Tarzan 04 - Tarzans Sohn
keine Zeit, die Safari in Marsch zu setzen.
Es war Nachmittag, als ein müder, schweißbedeckter Läufer die sich dahinschleppende kleine Marschsäule einholte. Der Mann wurde von seinen Stammesgenossen mit großem Hallo begrüßt, und er teilte ihnen sofort alles mit, was er über die Aktionen ihres Herrn wußte oder mutmaßte, so daß die gesamte Safari über die Angelegenheit eher Bescheid wußte als Baynes, der an der Spitze der Kolonne marschierte und jetzt erst mit den Tatsachen und Vermutungen des schwarzen Boys vertraut gemacht wurde, den Malbihn die Nacht zuvor auf der Lichtung zurückgelassen hatte.
Als er sich alles angehört hatte, was der Junge zu sagen hatte, und erkannte, daß er nur ein Werkzeug in den Händen des Händlers gewesen war, der mit seiner Hilfe Meriem in seinen Besitz gebracht hatte, geriet er in maßlose Wut, war außer sich und bangte in höchstem Maße um die Sicherheit des Mädchens.
Daß jemand anders eine Tat begangen hatte, die nicht weniger übel war als die von ihm selbst geplante, minderte das Abscheuliche im Vorgehen des anderen in keiner Weise. Zuerst kam ihm überhaupt nicht in den Sinn, daß er Meriem genauso großes Unrecht zugefügt hätte, wie Hanson es seiner Ansicht nach getan hatte. Sein Zorn glich jetzt eher dem eines Mannes, dem auf gleiche Weise mitgespielt worden war, wie er selbst beabsichtigt hatte, und dem man die Früchte seiner Bemühungen vor der Nase weggeschnappt hatte, als er glaubte, sie schon in den Händen zu halten.
»Weißt du, wohin dein Herr gegangen ist?« fragte er den Schwarzen.
»Ja, Bwana «, antwortete der Boy. »Er ist zu dem anderen Camp neben dem großen Fluß gezogen, der Richtung Sonnenuntergang strömt.«
»Kannst du mich zu ihm bringen?« forschte Baynes.
Der Junge nickte. Hier sah er nämlich eine Möglichkeit, sich an seinem verhaßten Bwana zu rächen und gleichzeitig dem Zorn von Big Bwana zu entrinnen, der nach Meinung aller zuerst der nördlichen Safari nachsetzen werde.
»Können wir beide dieses Lager allein erreichen?« fragte der ehrenwerte Morison.
»Ja, Bwana «, versicherte der Schwarze.
Baynes wandte sich an den Häuptling. Er war nun in Hansons Pläne eingeweiht und sah deutlich genug, warum dieser verlangt hatte, das nördliche Camp so weit wie möglich an die Nordgrenze des Gebiets von Big Bwana zu verlegen – dies gab ihm wesentlich mehr Zeit, Richtung Westküste zu entrinnen, während der Big Bwana das nördliche Kontingent verfolgte. Schön, jetzt würde er die Pläne dieses Mannes für seine eigenen Zwecke nutzen. Er mußte sich nur ebenfalls außerhalb der Reichweite seines Gastgebers halten.
»Du kannst die Männer so schnell wie möglich nach Norden bringen«, sagte er zu dem Häuptling. »Ich werde umkehren und versuchen, Big Bwana nach Westen zu führen.«
Der Neger stimmte mit einem Grunzen zu. Er hatte kein Verlangen, diesem seltsamem Weißen zu folgen, der sich nachts fürchtete; noch weniger sehnte er sich danach, der Gnade von Big Bwanas kräftigen Kriegern ausgeliefert zu sein. Zwischen diesen und seinem Volk herrschte seit langem schon eine blutige Fehde. Deshalb willigte er mit großem Vergnügen in den Handel ein, da er ihm eine legitime Entschuldigung dafür lieferte, seinen verhaßten schwedischen Herrn zu verlassen. Er kannte einen Weg nach Norden und in sein Land, den die Weißen nicht kannten – eine Abkürzung über ein unfruchtbares Plateau, wo Wasserlöcher lagen, von denen die weißen Jäger und Forscher, die von Zeit zu Zeit an den Saum des trockenen Landes gelangt waren, nicht die geringste Ahnung hatten. Er konnte sogar Big Bwana ausweichen, sollte dieser ihnen folgen, und mit diesem Gedanken im Kopf ließ er die kümmerlichen Reste von Malbihns Safari sich zu etwas formieren, das wie eine Marschordnung aussah, und rückte nach Norden ab. Der schwarze Boy aber führte den ehrenwerten Morison Baynes nach Süden in den Dschungel.
Korak hatte in der Nähe des Camps gewartet und den ehrenwerten Morison beobachtet, bis die Safari nach Norden aufbrach. Überzeugt, daß der junge Engländer die falsche Richtung einschlug, um sich mit Meriem zu treffen, hatte er ihn verlassen und war langsam zu dem Punkt zurückgekehrt, wo er das Mädchen, nach dem sein Herz sich sehnte, in den Armen des anderen gesehen hatte.
Seine Freude, Meriem lebendig vor sich zu sehen, war in jenem Augenblick so groß gewesen, daß ihm jeder Gedanke von Eifersucht fern lag. Später war diese doch in ihm
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