Tarzan 02 - Tarzans Rückkehr
auf Tarzans Schulter zu legen. Ein Augenblick später lag er zusammengekrümmt in einer Ecke des Raumes, und als sich seine Kameraden auf den Affenmenschen stürzten, erlebten sie eine Probe dessen, was die Ganoven erst kürzlich zu spüren bekommen hatten. Er verfuhr mit ihnen so schnell und gründlich, daß sie nicht einmal die Möglichkeit fanden, ihre Revolver zu ziehen.
Während des kurzen Handgemenges hatte Tarzan das offene Fenster und davor einen Baumstamm oder Telegrafenmast entdeckt – genau konnte er das nicht sagen. Als der letzte Beamte am Boden lag, war es einem seiner Kameraden gelungen, den Revolver zu ziehen und im Liegen einen Schuß auf Tarzan abzufeuern. Dieser ging fehl, und bevor der Mann erneut zielen konnte, hatte Tarzan die Lampe vom Kaminsims gestoßen und den Raum in völlige Dunkelheit versetzt.
Als nächstes sahen sie, wie eine wendige Gestalt zum Sims des offenen Fensters schnellte und panthergleich den Mast am Rande des Fußweges ansprang. Als sich der Polizeitrupp wieder aufgerafft hatte und unten auf der Straße ankam, war ihr Gefangener nirgendwo mehr zu sehen.
Auf dem Weg zur Polizeistation gingen sie nicht allzu freundlich mit der Frau und den Männern um, die ihnen nicht entkommen waren, denn sie fühlten sich gedemütigt und waren mißgelaunt. Der Gedanke peinigte sie, daß es unumgänglich sein würde, zu berichten, wie ein einzelner unbewaffneter Mann mit ihnen Schindluder getrieben hatte und ihnen dann auch noch entkommen war, als hätten sie nie existiert.
Der Beamte, der auf der Straße geblieben war, schwor, daß seit ihrer Ankunft niemand aus dem Fenster gesprungen sei oder das Gebäude verlassen habe. Seine Kameraden dachten, er lüge, konnten es aber nicht beweisen.
Als Tarzan vor dem Fenster an dem Mast hing, folgte er seinem Dschungelinstinkt und schaute nach Feinden aus, bevor er herunterklettern wollte. Es war gut, daß er dies tat, denn unten stand ein Polizist. Über sich sah er niemanden, und so kletterte er nach oben anstatt abwärts.
Die Mastspitze befand sich in Dachhöhe des Gebäudes, so war es ein Kinderspiel für jene Muskeln, die ihn jahrelang blitzschnell durch die Baumwipfel seines Urwaldes getragen hatten, den kleinen Abstand zwischen ihr und dem Dach zu überwinden. Von einem Gebäude ging er zum nächsten und so weiter, er kletterte viel, bis er an einer Straßenkreuzung einen anderen Mast entdeckte, an dem er sich herunterließ.
Er rannte schnell an ein, zwei Häuserblocks vorbei, ging dann in ein kleines Nachtcafé und beseitigte auf der Toilette die Spuren des Spazierganges über die Dächer von Händen und Kleidung.
Als er damit fertig war, trat er wieder heraus und schlenderte gemächlich in die Richtung seiner Wohnung.
Unweit seines Hauses mußte er einen gutbeleuchteten Boulevard überqueren. Als er direkt in einem Lichtkegel stand und eine Limousine vorbeilassen mußte, hörte er eine reizvolle Frauenstimme seinen Namen rufen. Er schaute auf und begegnete den lächelnden Augen von Olga de Coude, die sich auf dem Rücksitz des Wagens nach vorn lehnte. Mit einer tiefen Verbeugung erwiderte er ihren Gruß. Als er sich wieder aufrichtete, war der Wagen schon vorbeigefahren.
Rokoff und die Gräfin de Coude an ein und demselben Abend, dachte er bei sich. Paris ist wirklich ein Dorf.
Die Gräfin erklärt alles
»Dein Paris ist gefährlicher als mein wilder Dschungel, Paul«, sagte Tarzan, nachdem er seinem Freund am darauffolgenden Morgen von seinem Abenteuer mit den Ganoven und der Polizei in der Rue Maule erzählt hatte. »Warum haben sie mich dorthin gelockt? Hatten sie Hunger?«
D’Arnot tat, als schaudere er vor Entsetzen, lachte jedoch über den amüsanten Vergleich.
»Es ist schwierig, sich angesichts der Methoden der Zivilisation über die Maßstäbe und Wertvorstellungen des Dschungels zu erheben, nicht wahr, mein Freund?« fragte er ironisch.
»Angesichts der Methoden der Zivilisation – stimmt«, spöttelte Tarzan »Und die Wertvorstellungen des Dschungels lassen keine mutwilligen Greueltaten zu. Dort töten wir aus Notwehr, um uns zu ernähren, um eine Gefährtin zu gewinnen oder um die Jungen zu schützen. Immer in Übereinstimmung mit den Geboten eines allgemeingültigen Naturgesetzes, verstehst du? Weiß Gott, dein zivilisierter Mensch ist brutaler als das wilde Tier. Er tötet mit Absicht, und was noch schlimmer ist, er bedient sich einer positiven Empfindung, des menschlichen Mitgefühls, um sein
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