Tarzan 04 - Tarzans Sohn
dann forderte die Natur ihr Recht, und sie überwand ihre Angst vor dem schwarzen Abgrund unter ihr und dem behaarten Körper des wilden Tieres an ihrer Seite und sank in tiefen Schlummer, der länger währte als die Dunkelheit. Als sie die Augen aufschlug, stand die Sonne bereits hoch am Himmel. Zuerst konnte sie nicht recht begreifen, wo sie sich befand. Im Schlaf war ihr Kopf von Koraks Schulter gerollt, so daß sie jetzt nur den behaarten Rücken des Affen vor sich sah. Sie fuhr zurück. Dann wurde ihr bewußt, daß jemand sie hielt, sie wandte sich um und blickte in die lächelnden Augen des Jungen, der sie betrachtete. Wenn er lächelte, hatte sie keine Furcht vor ihm, und nun schmiegte sie sich fester an ihn in natürlichem Abscheu vor dem rauhen Kleid des Tieres auf ihrer anderen Seite.
Korak redete in der Sprache der Affen zu ihr, aber sie schüttelte den Kopf und redete ihn auf arabisch an, das für ihn ebenso unverständlich war wie die Affensprache für sie. Akut schaute beide an. Er konnte verstehen, was Korak sagte, doch das Mädchen gab für seine Ohren nur törichte Laute von sich, die völlig rätselhaft und albern klangen. Er konnte einfach nicht begreifen, warum Korak sich zu ihr hingezogen fühlte, musterte sie lange und eingehend, begutachtete sie gründlich, kratzte sich am Kopf, erhob sich und schüttelte sich.
Seine Bewegung ließ das Mädchen ein wenig zusammenfahren – sie hatte ihn für den Moment vergessen. Abermals wich sie vor ihm zurück. Das Tier sah, daß sie Angst hatte, und empfand tierische Freude angesichts des Entsetzens, das seine Erscheinung hervorrief. Geduckt streckte er seine große Hand langsam nach ihr aus, als wolle er sie packen. Sie rückte noch weiter weg. Akut war vollauf damit beschäftigt, diese Situation auszukosten – er sah nicht, wie sich die Augen des Jungen über ihm verengten und er die Schultern hob, so daß sich sein Hals verkürzte – die typische Angriffshaltung. Als die Finger des Affen sich um den Arm des Mädchens schließen wollten, sprang der Junge plötzlich mit einem kurzen, tückischen Knurren auf. Eine geballte Faust huschte vor Meriems Augen vorbei und landete voll auf der Schnauze des verdatterten Akut. Mit lautem Bellen taumelte der Menschenaffe nach hinten und stürzte vom Baum.
Korak sah von oben auf ihn herunter, als ein plötzliches Rascheln im Gebüsch dicht neben ihnen seine Aufmerksamkeit auf sich zog. Das Mädchen blickte ebenfalls nach unten. Sie sah nichts, aber der zornige Affe rappelte sich hastig auf. Da schoß auch schon ein geflecktes, gelbbraunes Wesen wie der Bolzen einer Armbrust schnurstracks von hinten auf ihn zu. Das war Sheeta, der Panther.
Kapitel 10
Als der Panther den großen Affen ansprang, stockte Meriem der Atem vor Überraschung und Schrecken – nicht ob des bevorstehenden Schicksals des Menschenaffen, sondern angesichts der Handlungsweise des Jungen, der seinem seltsamen Begleiter soeben noch zornig ins Gesicht geschlagen hatte; denn kaum war das Raubtier aus seinem Versteck gekrochen, war Korak mit gezücktem Messer über ihm hoch gesprungen, so daß er auf dem Rücken des Panthers landete, als dieser gerade im Begriff war, seine Zähne und Krallen in Akuts breiten Rücken zu schlagen.
Die große Katze wurde mitten in der Luft zurückgehalten, verfehlte den Affen um Haaresbreite, wälzte sich mit gräßlichem Knurren auf den Rücken und versuchte krampfhaft, den Gegner, der sich in ihrem Nacken verbissen hatte und ihr das Messer in die Seite stieß, mit den Krallen zu packen.
Akut war durch den plötzlichen Angriff von hinten aufgescheucht worden und hatte, dem alten Instinkt folgend, mit einer Behendigkeit, die bei einem derart schweren Tier ans Wundersame grenzte, im Baum neben dem Mädchen Zuflucht gesucht. Doch als er sich umgedreht hatte, um zu sehen, was unten vor sich ging, war er ebenso schnell wieder am Boden. Persönlicher Zwist war angesichts der Gefahr, die seinem menschlichen Gefährten drohte, im Nu vergessen. Auch zauderte er keine Sekunde, die eigene Sicherheit zugunsten seines Freundes aufs Spiel zu setzen, so wie Korak ja auch ihm beigesprungen war.
Im Endergebnis hatte Sheeta es nun mit zwei grimmigen Geschöpfen zu tun, die ihn in Stücke reißen wollten. Kreischend, knurrend und fauchend rollten die drei im Unterholz hin und her, während die einzige Zuschauerin bei diesem Kampf angstbebend und mit weit aufgerissenen Augen im Baum über ihnen hockte und Geeka
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