Tarzan 04 - Tarzans Sohn
und gräßliche Schreie und Laute auszustoßen, die jedes andere menschliche Wesen als Zeichen grimmigster Wut gedeutet hätte, doch diese drei wußten, daß der König der Affen einem König, der noch größer war als er selbst, seine Ehrerbietung erwies. In seinem Kielwasser kamen die anderen zottigen Affen angesprungen und wetteiferten miteinander, wer am höchsten hüpfen und die unheimlichsten Laute von sich geben konnte.
Korak legte seinem Vater zutraulich die Hand auf die Schulter.
»Es gibt nur einen Tarzan«, sagte er. »Einen anderen kann es nie geben.«
Zwei Tage später ließen sich die drei am Rande der Ebene, von wo aus sie den Rauch aus dem Bungalow und den Kaminen der Küche steigen sehen konnten, aus den Bäumen fallen. Tarzan von den Affen holte seine Zivilkleidung aus dem Baum, wo er sie verborgen hatte, und da Korak sich weigerte, seiner Mutter in der wilden Umhüllung unter die Augen zu treten, die er so lange getragen hatte, und Meriem ihn nicht verlassen wollte, aus Furcht, wie sie erklärte, daß er es sich wieder anders überlegen und abermals im Dschungel verschwinden könne, ging der Vater allein weiter zum Bungalow, um Kleidungsstücke und Pferde zu holen.
My Dear empfing ihn am Tor, und in ihren Augen lagen eine Frage und tiefe Trauer, denn sie sah, daß Meriem nicht bei ihm war.
»Wo ist sie?«, fragte sie mit bebender Stimme. »Muviri hat mir berichtet, sie habe deinen Anweisungen zuwidergehandelt und sei in den Dschungel entwischt, nachdem du sie verlassen hattest. O John, ich kann es nicht ertragen, sie auch noch zu verlieren!« Und Lady Greystoke sank zusammen, weinte und drückte ihren Kopf an seine breite Brust, wo sie in den großen Tragödien ihres Lebens zuvor schon so oft Trost gefunden hatte.
Lord Greystoke hob ihren Kopf und sah ihr in die Augen, wobei die seinen lächelten und von einem großen Glück erfüllt waren.
»Was ist los, John?« rief sie. »Du bringst gute Nachrichten, enthalte sie mir nicht länger vor!«
»Ich möchte sicher gehen, daß du die besten Nachrichten, die wir beide je erhielten, auch unbeschadet anhören kannst«, sagte er.
»Freude kann niemals töten«, rief sie. »Du hast – sie gefunden?« Sie zögerte noch, das Unmögliche zu hoffen.
»Ja, Jane«, sagte er, und seine Stimme klang heiser vor Rührung. »Ich habe sie gefunden – und ihn !«
»Wo ist er? Wo sind sie?« fragte sie eindringlich.
»Draußen am Rand des Dschungels. Er wollte in dem wilden Leopardenfell und in all seiner Blöße nicht vor dich treten – deshalb hat er mich hergeschickt, ihm zivilisierte Kleidung zu bringen.«
Sie klatschte begeistert in die Hände und wandte sich, um zum Bungalow zu laufen. »Warte!« rief sie ihm über die Schulter zu. »Ich habe noch alle seine Anzüge – habe sie alle aufbewahrt. Ich will sie dir bringen.«
Tarzan lachte und rief ihr zu, hierzubleiben.
»Die einzige Kleidung im Hause, die ihm passen wird, ist meine – sofern sie ihm nicht zu klein ist«, sagte er. »Dein kleiner Junge ist groß geworden, Jane.«
Sie lachte gleichfalls, sie mußte über alles lachen, auch über gar nichts. Die Welt war auf einmal wieder voller Liebe, Glück und Freude – nachdem sie so viele Jahre von ihrem großen Schmerz verdüstert worden war. Ihre Freude war so groß, daß sie einen Augenblick lang die traurige Nachricht vergaß, die Meriem erwartete. Sie rief Tarzan, nachdem er weggeritten war, noch nach, das Mädchen darauf vorzubereiten, aber er hörte nicht und ritt davon, ohne selbst zu wissen, welches Ereignis seine Frau im Sinn hatte.
Etwa eine Stunde später kam Korak zu seiner Mutter nach Hause geritten – zu jener Mutter, deren Bild er stets in seinem Herzen getragen hatte. In ihren Armen und Augen fand er die Liebe und Vergebung, nach der er sich so gesehnt hatte.
Dann wandte sich seine Mutter Meriem zu, und ein Ausdruck mitleidigen Schmerzes verdrängte den des Glücks aus ihren Augen.
»Mein liebes Mädchen, inmitten unseres Glücks erwartet dich ein tiefes Leid – Mr. Baynes ist seinen Wunden erlegen.«
Der Ausdruck des Schmerzes in Meriems Augen drückte nur aus, was sie aufrichtig empfand, aber es war nicht der Schmerz einer Frau, der man den Liebsten genommen hatte.
»Es tut mir leid«, sagte sie schlicht. »Er hat mir großes Unrecht zugefügt, aber dies in hohem Maße gesühnt, bevor er starb. Einmal glaubte ich, ihn zu lieben. Zuerst war ich nur von seinem Charakter fasziniert, der mir neu war. Dann war es
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