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Target 5

Target 5

Titel: Target 5 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Forbes
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kamen, konnten sie am Fuße des steilwandigen Fjords große Eisberge sehen, die am tiefverschneiten Ufer gestrandet waren. Tillotsons Sikorsky war schon gelandet und stand auf einer Kuppe gleich neben dem Gletscher. Tillotson selbst war zum drittenmal verschwunden.
    »Ich habe das Gefühl, wir jagen einem Phantom nach«, knirschte Beaumont wütend, während er über dem abgestellten Hubschrauber kreiste. »Vielleicht sitzt er noch in der Maschine und wartet, bis wir landen, damit er auf uns schießen kann, bevor wir eine Chance haben, rauszukommen«, vermutete Grayson.
    »Vielleicht…« Beaumont kreiste weiter in einer Höhe von etwa siebzig Metern. Ihm wurde fast schwindelig, als er den Steilhang des Gletschers absuchte. Dann kippte er die Maschine leicht. »Dort unten ist er! Siehst du weiter unten am Gletscher die kleinere Kuppe? Er bewegt sich gerade.«
    »Kannst du auf der Kuppe landen?«
    »Zu klein – wir könnten abrutschen. Wir gehen neben Tillotsons Maschine runter, dann kann er uns nicht entkommen. Du bleibst da, falls er mir entwischt – und versuchst weiter, Thule zu erreichen.«
    Bereits fünfmal hatte Grayson versucht, Funkverbindung aufzunehmen, jedesmal ohne Erfolg. »Wenn man sie wirklich dringend braucht, funktionieren diese verdammten Dinger nie«, fluchte Beaumont. Er hielt den Hubschrauber nun auf der Stelle, senkte ihn dann langsam und landete fünfzig Meter von der anderen Maschine entfernt auf dem Hügel. Sie sah aus wie endgültig abgestellt, als hätte Tillotson gar nicht die Absicht, zu ihr zurückzukehren. Er stellte den Motor ab. »In einer Stunde müßte ich zurück sein, Sam«, sagte er beiläufig, während er sich in seinen Parka zwängte. Grayson nickte, wohl wissend, daß der Engländer, falls Tillotson ein Gewehr hatte, in weit weniger als einer Stunde bereits tot sein konnte. Aber während ihrer langen gefährlichen Fahrt nach Spitzbergen hatten die drei Männer – Beaumont, Grayson und Horst Langer – gelernt, kein überflüssiges Wort zu verlieren. Man kümmerte sich eben nur um seine Aufgabe. Und Beaumonts Aufgabe war jetzt, Tillotson gefangenzunehmen oder unschädlich zu machen.
    Im Innern der Kanzel war es sehr warm. Beaumont nahm den Karabiner. Als er die Tür öffnete, mußte er sich zusammenreißen. Die Temperatur fiel augenblicklich von plus fünf auf minus vierzig Grad. »Dann wollen wir mal«, munterte er sich selbst auf. Er sprang aus der Maschine, der stahlharte Boden traf seine Füße wie ein Hammerschlag. Die starre Kälte erstickte ihn fast. Er zog den Parka bis unters Kinn zu und stülpte die Kapuze über. Hinter ihm knallte Grayson, ohne so etwas wie ein Wort des Lebewohls, schnell die Tür zu. Wie vorhin: kein vergeudetes Wort. Die Drehflügel über ihm hatten aufgehört zu kreisen, und ein unfaßbares Schweigen senkte sich auf ihn herab, das Schweigen der arktischen Nacht.
    Während er an Tillotsons Sikorsky vorbei zum Hang des Hügels stapfte, versuchte er, flach zu atmen. Dann blieb er stehen und schaute über die ungeheure Weite des Gletscherhangs. Der zweite Hügel weiter unten am Gletscher war im Mondlicht klar zu erkennen: ein kleiner Buckel aus lauter Felsbrocken, überragt von einem groben Holzkreuz. Tillotson stand über irgendeinen Gegenstand gebeugt, den er unter dem Eskimograb versteckt gehalten haben mußte, einem auf Grönland geheiligten Ort, der laut Erlaß der dänischen Regierung unter keinen Umständen mißbraucht werden durfte. Beaumont konnte jetzt den Gegenstand erkennen: ein kastenähnliches Ding, aus dem eine Stange herausragte. Seine Gesichtszüge spannten sich. Tillotson hatte also ein Funkgerät.
    Der Felsenrand des Gletschers war zu steil, um über ihn hinunterzukommen. So war er gezwungen, über den Gletscher selbst zu gehen. Vorsichtig ging er über das Eis – das Gewehr im Anschlag. Das Licht war zu diffus, um aus dieser Entfernung zu schießen. Der Untergrund kam ihm bedrohlich und heimtückisch vor. Es war fast, als kletterte er eine schräge Eisbahn hinunter, eine von Rinnen und Furchen gerippte Eisbahn. Seine gummibesohlten Schuhe waren nicht gerade das ideale Schuhwerk, und er fürchtete, daß er, wenn er einmal ins Rutschen käme, keinen Halt mehr finden und über den Rand des Eisfalls hinabschießen würde. Verbissen setzte er seinen Weg fort, so schnell, wie er überhaupt nur wagen konnte, da Tillotson möglicherweise schon dabei war, seine Nachrichten zu übermitteln. Der Sowjetagent war jetzt vollkommen außer

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