Taschenbuch für den Ruhestaendler, Rentner und Soldaten 2013
Ruhegehaltes ab
Beamte, die neben ihrem beamtenrechtlichen Versorgungsanspruch aus einer früheren Tätigkeit einen Anspruch auf Rente aus einer gesetzlichen Rentenversicherung erworben haben, befinden sich in einer besonderen Versorgungslage, wenn sie vor Erreichen der Regelaltersgrenze – etwa wegen Dienstunfähigkeit oder aufgrund einer besonderen Altersgrenze – in den Ruhestand treten. Sie sind zunächst ausschließlich auf ihre beamtenrechtlichen Versorgungsbezüge angewiesen, da sie ihre Altersrente erst mit Erreichen der Regelaltersgrenze beziehen können. Dies kann sich für diese Beamten nachteilig auswirken, wenn durch eine späte Übernahme in das Beamtenverhältnis und den vorzeitigen Eintritt in den Ruhestand nur wenige Dienstjahre für die Berechnung der Versorgungsbezüge berücksichtigt werden können. § 14a Beamtenversorgungsgesetz (BeamtVG) wirkt dieser „Versorgungslücke“ bei sogenannten gemischten Erwerbskarrieren durch eine vorübergehende Erhöhung des Ruhegehaltssatzes bis zum Beginn des Rentenbezugs entgegen.
Berechnungsgrundlage für die Erhöhung war ursprünglich § 14a Abs. 1 BeamtVG, der von der Verwaltung in Übereinstimmung mit verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung und einem Teil des Schrifttums zunächst dahingehend ausgelegt wurde, dass nur ein auf der Grundlage der ruhegehaltfähigen Dienstzeit berechneter („erdienter“) Ruhegehaltssatz maßgeblich sei.
Das Bundesverwaltungsgericht sah das in seinem Urteil vom 23.06.2005 anders. Es kam zu dem Ergebnis, dass es sich auch bei dem Mindestruhegehaltssatz von 35 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge um einen „berechneten“ Ruhegehaltssatz im Sinne des § 14a Abs. 1 BeamtVG handele. Dieser Rechtsauffassung folgte die Verwaltung jedoch nicht; auch die unteren Instanzgerichte schlossen sich ihr nur teilweise an.
Durch das am 11.02.2009 verkündete Dienstrechtsneuordnungsgesetz (DNeuG) wurde die Regelung des § 14a Abs. 1 BeamtVG im Sinne der bisherigen Verwaltungspraxis geändert – und zwar mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der entgegenstehenden Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
Dagegen klagte ein Polizeibeamter, der seit 1992 bzw. beim Bundesgrenzschutz tätig war. Er ging bis zum Bundesverfassungsgericht. Der Kläger wurde nach Vollendung des 60. Lebensjahres mit Ablauf Februar 2008 wegen Erreichens der Altersgrenze in den Ruhestand versetzt. Die Bundesfinanzdirektion Nord setzte sein Ruhegehalt auf 1.691,89 Euro fest, wobei sie den „erdienten“ Ruhegehaltssatz in Höhe von 32,64 % gemäß § 14a Abs. 1 BeamtVG a. F. vorübergehend um 24,58 % auf insgesamt 57,22 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge erhöhte.
Der Kläger begehrte, das Ruhegehalt auf insgesamt 59,58 % der ruhegehaltfähigen Dienstbezüge vorübergehend zu erhöhen. Daraus hätte sich ein Ruhegehalt in Höhe von 1.761,68 Euro ergeben. Dies lehnte die Bundesfinanzdirektion Nord ab.
Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die gesetzlich verankerte Rückwirkung mit dem Grundgesetz, insbesondere den verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Vertrauensschutz, vereinbar ist. Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde:
Der Gesetzgeber hat mit der Neuregelung des § 14a Abs. 1 BeamtVG a. F. eine Streitfrage abweichend von der höchstrichterlichen Rechtsprechung in einem bestimmten Sinne und damit konstitutiv entschieden.
Der Rückwirkung steht kein schutzwürdiges Vertrauen der betroffenen Beamten entgegen. Das durch das Rechtsstaatsprinzip und Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Vertrauen auf die geltende Rechtslage ist nur schutzwürdig, wenn die gesetzliche Regelung generell geeignet ist, ein Vertrauen auf ihr Fortbestehen zu begründen und darauf gegründete Entscheidungen – insbesondere Vermögensdispositionen – herbeizuführen, die sich bei Änderung der Rechtslage als nachteilig erweisen. Ein hinreichend gefestigtes und damit schutzwürdiges Vertrauen, dass es sich bei dem Mindestruhegehaltssatz um einen „berechneten“ Ruhegehaltssatz im Sinne des § 14a Abs. 1 BeamtVG a. F. handele, konnte sich unter den gegebenen Umständen aber nicht entwickeln. Denn der Regelungsgehalt des § 14a Abs. 1 BeamtVG a. F. war nicht eindeutig. Eine gefestigte höchstrichterliche Rechtsprechung bestand nicht. Vielmehr wich das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 23.06.2005 von der bis dahin bestehenden Verwaltungspraxis sowie von der in der Instanzrechtsprechung und von einem Teil des Schrifttums
Weitere Kostenlose Bücher