Tareks Versprechen
wenn Tareks Einwand der Wahrheit entsprach, gab es doch noch etwas, was seine Argumente entkräftete.
„Töchter, Tarek, ich habe zahlreiche Töchter. Und wie du sehr wohl weißt, nur drei Söhne. Außerdem werde ich langsam zu alt dafür, um für weiteren Nachwuchs zu sorgen. Ganz zu schweigen davon, dass ich es nicht erleben würde, wie dieser erwachsen wird.“
Das war eine glatte Lüge. Auch wenn Scheich Amirs Haar schon vor Jahren ergraut und sein Gesicht von tiefen Falten gezeichnet war. Sein Körper war jedenfalls nicht der eines alten Mannes. Denn seine muskulöse, drahtige Gestalt sprach eine ganz andere Sprache. Dass er nicht fähig sein sollte, für eigene Kinder zu sorgen, war so unwahrscheinlich, wie der Aufgang der Sonne im Westen. Aber darüber zu diskutieren verbot der Respekt vor der Stellung, die Tareks Vater innehatte.
Zum Glück blieben Tarek noch andere Gründe, die ihn aus dieser Verantwortung entlassen konnten. Und er hatte die Absicht, auch diese Gründe ins Feld zu führen, wenn auch nur die kleinste Möglichkeit bestand, dadurch zu gewinnen.
„Ismail hat vor nicht einmal zwei Monaten seine zweite Frau genommen. Warum gibst du ihm nicht die Chance zu sehen, was daraus wird? Sicher dauert es nicht lange, bis sich Nachwuchs ankündigt.“
Scheich Amir schüttelte den Kopf. „Ich habe diese Ausrede von dir schon einmal gehört, Tarek. Als Ismail sich seine erste Frau nahm, war ich bereit abzuwarten. Aber mittlerweile hat dein Bruder drei Töchter und ich nicht mehr die Zeit, weitere Jahre zu vergeuden. Was, wenn Allah auch diese Verbindung nur mit Töchtern segnet? Soll ich dann darauf hoffen, dass eine dritte Frau für Ismail einen männlichen Nachkommen zur Welt bringt?
Wenn unser Clan keine männlichen Erben hervorbringt, geht er bald unter. Das heißt für dich, du wirst deine Pflicht erfüllen und dir eine Frau nehmen!“
Die Worte, die sein Schicksal besiegeln sollten, noch einmal zu hören, machte für Tarek die Sache kein Stück besser. Er hatte vor langer Zeit beschlossen, sich niemals eine Ehefrau zu nehmen, geschweige denn vier davon. Und wenn er schon dabei war, auch eine Konkubine stand nicht zur Debatte. Für die Befriedigung seiner männlichen Bedürfnisse gab es schließlich genügend andere Möglichkeiten. Und ein Freudenmädchen war leicht zu finden und hatte einen unbestreitbaren Vorteil. Diese Frauen wussten, was von ihnen erwartet wurde und machten sich keine falschen Hoffnungen darüber, was die Aufmerksamkeit, die man ihnen schenkte, zu bedeuten hatte.
Ein Harem dagegen war eine komplizierte und zudem erniedrigende Einrichtung. Für die Frauen, die ihm angehörten und auch für den Mann, der einen solchen Harem unterhielt. Tarek hatte es in seiner frühen Kindheit miterlebt, bevor er alt genug war, um in der Obhut seines Vaters erzogen zu werden. Er konnte sich noch gut an die Atmosphäre erinnern, die zwischen den Frauen herrschte. Neid und Missgunst waren die vorherrschenden Eindrücke, die ihm aus dieser Zeit in Erinnerung geblieben waren.
Denn die Macht, die die jeweilige Favoritin seines Vaters gegen die anderen Frauen ausspielte, verwandelte den Harem in einen Ort, der einer seelischen Folterkammer glich. Und Tarek wollte unter keinem Umstand dafür verantwortlich sein, dass Frauen und vor allem Kinder, in so einer Umgebung leben mussten.
Er wusste, dass jede Tat, jedes böse Wort, in so einem Fall von ihm verursacht wurde. Auch wenn das nicht in seiner Absicht liegen würde, konnte doch jedes kleine bisschen Freundlichkeit mehr, jeder Anflug von Zuneigung, böses Blut schüren. Nein, einer solchen Situation würde er weder sich noch irgendeine Frau aussetzen. Nein, niemals!
Vielleicht konnte sein Vater ihn dazu zwingen zu heiraten, aber er konnte ihn definitiv nicht dazu zwingen, einen Harem einzurichten. Darum sah Tarek nur einen Ausweg, den Befehl des Scheichs halbwegs unbeschadet zu überstehen. Er musste sich auf einen Kompromiss einlassen. Ein Abkommen, das in seinen Augen nur für ihn alle negativen Aspekte bereithielt. Aber damit sollte das Thema dann für alle Zeiten vom Tisch sein und ihn vor weiteren Interventionen seines Vaters bewahren.
„Ich bin einverstanden, aber nur unter einer Bedingung“, zwang sich Tarek zu sagen. Und seine dunklen Augen verhießen einen Wüstensturm, sollte dieser Vorschlag nicht angenommen werden. „Vermähle mich dieses eine Mal mit wem du willst. Aber sollten aus dieser Verbindung keine Kinder, oder nur
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