Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Formenvielfalt der Foraminiferen beruht auf der sehr unterschiedlichen Ausprägung und Anordnung der einzelnen Kammern, die nacheinander beim Heranwachsen entstehen.
Abb. 11. 40 Foraminifera. a Gehäuseaufbau eines vielkammerigen Vertreters der Foraminifera. Die einzelnen Kammern sind untereinander durch Foramina verbunden. b Aus der „Hauptöffnung“ des Gehäuses treten die Pseudopodien aus. (Nach Hausmann, Hülsmann und Radek, 2003, http://www.schweizerbart.de .)
Da die Gehäuse nach dem Zelltod oftmals erhalten bleiben, sind Foraminiferen auch als geologische Leitfossilien ( Siehe hier ) bedeutend. So stehen den rund 4000 rezenten etwa 30 000 fossile Arten gegenüber. Von ökologischem Interesse sind die vielfach auftretenden Symbiosen mit einzelligen Grünalgen (Zoochlorellen) oder einzelligen Rotalgen, Dinoflagellaten, Diatomeen (Zooxanthellen). Die photosynthetisch aktiven Symbionten tragen zur Bildung des kalkigen Gehäuses bei und beeinflussen so auch die Sedimentablagerungen am Meeresboden und an den Stränden ( Globigerinensand ).
Viele Vertreter der Foraminifera zeigen in ihrem Entwicklungszyklus einen heterophasischen Generationswechsel, d. h. es wechseln sich asexuelle (diploide) und sexuelle (haploide) Generationen (Agamogonie und Gamogonie) ab. Die Gameten der sich sexuell vermehrenden Generation sind meist begeißelt (Abb. 11. 41 ).
Abb. 11. 41 Foraminifera. Der dimorphe Entwicklungszyklus alterniert zwischen haploiden Gamonten und diploiden, vielkernigen Agamonten (ausgezogene Pfeile). Ein hypothetischer trimorpher Entwicklungszyklus mit vegetativen Schizonten ist durch gestrichelte Pfeile markiert. (Nach Röttger in Hausmann, Hülsmann und Radek, 2003, http//www.schweizerbart.de .)
Haplosporidia
Seit ihrer Entdeckung stellen die Haplosporidia für Taxonomen und Phylogenetiker gleichermaßen eine problematische Gruppe dar. Gemeinsam mit den Paramyxea bildeten sie früher das Taxon Ascetospora. Die Zuordnung der Haplosporidier zu den Alveolaten basierte auf Sequenzanalysen des 18S rDNA-Gens, die von einigen morphologischen Merkmalen (z. B. tubuläre mitochondriale Cristae, innerer Membrankomplex) unterstützt wird. Kombinierte Datensätze verschiedener Gene (18S rDNA, Actin-Gen) deuten jedoch auf eine engere phylogenetische Beziehung zu den Cercozoa (und Foraminifera) hin.
Bei den Vertretern der Haplosporidia handelt es sich um Sporen ausbildende Endoparasiten einer Vielzahl mariner und limnischer Invertebraten (u. a. in Polychaeten, Mollusken, Crustaceen, Echinodermata). Einige Arten sind als Krankheitserreger verschiedener kommerziell wichtiger Mollusken bekannt (z. B. Haplosporidium sp. in Austernkulturen). Der Entwicklungszyklus ist geprägt von einkernigen Sporen, aus denen nach der Infektion im Intestinaltrakt des Wirts kleine amöboide Zellen schlüpfen, die von dort aus in das umgebende Gewebe einwandern, und vielkernigen Plasmodien, die der Vermehrung und Verbreitung der Zellen dienen (Abb. 11. 42 ). Namensgebend für dieses Taxon sind rundliche, elektronendichte und hauptsächlich Glykoproteine enthaltende Vesikel ( Haplosporosomen ), deren Funktion bislang noch nicht geklärt ist.
Abb. 11. 42 Lebenszyklus eines Vertreters der Haplosporidia (nach Hausmann, Hülsmann und Radek, 2003, http://www.schweizerbart.de ).
Radiolaria
Traditionell gehörten zu den Radiolaria die Phaeodarea , Acantharea und Polycystinea . Allen Vertretern dieser drei Taxa gemein ist der Besitz der sogenannten Zentralkapsel (Innenskelett) und die Ausbildung von Axopodien (= Pseudopodien, durch Mikrotubulibündel versteift). Sowohl cytologische als auch ultrastrukturelle Merkmale, wie die Feinstruktur der Kapselwand oder die chemische Zusammensetzung der Skelettelemente, sowie molekulare Daten (18S rDNA-Sequenzanalysen) stellten jedoch die Monophylie der Radiolaria infrage. So werden die Phaeodarea heute als eine Teilgruppe der Cercozoa verstanden (Tab. 11. 7 ), obwohl ihnen die Insertion im Ubiquitin-Gen – ein Kennzeichen für die Schwestergruppenbeziehung von Cercozoa und Foraminifera – fehlt. Die Taxa Acantharea und Polycystinea hingegen bilden in molekularen Untersuchungen gemeinsam mit Sticholonche zanclea (einzige Art der Taxopodida) eine monophyletische Gruppe, die heutigen Radiolaria. Für die Verwandtschaftsgruppe Foraminifera und heutige Radiolaria wurde der Begriff Retaria als das übergeordnete Taxon geprägt.
Die Vertreter der Radiolaria sind marin vorkommende, im Plankton lebende
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