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Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie

Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie

Titel: Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katharina Hrsg Munk
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Oberflächen durch cuticuläre Wachse, verstärkte Zellwände oder eine Vielzahl biochemischer Inhaltsstoffe ( sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe ). Indirekte Verteidigungsmechanismen bestehen darin, dass Pflanzen mutualistische Beziehungen zu den Feinden ihrer Herbivoren unterhalten und diese als Bodyguards gebrauchen und zu ihrem eigenen Schutz fördern. Die Förderung kann darin bestehen, dass Pflanzen Strukturen ausbilden, mit denen sie den Feinden der Herbivoren Nektar als Nahrung ( extraflorale Nektarien , Abb. 3. 21 ) oder eine Behausung anbieten ( Domatien , z. B. in Akazienstacheln, in denen Ameisen leben.

    Abb. 3. 21 Baumwollnektarium. Extraflorales Nektarium an der Baumwolle, an dem die Larve einer Florfliege ( Chrysopa sp.) frisst. (Foto von Felix Wäckers, Lancaster)
    Forschungsarbeiten der letzten zwanzig Jahre haben darüber hinaus gezeigt, dass die Pflanzen bei Herbivorenfraß sogenannte herbivoreninduzierte Synomone abgeben, mit denen die Feinde der Herbivoren, Parasitoide oder Räuber, angelockt werden ( Siehe hier f, hier ff). Die beschriebenen Verteidigungsmaßnahmen sind entweder konstitutiv oder sie werden erst durch den Befall der Pflanzen induziert . Zu letzteren zählen die vermehrte Ausbildung von Trichomen auf der Blattoberfläche von Kohl, die Produktion des Alkaloids Nikotin bei Tabakpflanzen, die Abgabe von herbivoreninduzierten Synomonen nach Fraß durch Schmetterlingsraupen und die Bildung von chemischen Verteidigungsstoffen ( Phythoalexine ) gegen Mikroorganismen (Pilze, Bakterien). Arbeiten der letzten Jahre zeigen, dass Pflanzen mindestens zwei Wege gefunden haben, um die Zeitspanne zu verkürzen, bis eine induzierte Abwehr nach einem Befall wirksam ist. Erstens reagieren manche Pflanzen bereits auf die Eiablage der Herbivoren auf der Blattoberfläche mit der Abgabe von herbivoreninduzierten Synomonen und locken Eiparasitoide an, welche die Eier abtöten und dadurch verhindern, dass aus den Eiern überhaupt Herbivore schlüpfen, welche die Pflanze befallen können. Zweitens scheinen Pflanzen in der Lage zu sein, die Duftstoffe von anderen, durch Herbivore oder Pathogene bereits befallenen Nachbarpflanzen wahrzunehmen, und damit die Anwesenheit von Feinden in ihrer Umgebung zu registrieren ( listening / eavesdropping trees ). Die wahrnehmenden Pflanzen aktivieren daraufhin ihre Abwehrmechanismen gegen die jeweiligen Feinde frühzeitig, d. h. sie verstärken die Produktion sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe oder geben ihrerseits Duftstoffe ab, um natürliche Feinde anzulocken.
    Um die Pflanzen trotz dieser Verteidigungsstrategien als Nahrung nutzen zu können, haben sich viele Herbivore auf bestimmte Pflanzenarten oder Pflanzengruppen spezialisiert und morphologische, physiologische und ethologische Anpassungen ausgebildet. Zur Überwindung fester Kutikula besitzen sie häufig spezialisierte Mundwerkzeuge, die durch die Einlagerung von z. B. Zink und Mangan besonders gehärtet sein können. Gegen glatte oder stark behaarte Oberflächen sind viele Arten mit besonderen Haft- oder Haltestrukturen an den Extremitäten ausgestattet. Physiologische Anpassungen bestehen in der raschen Wiederabgabe bzw. der Neutralisierung sekundärer Pflanzeninhaltsstoffe, ihrem enzymatischen Abbau oder der Veränderung molekularer Bindungsstellen, sodass keine Bindung der Inhaltsstoffe und damit Schädigung mehr erfolgt. Viele Spezialisten erkennen ihre Fraßpflanze häufig genau an ihren Inhaltsstoffen und manche gut angepassten Herbivoren nutzen die aufgenommenen sekundären Pflanzeninhaltsstoffe sogar für die eigene Verteidigung ( Sequestrierung ). Weitere Verhaltensanpassungen bestehen z. B. im aggregierten Angriff der Herbivore zur Überwindung der Wirtspflanzenabwehr, wie er bei Borkenkäfern zu beobachten ist. Die indirekte Verteidigung durch mutualistische Bodyguards der Pflanzen können Herbivore dadurch umgehen, dass sie ihre Eier an Pflanzen legen, die noch nicht befallen sind und daher keine Synomone abgeben. Weitere Strategien scheinen darin zu bestehen, solche Pflanzen zu bevorzugen, bei denendie Synomone durch eine große Vielfalt anderer Duftstoffe benachbarter Nichtwirtspflanzen maskiert sind oder die Eier in Habitaten mit hoher struktureller Diversität abzulegen, sodass sie von Parasitoiden nicht mehr gefunden werden können.
    Die Hypothese der biochemischen Koevolution von Pflanzen und Herbivoren. Bei der Betrachtung der Artenzahlen innerhalb der Pflanzen und Tiere fällt auf, dass sich

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