Tarzan 04 - Tarzans Sohn
aufzuheben und nach Nordosten zu tragen. Dort hatte Korak vor kurzem weiße und schwarze Menschen gesehen. Würde er auf einen der letzteren stoßen, dann war es die einfachste Sache der Welt, Tantor zu befehlen, diesen Burschen zu fangen, und dann konnte Korak ihn veranlassen, ihn von dem Pfahl loszubinden. Zumindest war die Sache den Versuch wert und viel besser, als weiter im Dschungel zu liegen und letztendlich zu sterben. Während Tantor ihn durch den Wald trug, rief Korak ab und zu laut in der Hoffnung, Akuts Horde von Menschenaffen herbeizulocken, deren Wanderzüge sie oft in diese Gegend führten. Möglicherweise war Akut in der Lage, sich mit den Knoten zu befassen – schließlich hatte er dies bei anderer Gelegenheit schon getan, als der Russe Korak vor Jahren gefesselt hatte; und Akut, der sich südlich von ihm befand, hörte seine schwachen Rufe und kam herbeigeeilt. Jemand anders hörte sie jedoch ebenfalls.
Nachdem Bwana die Gruppe verlassen und zur Farm zurückgeschickt hatte, ritt Meriem gebeugten Hauptes eine kurze Strecke. Welche Gedanken gingen ihr wohl durch den Kopf, tatendurstig, wie sie war? Wer konnte es sagen? Da schien sie zu einem Entschluß gelangt zu sein. Sie rief den Häuptling an ihre Seite.
»Ich werde mit Bwana gehen«, erklärte sie.
Der Schwarze schüttelte den Kopf. »Nein!« sagte er. »Bwana hat gesagt, ich soll dich nach Hause bringen. Und das werde ich tun.«
»Also willst du mich nicht gehen lassen?« fragte sie.
Der Schwarze verneinte und ließ sich etwas zurückfallen, so daß er sie besser im Auge behalten konnte. Meriem lächelte flüchtig. Ihr Pferd ging gerade unter einem tiefhängenden Zweig durch, und auf einmal blickte der schwarze Häuptling nur noch auf den leeren Sattel des Mädchens. Er lief zu dem Baum, in dem sie verschwunden war, konnte jedoch keine Spur von ihr entdecken. Er rief, hörte als einzige Antwort jedoch nur ein leises, spöttisches Lachen weit rechts. Nun schickte er seine Männer in den Dschungel, um nach ihr zu suchen, doch sie kamen unverrichteter Dinge wieder zurück. Nach einer Weile setzte er seinen Marsch zur Farm fort, denn Baynes fieberte inzwischen stark.
Meriem eilte schnurstracks zu der Stelle, die Tantor ihrer Ansicht nach aufsuchen würde – es war ein Ort tief im Wald genau östlich des Dorfes des Scheichs, an dem sich ihres Wissens die Elefanten oft versammelten. Sie bewegte sich lautlos und schnell und hatte alle anderen Gedanken aus ihrem Kopf verdrängt außer dem Entschluß, Korak zu erreichen und ihn mit zurückzubringen. Es war ihre Pflicht, dies zu tun. Hinzu kam noch die qualvolle Befürchtung, daß mit ihm vielleicht nicht alles in Ordnung sei. Sie machte sich Vorwürfe, nicht eher daran gedacht zu haben. Ihr Wunsch, den verwundeten Morison zum Bungalow zurückzubringen, hatte sie die Möglichkeit nicht erkennen lassen, daß Korak sie unter Umständen brauchte. Sie hatte sich einige Stunden ohne Rast schnell durch die Zweige geschwungen, als sie vor sich den vertrauten Ruf eines großen Affen hörte, der sich mit seinesgleichen verständigte.
Sie antwortete nicht, steigerte nur die Geschwindigkeit, bis sie nachgerade dahinflog. Nun erfaßten ihre empfindsamen Geruchsnerven die Witterung von Tantor, und sie erkannte, daß sie auf dem richtigen Weg und dem Gesuchten ganz nahe war. Sie ließ sich noch immer nicht vernehmen, weil sie ihn überraschen wollte, und das gelang ihr auch, denn sie sah plötzlich den großen Elefanten vor sich, der seines Weges einherstampfte, den Menschen samt dem schweren Pfahl auf seinem Schädel balancierte und beides mit dem Rüssel festhielt.
»Korak!« rief sie aus dem Blattwerk über ihm.
Im Nu fuhr der Elefantenbulle herum, setzte seine Last ab, trompete wild und rüstete sich, seinen Gefährten zu verteidigen.
Der Affenmensch erkannte die Stimme des Mädchens und spürte plötzlich einen Kloß im Hals.
»Meriem!« rief er ihr zu.
Überglücklich kletterte sie zu Boden und kam herbeigerannt, um ihn zu befreien, aber Tantor senkte drohend den Kopf und trompetete warnend.
»Lauf zurück! Lauf zurück!« warnte Korak. »Er wird dich töten.«
Meriem hielt inne. »Tantor!« rief sie dem riesigen Tier zu. »Erkennst du mich nicht mehr? Ich bin die kleine Meriem. Früher bin ich oft auf deinem breiten Rücken geritten.« Aber der Elefantenbulle stieß nur ein tiefes Knurren aus und schüttelte die Stoßzähne in zornigem Widerspruch. Da versuchte Korak, ihn versöhnlich zu stimmen
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