Tareks Versprechen
zurück.
„Was denkst du, wie lange es dauern wird, bis du dir unter Scheich Hassans Töchtern die Schönste ausgesucht hast?“
Tarek hatte keineswegs die Absicht, sich eine Wüstenschönheit auszusuchen. Wozu auch, wenn er sie links liegen lassen wollte. Aber das konnte er Diss natürlich nicht verraten. Darum stellte er lieber eine Gegenfrage.
„Hast du nicht gesagt, dass ich die Frau bekommen werde, die ich verdiene? Also wird meine Entscheidung bei dieser Sache wohl nicht ausschlaggebend sein.“
Ausgezeichnet, diese kleine Hürde hatte er gekonnt gemeistert. Mal sehen, was sein Bruder darauf zu sagen hatte.
„Wenn du wirklich abwarten willst, was dir zufliegt, dann kann die Sache aber ein wenig dauern.“ Diss sah seinen Bruder kritisch von der Seite an und wies ihn dann noch auf eine Kleinigkeit hin. „Ich hoffe allerdings, du willst nicht so auftreten, wie du jetzt gerade aussiehst.“
„Was stimmt denn mit meinem Auftreten nicht?“, tat Tarek so, als ob er nicht wusste wovon Diss sprach.
„Du siehst aus, wie ein ganz gewöhnlicher Räuber. Für die Reise ist es ja nicht unbedingt erforderlich, sich gut zu kleiden, aber das solltest du vor unserer Ankunft auf jeden Fall noch ändern.“
„Ich weiß nicht was du damit sagen willst.“
„Ach komm schon Tarek! Alleine dein Vollbart, den du schon seit Wochen wuchern lässt, ist ja schon abschreckend. Aber wenn du dich noch rasierst, etwas hellere Gewänder trägst, als diese schwarzen Sachen, dann kann dich eine Frau vielleicht ansehen, ohne vor Schreck in Ohnmacht zu fallen.“
Diss Worte waren nicht gerade schmeichelhaft. Dafür beschrieben sie aber genau das Bild, das Tarek auch erreichen wollte. Ein finster blickender Wüstensohn, vom Aussehen, wie auch von seiner inneren Einstellung. Das war es, was Tarek vermitteln wollte. Er sollte als potenzieller Mann für eine der Wüstentöchter nicht einmal in Betracht gezogen werden.
„Ist es nicht besser, wenn man gleich seine dunkelste Seite zeigt?“, gab sich Tarek ganz harmlos.
Diss überlegte kurz und lachte dann trocken. „Wenn dich in deinem jetzigem Zustand eine nimmt, wirst du nichts mehr tun können, um dieses Mädchen wieder loszuwerden.“
Das verhüte Allah!
„Ich finde deinen Ansatz durchaus eine Überlegung wert, Tarek. Sich so ein Mädchen zu sichern, hat auf jeden Fall einen Vorteil. Jede freundliche Geste deinerseits wird ihr wie ein Geschenk des Himmels vorkommen.“
Wie zum Teufel schaffte es Diss nur immer, all seine abschreckenden Maßnahmen mit etwas Positiven zu versehen? Nein, er würde sich nicht davon abbringen lassen, möglichst abschreckend zu wirken! Er würde seinen Bart so lassen, wie er war und auch seine dunkle Kleidung würde er beibehalten. Und nach mehreren Nächten in der Wüste hoffte er, nicht eben reinlich auf seine Umwelt zu wirken. Je heruntergekommener und verwegener, umso besser! Sicher wollte kein Vater seine Tochter einem Mann geben, der wie ein Barbar aussah und auch so auftrat!
Ein fataler Irrtum, dem Tarek da erlegen war. Sein Plan hätte bessere Chancen auf Erfolg gehabt, wenn er so gewirkt hätte, wie er eigentlich war; gepflegt, zivilisiert und höflich. Aber nach fünf Tagen in der Wüste hatte er geglaubt, seinen Plan perfekt ausgetüftelt zu haben.
Er erschien abschreckender als ein Bandit, finsterer als der Teufel und schmutziger als ein Bettler; und für Scheich Hassan war er der perfekte Schwiegersohn!
* * *
Das Lager in der Oase wirkte wie ein eigenständiges Dorf. Und es wirkte nicht nur so, es war auch eines. Der Sitz der El Zandara, Scheich Hassans Stamm. Es gab keinen Palast, keine fest gebauten Häuser, nur Zelte in den verschiedensten Farben und Formen.
Nicht die Art Zelte, die die Nomaden auf ihren Wanderungen benutzten. Sondern Zelte, die geräumig genug waren, um mehr als nur einen Raum zu beherbergen und für mehr, als nur einen Bereich des Lebens genutzt zu werden. Die Zelte waren, genau wie in Tareks heimatlichen Palast, in verschiedene Bereiche aufgeteilt.
Ein Bereich, der nur von den Frauen des Scheichs und seinen Töchtern benutzt wurde, lag ein wenig abseits und war von kleineren Zelten der Dienerinnen umgeben. Allerdings lag dieser Bereich nahe genug an den Unterkünften des Scheichs, sodass dieser ungehinderten Zugang hatte.
Alleine die Zelte des Scheichs und seines Harems nahmen schon mehr als die Hälfte des Zeltdorfes ein. Allerdings hatte man von außen keinen wirklichen Überblick über die Ausmaße,
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