Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
komplett „verdaut“ zu werden, lediglich reduziert wurde. Die dritte umgebende Membran entspricht daher der Zellmembran des Endosymbionten, die vierte der „Vakuolenmembran“ (ER-Abkömmling) der Wirtszelle. Das Nucleomorph ist als reduzierter Zellkern der aufgenommenen Zelle zu verstehen. Phylogenetische Analysen sowie Analysen zur Organisation der Gene im Nucleomorph weisen auf eine enge Verwandtschaft zu den Rotalgen hin. Diese Beziehung wird zusätzlich durch das Auftreten von Stärkekörnern (als Speicherform) im periplastidären Kompartiment gestützt, da einerseits Rotalgen Stärke als Speicherform besitzen ( Siehe hier ) und andererseits die Wirtszelle die Energie in Form von Lipidtröpfchen speichert. Der Zellkern der Cryptomonaden befindet sich außerhalb des periplastidären Kompartiments im Cytoplasma. Die meisten Cryptomonaden verfügen demzufolge über mehrere Genome unterschiedlicher evolutionärer Abstammung: eukaryotische Genome = Zellkern und Nucleomorph; prokaryotische Genome = mitochondrial und plastidär.
Abb. 11. 34 Organisationsschema eines Vertreters der Cryptomonada (nach Hausmann, Hülsmann und Radek, 2003, http://www.schweizerbart.de ).
Prymnesiomonada (Haptomonada)
Zu diesem Taxon zählen etwa 500 vorwiegend marine, planktische Vertreter. Darüber hinaus sind zahlreiche fossile Arten bekannt. Die Vertreter der Haptomonada sind photoautotrophe Einzeller, die sich durch den Besitz von zwei Flagellen auszeichnen. In dieser Evolutionslinie kam es zu weiteren Reduktionen des Endobionten als bei den Cryptomonaden. Ein Nucleomorph ist nicht mehr vorhanden. Als Pigmente kommen hauptsächlich die Chlorophylle a und c, β-Carotin sowie die Xanthophylle Diadinoxanthin und Diaxanthin vor. Die beiden Geißeln tragen meist keine Flimmerhaare, sondern sind – wie der gesamte Zellkörper – mit Polysaccharid-Schuppen (meist Cellulose) oder calcifizierten Schuppen (= Coccolithen ) bedeckt. Die Anordnung der Coccolithen ist artspezifisch, funktionell wird u. a. Fraßschutz, Auftriebsregulation oder Lichtzufuhr diskutiert. Zusätzlich zu den meist gleich langen Flagellen besitzen die Zellen der Haptomonada eine weitere fadenförmige Struktur, das sogenannte Haptonema (Abb. 11. 35 ). Dieser zwischen den beiden Geißeln befindliche Fortsatz unterscheidet sich im ultrastrukturellen Aufbau (6–8 einzelne Mikrotubuli und einer ER-Zisterne) deutlich von einem eukaryotischen Flagellum mit Doppelmikrotubuli in 9+2-Anordnung. Zur Funktion des Haptonema ist bislang wenig bekannt, bei einigen Arten dient es der Anheftung an das Substrat, bei anderen dem Nahrungserwerb. Im Gegensatz zu den Heterokonta ( Siehe hier ) findet sich bei den Haptomonada an der Basis der Flagellen keine Schwellung.
Abb. 11. 35 Haptomonade, Organisationsschema (nach Hausmann, Hülsmann und Radek, 2003, http://www.schweizerbart.de ).
Die Haptomonaden sind als sehr produktive Kalkbildner (CaCO 3 ) im Meer auch erdgeschichtlich von großer Bedeutung. Nach dem Absterben der Zellen sedimentierten die Coccolithen und aus den Sedimenten bildeten sich u. a. Kalkgesteine. Die Kreidefelsen der Insel Rügen oder die südenglische Kreideküste sind eindrucksvolle Beispiele für diese Form der Gesteinsbildung. Darüber hinaus spielen die Haptomonaden durch ihre CO 2 -Fixierung (als Treibhausgas) und die Bildung von CaCO 3 auch eine außerordentliche Rolle für die Ökologie und das Klima.
Einige Arten können durch Massenauftreten toxische Algenblüten auslösen. So wird beispielsweise die „ Killeralge “ Chrysochromulina polylepis , häufig für Fisch-, Muschel- aber auch Robbensterben verantwortlich gemacht.
Heterokonta
Die monophyletischen Heterokonta stellen mit mehr als 10 000 bekannten Arten die größte und die vielfältigste Gruppe innerhalb der Chromista dar. Neben wenigen heterotroph lebenden Taxa bilden die phototrophen Vertreter den verhältnismäßig größten Anteil. Der Name Heterokonta geht auf die zwei verschiedengestaltigen ( heterokonten ) Geißeln der Zellen zurück. Nebenausschließlich einzelligen Lebensformen gehören auch mehrzellige Taxa zu den Heterokonta, wie beispielsweise die Phaeophyceen (Braunalgen) oder die Labyrinthulea . Bei diesen Gruppen treten dann einzellige, heterokont begeißelte Lebens- bzw. Entwicklungsstadien (z. B. Gameten, Zoosporen) auf. Die nach den internationalen Nomenklaturregeln nicht gültige Bezeichnung Stramenopilata geht auf die haarähnlichen Strukturen (dreiteilige Mastigonemen;
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