Tarzan 04 - Tarzans Sohn
betraf die Gegenwart, besonders das Füllen des Bauches und das Läusefangen.
Für ein Mädchen an der Schwelle des Erwachsenseins war dieser Gedankenaustausch kaum ausreichende geistige Nahrung. Deshalb fand sie diese Manus nur gelegentlich amüsant genug, um mit ihnen zu spielen oder sie zu liebkosen. Ihre innersten Empfindungen vertraute sie nach wie vor nur den tauben Ohren von Geekas Elfenbeinkopf an. Mit ihr sprach sie Arabisch, wohl wissend, daß Geeka, die ja nur eine Puppe war, die Sprache Koraks und Akuts nicht verstehen konnte, und daß deren Sprache als die von Affenmännchen für eine arabische Puppe nichts Wissenswertes enthalten konnte.
Geekas Äußeres hatte eine gewisse Veränderung erfahren, seit ihre kleine Mutter das Dorf des Scheichs verlassen hatte. Ihre Kleidung erinnerte in verkleinerter Form an die von Meriem. Ein winziges Stück Leopardenfell bedeckte ihren Rattenhautrumpf von der Schulter bis zu den dürren Knien. Ein Band aus geflochtenen Grashalmen um die Stirn hielt einige bunte Wellensittichfedern an der richtigen Stelle, während andere Grashalme Nachahmungen von Arm- und Fußringen aus Metall darstellten. Geeka war eine vollkommene kleine Wilde, doch in ihrem Innersten war sie unverändert und dieselbe vielseitig interessierte Zuhörerin wie ehedem. Ein hervorstechender Charakterzug von ihr war auch, daß sie Meriem nie ins Wort fiel, um über sich zu reden. Der heutige Tag bildete in dieser Hinsicht keine Ausnahme. Eine Stunde lang hörte sie, an einen Baumstamm gelehnt, Meriem aufmerksam zu, während ihre geschmeidige, junge Herrin sich wie eine Katze genüßlich auf einem schwankenden Zweig vor ihr rekelte.
»Weißt du, Geeka, unser Korak ist heute schon eine lange Zeit unterwegs«, sagte Meriem. »Wir vermissen ihn, kleine Geeka, stimmt’s? Es ist immer langweilig ohne ihn in dem großen Dschungel. Was wird er uns diesmal mitbringen, he? Einen weiteren glänzenden Reifen für Meriems Knöchel? Oder ein weiches Rehlederlendentuch vom Körper einer schwarzen Frau? Er hat mir erzählt, es sei schwieriger, den Frauen etwas wegzunehmen, denn er will sie nicht töten, wie er es bei den Männern macht, und sie wehren sich immer nach Kräften, wenn er über sie herfällt, um ihnen ihren Schmuck zu entreißen. Dann kommen die Männer mit Speeren und Pfeilen, und er muß in die Bäume flüchten. Manchmal schleppt er die Frauen einfach mit hinauf und nimmt ihnen dort den Schmuck weg, den er Meriem mitbringen will. Er sagt, die Schwarzen fürchten ihn jetzt, und Frauen und Kinder rennen schreiend zu ihren Hütten, wenn sie ihn sehen. Aber er folgt ihnen dorthin, und selten nur kehrt er ohne Pfeile für sich und ein Geschenk für Meriem zurück. Korak ist ein Mächtiger unter dem Dschungelvolk – unser Korak, Geeka – nein, mein Korak!«
Meriems Äußerungen wurden durch das plötzliche Auftauchen einer aufgeregten kleinen Meerkatze unterbrochen, die nach einem fliegenden Sprung vom Nachbarbaum auf ihren Schultern landete.
»Klettre nach oben!« rief sie, »Klettre nach oben! Die Mangani kommen.«
Meriem blickte den aufgeregten Friedensstörer über die Schulter hinweg gelassen an.
»Klettre selbst, kleine Manu«, sagte sie. »Die einzigen Mangani in unserem Dschungel sind Korak und Akut. Wahrscheinlich hast du sie von der Jagd zurückkehren sehen. Eines Tages wirst du dich noch vor dem eigenen Schatten zu Tode erschrecken, kleine Manu.«
Doch die Meerkatze stieß nur noch dringendere Warnrufe aus, bevor sie in die Sicherheit höchster Wipfel flüchtete, wohin Mangani, der große Affe, nicht folgen konnte. Da hörte Meriem auch schon das Geräusch sich nähernder Körper, die sich durch die Äste schwangen. Sie lauschte gespannt. Es mußten zwei sein, und es waren bestimmt große Affen. Zweifellos Korak und Akut. Für sie war Korak ein Affe, ein Mangani, denn als solche bezeichneten die drei sich immer. Der Mensch war ihr Feind, deshalb rechneten sie sich nicht länger dieser Gattung zu. Tarmangani, oder großer weißer Affe, wie sie in ihrer Sprache den weißen Menschen nannten, traf nicht auf alle drei zu. Gomangani – großer schwarzer Affe oder Neger – konnte für keinen von ihnen gelten. Deshalb nannten sie sich einfach Mangani.
Mangani beschloß, Korak einen Streich zu spielen und sich schlafend zu stellen. Also lag sie ganz still und hatte die Augen fest geschlossen. Sie hörte die beiden näherkommen. Jetzt waren sie im Nachbarbaum, und sie mußten sie entdeckt
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