Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Organismen (Abb. 11. 43 ). Das Skelett besteht aus der inneren Zentralkapsel und den diametral angeordneten Stacheln bzw. Nadeln. Taxonomisches Schlüsselmerkmal ist u. a. die chemische Zusammensetzung des Skeletts: Bei den Acantharea besteht es aus Strontiumsulfat, einem im Meerwasser leicht löslichen Salz; bei den Polycystinea und Sticholonche hingegen aus Silikat. Dadurch ist auch zu erklären, weshalb für die Acantharea keine fossilen Vertreter bekannt sind. Die perforierte Zentralkapsel gliedert die Zelle in einen endoplasmatischen (intrakapsulären, kern- und organellenhaltigen) und einen ektoplasmatischen (extrakapsulären) Anteil. Das Ektoplasma enthält zahlreiche Vakuolen und die gegebenenfalls vorhandenen endosymbiontischen Grünalgen.
Abb. 11. 43 Radiolaria. a Heliosphaera actinota . Im Inneren der Gitterkugel befindet sich die Zentralkapsel mit dem Kern, außerhalb der Zentralkapsel Zooxanthellen. b Hexaconthium asteracanthium . Skelett, die beiden äußeren Schalen sind aufgebrochen. c Acanthometron elasticum . Zentralkapsel mit zahlreichen Kernen. An der Durchtrittsstelle der Stacheln befinden sich Myophrisken. (Nach Grell, 1973.)
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Rhizaria: Cercozoa, Foraminifera, Haplosporidia und verschiedene Gruppen der ehemaligen polyphyletischen Radiolaria.
Reticulopodien: Der bei den Foraminifera auftretende Typ von Pseudopodien, die in Form eines verzweigten Netzwerks ausgebildet sind und bidirektionelle Plasmaströmung aufweisen. Sie dienen der Fortbewegung, dem Beutefang und der Nahrungsaufnahme (Phagocytose).
Foramen (pl. Foramina): Öffnung(en), die bei vielkammrigen Foraminiferen die einzelnen Kammern miteinander verbinden.
Globigerinensand: Sedimentablagerung (Gehäuse rezenter und fossiler Foraminiferen) am Meeresboden. Anhand dieser Ablagerungen können Rückschlüsse auf das Klima vergangener Erdzeitalter gezogen werden.
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11.5.5 Amoebozoa
Die phagotrophen Amoebozoa bilden in der Regel lappen- oder zylinderförmige, nicht eruptive Pseudopodien aus ( Lobopodien ). Die Fortbewegung erfolgt durch abwechselnde Neubildung und Retraktion von Pseudopodien oder eines einzigen Pseudopodiums unter Beteiligung von Actin und Myosin. Mikrotubuli als stabilisierende und bewegungsaktive Elemente treten nur ausnahmsweise und nie in Bündeln auf. Auch cytoplasmatische Mikrotubuli treten soweit bekannt nur im Zusammenhang mit der Mitose auf. Geißeln und Centriolen sind häufig reduziert. Es gibt sowohl nackte als auch beschalte Formen. Die Mitochondrien besitzen tubuläre, oft verzweigte Cristae. Sie sind in einigen Gruppen reduziert. Cystenbildung ist verbreitet. Sexuelle Fortpflanzung ist in einigen Fällen nachgewiesen. Für die Monophylie der Amoebozoa spricht neben Gensequenzvergleichen auch eine Fusion der mitochondrialen cox1- und cox2 -Gene zu einem gemeinsamen offenen Leseraster, das für ein zusammenhängendes COXI-COXII-Protein codieren könnte.
Tab. 11. 8. Systematische Gruppen der Amoebozoa (mit Beispielen).
Ausgewählte Vertreter
Lobosa
Gymnamoebea
Amoeba proteus, Chaos chaos, Vannella simplex, Acanthamoeba castellani
Testacealobosea
Arcella vulgaris, Centropyxis aculeata, Difflugia oblonga
Conosa
Archamoebea
Mastigina hylae, Entamoeba histolytica, Pelomyxa palustris
Eumycetozoa
Protostelium mycophaga, Physarum polycephalum, Dictyostelium discoideum
Lobosa
Amöben mit lappen- oder schlauchförmigen, manchmal auch zugespitzten Pseudopodien in Einzahl oder Mehrzahl. Sowohl beschalte als auch unbeschalte Formen treten auf.
Gymnamoebea
Die auch als Nacktamöben bezeichneten Gymnamoebea besitzen keine extrazellulären Hüllen oder Schalen. Sie stellen kein Monophylum dar. Die Fortbewegung erfolgt durch gerichtete Cytoplasmaströmung oder durch eine Rollbewegung. Sie erreichen Größen von wenigen μm ( Vannella ) bis zu 5 mm( Chaos ). Zellkerne sind in Ein- oder Mehrzahl vorhanden. Nacktamöben kommen in aquatischen und terrestrischen Lebensräumen vor. Einige Arten leben als Endobionten (Kommensalen oder Parasiten). Am bekanntesten ist die Art Amoeba proteus (Abb. 11. 44 ), die häufig im Süßwasser vorkommt und mehrere Pseudopodien ausbildet. Monopodiale Formen sind Hartmanella und Saccamoeba (Abb. 11. 44 ). Zugespitzte Pseudopodien bildet Acanthamoeba castellani aus. A. castellani , A. culbertsoni und A. polyphaga sind Erreger von Augenkrankheiten. Man findet sie vorwiegend in stehenden Gewässern, aber auch in chloriertem Badewasser und im Leitungswasser. In London wurden in 2 % aller
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