Target 5
Stahlblätter des unteren Rotors. Sie enthaupteten ihn.
Beaumont hockte noch immer auf derselben Stelle und hielt sich am Fensterrahmen fest; er war starr vor Entsetzen. Der Magen drehte sich ihm um. Die Leiche lag unter ihm auf dem Eis – dunkle Flecken auf dem Eis um den zusammengekauerten Haufen. Der Kopf war von den peitschenden Rotoren Gott weiß wohin geschleudert worden. Es war unfaßbar – ein Hubschrauberpilot von seinen eigenen Rotorblättern enthauptet. Aber die meisten Unfälle ereignen sich zu Hause, und für den Piloten war die Maschine ein Zuhause gewesen. Zitternd – nicht nur von der vibrierenden Maschine – stieg Beaumont in die Kanzel und schloß die Tür vor dem, was da unten lag. Dann ließ er sich langsam in den Pilotensitz nieder und konzentrierte sich auf die Kontrollen.
Sie waren den Kontrollhebeln der Sikorsky nicht unähnlich. Vor einem Jahr hatte Beaumont die sowjetische Basis Nordpol 15 besucht, die jetzt den Pol irgendwo vor der sibirischen Küste umkreiste. Ein mit Wodka vollgepumpter Pilot hatte ihm seinen U-Boot-Jäger gezeigt, bevor der Sicherheitsbeamte hinzugekommen war und die beiden aus der Maschine gezerrt hatte. Beaumont hatte einen Bericht über die Maschine nach Washington und London geschickt, und nun versuchte er verzweifelt, sich an Details zu erinnern.
Der Höhenmesser hatte natürlich Angaben in Metern. Die meisten Meßuhren und Hebel verstand er, nur mit einer Meßuhr und zwei Schaltern wußte er nichts anzufangen. Vorsichtig berührte er den Hebel, nach dem der Pilot gegriffen hatte. Nichts geschah. Er drückte etwas stärker, und die Maschine hob sich vom Eis ab. Er zog den Hebel wieder zurück und fühlte den Ruck, als die Kufen wieder aufsetzten. Der Ersatzhelm, den er von einem Haken genommen und über seinen Kopf gestülpt hatte, sobald er sich gesetzt hatte, saß zu locker. Er schnallte ihn etwas fester und zog die Ohrenklappen strammer, um den höllischen Lärm zu dämpfen. Das Armaturenbrett vibrierte stark. Aber Beaumont vermutete, daß er teilweise seine eigene Erschöpfung spürte. Er hantierte mit einigen anderen Kontrollschaltern und prägte sich das System in aller Ruhe ein, obwohl er wußte, daß die Russen auf dem Eis di§ Schlitten jeden Moment erreichen konnten. Trotzdem mußte er den Mechanismus der Maschine kapieren. Er gab Gas; die zwei Düsen heulten auf. Er atmete tief ein und betätigte den Aufstieghebel.
Dienstag, 22. Februar:
dreiundzwanzig Uhr dreißig bis Mitternacht
Die Maschine stieg schneller auf, als er erwartet hatte, und schoß mit einem trommelnden Lärm höher. Als der Höhenmesser dreißig Meter anzeigte, ließ er die Maschine erst schweben, flog dann vorwärts. Er änderte die Richtung und flog einen Kreis. Hinter einer klaren Stelle in der Plexiglaskuppel erschien die Elroy wie ein liegengebliebenes Spielzeug und verschwand wieder. Der kleine Hebel, über den er sich den Kopf zerbrochen hatte, brachte den Hubschrauber in die Schräglage. Er reagierte jetzt zögernd auf seine Hand. Beaumont hatte das Gefühl, daß sich hinter den Armaturen eine geballte Kraft versteckte. Kräfte, die nur darauf warteten, losgelassen zu werden. Beim Flug vibrierte die Kanzel stärker als bei der Sikorsky, sie zitterte wie eine alte Waschmaschine.
Im Mondlicht sahen die Eiswälle von hier oben unheimlich aus. Sie waren abgeflacht wie Rippen aus Eis und erinnerten an prähistorische Kreaturen, deren Jahrtausende alte Knochen geblichen waren. Er sah zwei Männer in einem Eiskorridor, achtete aber nicht auf sie, sondern suchte den Treffpunkt, ein seltsam geformtes Gelände, das sie überquert hatten, kurz bevor sie die russische Maschine hatten kommen hören. Er hatte die Männer dorthin zurückgeschickt, um auf ihn zu warten, weil es die einzige Stelle innerhalb der Eisrückenzone war, wo ein Hubschrauber landen konnte – ein kleines Amphitheater aus Eis, ein von Eisrücken umgebener Kessel. Er flog über mehrere Russen hinweg, die anhielten und nach oben schauten, flog noch weiter, bis er merkte, daß er über das Amphitheater hinausgeschossen war. Er drehte zurück.
Beaumont war jetzt ernstlich besorgt. Wenn er das Amphitheater nicht vor den Russen fand, würden sie vor ihm die Schlitten erreichen, wenn sie nicht schon da waren. Er sah, wie sich die pelzbekleideten Gestalten in den Schluchten bewegten. Einige rannten, aber alle hielten an, um nach ihm zu blicken. Sie fragten sich wohl, warum zum Teufel ihre Maschine vom Eis
Weitere Kostenlose Bücher