der Stadt zu warten. Bromm hatte sich auf Aurils Bitte hin
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