Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
vorhanden, so wird die Pflanze nicht akzeptiert. Das Insekt wird dann eher sterben, als von der Pflanze zu fressen.
Feindvermeidungskairomone dienen potentiellen Beutetieren oder Wirten, um den negativen Einfluss ihrer Feinde zu vermindern. Sie zeigen die Anwesenheit von Feinden an und führen dazu, dass die Empfänger ihren Aufenthaltsort verändern, um Feinden auszuweichen, ihre Aktivitäten reduzieren, um nicht entdeckt zu werden oder alternative Orte für ihre Eiablage suchen. Neben diesen Verhaltensänderungen kann es sogar dazu kommen, dass diese Kairomone morphologische Veränderungen bei den Nachkommen induzieren, die dann weniger leicht gefressen werden können. Die am besten untersuchten Beispiele stammen aus dem aquatischen Bereich. So führt die Anwesenheit von Fischen im Wasser über Kairomone (sogenannter Fischfaktor ) dazu, dass Wasserflöhe tagsüber in größere Tiefen ausweichen, wo sie von den optisch jagenden Fischen weniger gut entdeckt werden können. Darüber hinaus führt der Fischfaktor dazu, dass die Wasserflöhe Nachkommen mit langen, dornigen Anhängen produzieren, die deshalb von kleineren Fischen nur noch schwer zu fressen sind.
Insbesondere in der letzten Zeit wurde für einige Systeme das Vorhandensein von Sexualkairomonen gezeigt. In diesen Systemen finden sich die Paarungspartner nicht über Sexualpheromone, sondern über Kairomone, die von ihrem Wirt abgegeben werden. Beim Maikäfer führt der Blattfraß durch die Weibchen zur Freisetzung eines Blattalkohols. Die Männchen nutzen diesen Alkohol, um die Weibchen zu finden.
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Die attraktive Wirkung von Sexualpheromonen oder Aggregationspheromonen kann zur Schädlingsbekämpfung genutzt werden. Die einfachste Idee besteht darin, mit Pheromonfallen alle Schädlinge zu fangen und dadurch den Schaden zu vermeiden, ein Verfahren, welches als Massenfang ( mass trapping ) bezeichnet wird. Allerdings ist diese Technik oft nicht erfolgreich. Das liegt daran, dass bei vielen Arten, insbesondere bei schädlichen Schmetterlingsarten, die Sexualpheromone von Weibchen abgegeben werden und folglich nur die Männchen gefangen werden. Theoretisch soll verhindert werden, dass sich die Weibchen paaren und fortpflanzen. In der Praxis fängt man allerdings niemals alle Männchen. Meist überleben genügend Tiere, um die vorhandenen Weibchen zu begatten.
Daher werden Pheromonfallen meist nicht zum Massenfang verwendet, sondern zur Befallskontrolle ( monitoring ). Das ist v. a. im Rahmen der integrierten Schädlingsbekämpfung ( integrated pest management , IPM ) wichtig. Beidiesem Ansatz wird versucht, verschiedenste Möglichkeiten der Bekämpfung zu kombinieren und den Einsatz von Pestiziden auf solche Fälle zu beschränken, in denen es keine Alternativen mehr gibt. Die Information darüber, ob der Einsatz von Pestiziden zur Bekämpfung erforderlich ist, liefern Pheromonfallen. Nach bestimmten Vorgaben werden Fallen z. B. mit Pheromonen des Apfelwicklers in einer Apfelplantage verteilt. Liegt die Anzahl der in einem bestimmten Zeitraum pro Falle gefangenen Tiere über einem Schwellenwert (z. B. > 10 Individuen pro Falle in einer Woche), so ist dies ein Hinweis, dass die Population so stark anwachsen wird, dass die Schadschwelle erreicht werden wird und eine Bekämpfung der Schädlinge erforderlich ist. An der Abnahme von gefangenen Tieren lässt sich dann auch ablesen, ob eine Bekämpfungsmaßnahme erfolgreich war. Liegt der Fang unterhalb des Schwellenwertes, ist keine gravierende Schädigung zu erwarten und der Pestizideinsatz ist nicht erforderlich.
Die dritte Verwendungsmöglichkeit von Sexualpheromonen zur Schädlingsbekämpfung ist die Verwirrungsmethode (mating disruption). Dabei werden so viele künstliche Pheromonquellen aufgehängt, dass Männchen sich nicht mehr entlang der Pheromone zu den Weibchen orientieren können. Als Folge kommt es nicht zur Paarung und es werden keine Eier mehr gelegt. Dieses Verfahren ist bei verschiedenen Schädlingen sehr wirksam, in Deutschland werden z. B. viele Weinanbauflächen damit vor dem Traubenwickler geschützt.
Ein weiteres Anwendungsgebiet von Pheromonen besteht in der Tierhaltung . Mithilfe künstlicher Duftstoffe kann die Paarungsbereitschaft von Nutztieren festgestellt und beeinflusst werden (z. B. durch Eberpheromone bei Sauen). Bei Katzen, Hunden, Pferden und anderen Säugetieren können synthetische Verbindungen, die auf Pheromondrüsensekreten aus dem Bereich der Milchdrüsen basieren,
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