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Tareks Versprechen

Tareks Versprechen

Titel: Tareks Versprechen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Natascha Artmann
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verantwortlich gefühlt. Er stand ihm näher, als Ismail, der nur drei Jahre älter war, als er selbst. Denn Diss war seinem Herzen näher, weil er sich um ihn gekümmert hatte, als er in die Obhut seines Vaters gegeben wurde. Mit seinen zahlreichen Schwestern hatte Tarek nicht das Geringste zu tun, aber Diss...
    Diss hatte immer ein wenig zu ihm aufgesehen, obwohl er die Bewunderung nicht gewollt hatte. Er mochte ihn seiner selbst willen und nicht, weil er ein Verwandter war. Diss war erst siebzehn und sollte sich eigentlich keine Gedanken darüber machen müssen, dass sein Leben von anderen verplant wurde.
    Der Bursche hatte einen Traum und dieser Traum hing scheinbar davon ab, was er, Tarek, aus diesem Heiratsbefehl machte. Beim Barte des Propheten, das war eine Bürde, mit der er im Moment nicht wusste umzugehen.
    „Dann willst du wohl sichergehen, dass ich mich nicht auf dem Weg zu Scheich Hassan aus dem Staub mache“, versuchte Tarek das Gespräch wieder auf eine etwas lockerere Ebene zu bringen.
    „Nicht nur“, gab Diss schmunzelnd zu. Und da das für Tarek ein Tag der unerwarteten Geständnisse war, präsentierte ihm sein Bruder noch ein weiteres seiner Geheimnisse.
    „Ich wollte mir vor allem meine Braut ansehen!“
    Tarek war sprachlos. Er sah sich den bartlosen Jüngling an, der trotz Säbel am Gürtel und in der Kleidung der Wüstenmänner, noch viel zu jung aussah, um sich über eine Braut Gedanken zu machen. Nur seine Augen, die aus seinem verhüllten Gesicht wachsam in die Gegend schauten, wirkten ernst und viel zu erwachsen für den Jungen, der er eigentlich noch sein sollte.
    Da Tarek nicht wusste, wie er die Worte seines Bruders kommentieren sollte, schwieg er erst einmal. Dafür sah sich Diss genötigt, seine Aussage zu erklären.
    „Meine Mutter sieht die guten Dinge, die mir in meinem Leben begegnen. Und ich sehe diese Dinge auch manches Mal. Mutter ist sich sicher, dass ich einmal aus Liebe heiraten werde. Und ich bin mir sicher, dass ich diese Liebe finden werde, wenn ich mit dir auf diese Reise gehe.“
    Diss Gefühle konnte Tarek schwerlich abtun. Der Junge hatte schon oft bewiesen, dass er Ereignisse in der Zukunft erkennen konnte. Manches Mal ganz klar, ein anderes Mal nur Bruchstücke davon. Und Diss Mutter sah manches Mal wirklich Bruchteile der Zukunft.
    Dann ist das weniger meine, als deine Brautschau“, akzeptierte Tarek Diss Worte. „Nun, ich muss sagen, das erleichtert mich doch irgendwie.“
    Diss lachte und zerstörte damit die ernste Atmosphäre, die das Gespräch genommen hatte.
    „Tut mir leid, Bruder. Aber ich habe nur gesagt, dass ich mir meine Braut ansehe. Von einer Heirat war nicht die Rede.“
    Tarek gab nicht so schnell auf. „Dann pass bloß auf, dass du keinen Fehler begehst, Diss. Eine Braut kann ganz schnell jemand anderem zugesprochen werden, wenn man die Sache nicht gleich festmacht.“
    Diss ließ sich davon nicht beirren. „Wenn ich irgendwelche Schwierigkeiten in der Zukunft sehen würde, dann hätte ich sie kaum als meine Braut bezeichnet.“
    „Also dafür, dass das eine Reise sein soll, die mich mit einer Frau beglückt, sprechen wir erstaunlich viel von deiner Zukunft als Ehemann“, stichelte Tarek.
    „Sag das doch gleich. Ich dachte, du willst nicht wissen, was für ein Mädchen dir zugedacht ist“, war Diss gerne bereit, das Thema in eine andere Richtung zu lenken.
    „Was heißt denn hier zugedacht? Du kannst dir sicher sein, dass ich meine Entscheidung ganz alleine treffen werde!“
    Diss schüttelte den Kopf. „Du musst dein Schicksal schon annehmen, Tarek. Die Frau, die zu dir gehören wird, wird genau das sein, was du verdient hast und was dir zusteht!“
    Keine vielversprechende Aussicht. Was hatte er schon verdient? Oder was könnte ihm zustehen? Nichts! Er wollte sich seiner Verantwortung entziehen, nicht das Verhalten, das auf irgendeine Weise belohnt werden würde!
    Für den Rest des Tags wollte Tarek dieses Thema lieber ruhen lassen. Sich Stunde um Stunde mit einer potentiellen Braut zu befassen, die man nicht einmal haben wollte, würde die Reise unnötig niederdrückend gestalten. Was einerseits sogar wünschenswert war, damit er in seinem gereizten Zustand verblieb und nicht den besten Eindruck machte.
    Tareks jüngerer Bruder kam ganz offensichtlich nicht auf die Idee, das Thema für längere Zeit zur Seite zu schieben. Schon am Abend, als sie am Lagerfeuer unter dem sternenklaren Himmel saßen, kam er erneut darauf

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