Tarzan 04 - Tarzans Sohn
oder wegzukommandieren, damit das Mädchen zu ihm treten und ihn befreien könne, aber Tantor wollte nicht gehen. Er glaubte, sie wolle seinem Freund etwas zuleide tun, und wollte kein Risiko eingehen. Eine ganze Stunde lang suchten das Mädchen und der Mann nach einem Mittel, wie sie die irregeleitete Wachsamkeit des Tieres überlisten konnte, doch vergebens. Tantor verharrte in grimmiger Entschlossenheit, niemanden an Korak heranzulassen.
Da kam diesem eine Idee. »Tu so, als gingst du weg«, riet er dem Mädchen. »Bleib stets so, daß der Wind von uns zu dir weht, so daß er dich nicht wittern kann. Dann folge uns. Nach einer Weile werde ich ihn veranlassen, mich abzusetzen, und ihn unter einem Vorwand wegschicken. Wenn er fort ist, kannst du kommen und meine Fesseln zerschneiden. Du hast doch ein Messer?«
»Ja«, bestätigte sie. »Ich mache mich jetzt davon – wäre doch gelacht, wenn wir ihn nicht hinters Licht führen könnten. Aber sei nicht zu sicher – Tantor hat die Schläue erfunden.«
Korak lächelte. Er wußte, daß sie recht hatte. Im Nu war sie weg. Der Elefant lauschte und hob den Rüssel, um ihre Witterung zu erfassen. Korak befahl ihm, ihn wieder aufzunehmen und den Marsch fortzusetzen. Nach kurzem Zögern tat das Tier, wie ihm geheißen. Da hörte Korak in der Ferne den Ruf eines Affen.
»Akut!« dachte er bei sich. »Sehr schön! Tantor kennt ihn gut. Den wird er heranlassen.« Korak erhob seine Stimme und antwortete auf den Ruf des Affen, dennoch ließ er Tantor weiter mit ihm durch den Dschungel ziehen, schließlich konnte es nicht schaden, die andere Lösung zu versuchen. Sie waren zu einer Lichtung gelangt, und Korak roch eindeutig Wasser. Hier bot sich ihm ein guter Platz und ein guter Vorwand. Er befahl Tantor, ihn abzusetzen, hinzugehen und im Rüssel Wasser zu holen. Das große Tier setzte ihn mitten auf der Lichtung ins Gras und blieb eine Weile lauschend und mit hochgerecktem Rüssel stehen, ob ihnen auch nicht die geringste Gefahr drohe. Dies schien der Fall zu sein, so machte er sich in Richtung auf den kleinen Fluß davon, der nach Koraks Ansicht etwa zwei- oder dreihundert Yards entfernt sein mußte. Der Affenmensch konnte sich bei dem Gedanken, wie geschickt er seinen Freund hinters Licht geführt hatte, kaum eines Lächelns enthalten, aber wie gut er Tantor auch kannte, er unterschätzte doch die Schläue dieses klugen Tieres. Der Dickhäuter trollte sich davon und verschwand Richtung Fluß im Dschungel, aber kaum verbarg das dichte Blattwerk seine gewaltige Körpermasse, drehte er sich um und näherte sich vorsichtig wieder dem Rand der Lichtung, von wo er alles sehen konnte, ohne gesehen zu werden. Tantor ist von Natur argwöhnisch. Diesmal fürchtete er die Rückkehr der Tarmangani, die versucht hatte, seinen Korak anzugreifen. Er wollte eigentlich nur einen Augenblick Ausschau halten und sicher gehen, daß alles in Ordnung war, ehe er seinen Weg zum Wasser fortsetzte. Aha! Gut, daß er das getan hatte! Dort ließ sie sich gerade aus den Zweigen eines Baumes jenseits der Lichtung fallen und rannte schnell zu dem Affenmenschen. Tantor wartete. Sie sollte Korak erreichen, ehe er angriff – so konnte er sicher sein, daß sie keine Fluchtmöglichkeit mehr hatte. Seine kleinen Augen funkelten wild. Sein Schwanz war steif nach oben gereckt. Mühsam nur unterdrückte er ein Verlangen, seine Wut in alle Welt hinauszuposaunen. Meriem befand sich fast an Koraks Seite, als Tantor das lange Messer in ihrer Hand entdeckte, und nun brach er furchteinflößend brüllend aus dem Dschungel und stürmte gegen das zierliche Mädchen vor.
Kapitel 27
Korak schrie seinem riesigen Beschützer Befehle zu im Bemühen, ihn zum Einhalten zu bewegen, aber alles vergebens. Meriem rannte, so schnell ihre behenden, kleinen Füße sie tragen konnten, auf die am Rand stehenden Bäume zu, aber Tantor holte sie ungeachtet seiner gewaltigen Körpermasse mit der Geschwindigkeit eines Schnellzugs immer mehr ein.
Korak lag so, daß er die entsetzliche Tragödie mit ansehen konnte. Kalter Schweiß brach ihm aus den Poren. Das Herz schien ihm stillzustehen. Vielleicht erreichte Meriem die Bäume, ehe Tantor sie einholte, aber selbst ihre Behendigkeit würde sie nicht rechtzeitig außer Reichweite des mitleidlosen Rüssels bringen – er würde sie herabziehen und umherschleudern. Korak konnte sich das Bild sehr wohl ausmalen. Dann würde der Dickhäuter zu ihr treten und den zierlichen,
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