Tareks Versprechen
Diss Bemerkung. „Oder Scheich Hassans Töchter besitzen einen ganz besonderen Reiz.“
Diss kommentierte Tareks Worte lieber nicht. Er hatte für die Pferde, die als Brautpreis ausgewählt worden waren, eine ganz andere Erklärung.
„Ich nehme an, damit will Vater den Gedächtnisverlust des Brautvaters bezahlen. Schließlich ist ein guter Ruf in den Freudenhäusern nicht gerade das, was ein Mann sich wünscht, wenn er seine Tochter verheiraten will.“
Dieser Einwand klang in Tareks Ohren ausgesprochen positiv. Er hatte ganz offensichtlich mehr an sich, was ihn als schlechte Wahl auswies, als ihm bisher klar war. Damit müsste er doch etwas erreichen können, falls sich die Gelegenheit ergab, diese Tatsache zu erwähnen.
Wie gut, dass ihm noch einige Tage blieben, in denen er sich darüber Gedanken machen konnte. Wenn er klug vorging, konnte er den Scheich vielleicht zu seinen Gunsten manipulieren. Vor allem wenn Diss bei ihm war. Gegen seinen Bruder sah er mit nur wenig Aufwand aus, wie der gemeinste Hurensohn!
„Ich muss sagen, Diss, es war vielleicht doch keine so schlechte Idee, dass du mich begleitest“, überlegte Tarek und schlug Diss kräftig auf die Schulter.
„Ach ja?“, wunderte sich der misstrauisch. „Woher der Sinneswandel? Noch vor einer Stunde wolltest du, dass Vater mir befiehlt hierzubleiben.“
Tarek sah Diss nicht an, während er sein Kamel bestieg und antwortete. „Hab es mir anders überlegt“, versuchte er es auf die unschuldige Tour. „Wenn man schon gezwungen ist, so eine wichtige Entscheidung zu treffen, sollte man wenigstens einen Verwandten an seiner Seite haben.“
„Das sind ja ganz neue Töne“, ließ sich der junge Bursche nicht so einfach an der Nase herumführen. Doch was er zu dieser Sache noch zu sagen hatte, fasste er erst in Worte, als auch er auf seinem Reittier saß und sich die beiden Brüder mit ihren Begleitern und den Pferden auf den Weg machten.
„Was führst du im Schilde, Tarek?“
Diese Frage war leicht zu beantworten, ohne eine Lüge zu erzählen. Auch wenn es nicht wirklich der Wahrheit entsprach, was er sagte.
„Ich werde mir eine Braut aussuchen, so wie Vater es verlangt.“
Nur diese Braut würde nie zustimmen, mit ihm vermählt zu werden. Allerdings wollte er das seinem Bruder nicht auf die Nase binden. Die Vermählung, die er seinem Vater versprochen hatte, würde nie stattfinden! Dafür würde er schon sorgen.
Keine Ehefrau, keine Konkubine, kein Harem!
Tarek würde aus seinem Leben kein solch unwürdiges Schauspiel machen. Niemals!
Falls Diss die Worte seines Bruders nicht glaubte, ließ er es sich nicht anmerken. Er versuchte lieber die Zeit zu nutzen, die er auf dem Weg durch die Wüste reichlich zur Verfügung hatte, um ein paar Informationen an sich zu bringen.
Denn in der Audienzhalle waren weder sein Vater noch sein Bruder besonders gesprächig. Aber Diss wollte so viel wie nur möglich über diese Angelegenheit wissen, ehe sie am Ziel ankamen. Und um zu sehen, wie viel Zeit ihm blieb, in der er hinter Tareks Vorhaben kommen konnte, musste er erst einmal wissen, wohin die Reise ging.
„Dass du dir eine Braut auswählen wirst, ist ja inzwischen klar. Aber wo willst du dich auf die Suche machen, oder besser gesagt, welchen Clan hat Vater dir vorgeschlagen?“
„Vorgeschlagen?“ Tarek zog eine Augenbraue nach oben und sah seinen Bruder, der neben ihm ritt, streng an. „Ich denke, das ist das falsche Wort. Vater macht keine Vorschläge, er gibt Befehle!“
Das war reine Wortklauberei. Aber wenn sein Bruder es so sehen wollte, dann würde er sich seiner Ausdrucksweise anpassen.
„Okay, dann stelle ich die Frage eben anders. Welchen Stamm hat der Scheich ausgesucht, mit dem du dich verbinden sollst?“
„El Zandara, Scheich Hassans Clan. Ich soll mir eine Braut aus seinen Töchtern erwählen.“
Diss pfiff durch die Zähne. Diese Ankündigung fand er äußerst beeindruckend. Die El Zandara waren der undisziplinierteste, aufbrausendste Haufen von Menschen, die in der Wüste zu finden waren. Eine Verbindung mit diesem Clan strebte nur jemand an, um sich vor ihnen zu schützen. Und das war etwas, was ihr eigener Stamm nicht nötig hatte. Zumindest war Diss bisher dieser Ansicht.
„Warum die El Zandara? Hat Vater Schwierigkeiten mit diesem Clan? Will er sich auf diese Weise vielleicht vor Überfällen schützen?“, war Diss doch leicht beunruhigt. Hatte er seit langer Zeit einmal eine so wichtige Information nicht
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