Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
Aminosäuren, cyanogene Glykoside, Glucosinolate, Terpenoide, Phenole und Polyazetate ( Botanik ). Viele sind pharmakologisch aktiv, weswegen die betreffenden Pflanzen als Heilpflanzen genutzt werden oder die Inhaltsstoffe als Grundlage für Medikamente Verwendung finden. Bei Tieren werden Allomone zur Abwehr von Feinden oft über bestimmte Drüsen, Drüsenhaare oder Stacheln abgegeben. Bei manchen Insekten sind die Substanzen in der Hämolymphe enthalten und werden durch Reflexbluten an den Gelenken oder durch Risse in der Kutikula freigesetzt (engl. easy bleeding : leichtes Bluten). Andere Arten wehren sich durch die Abgabe von Nahrungspartikeln oder Sekreten aus der Mundöffnung ( Regurgitieren ) oder durch die Abgabe von Kot. Schließlich können Gifte auch in Körperteilen enthalten sein (z. B. Schmetterlingsflügel) und auf den Feind wirken, sobald er das Opfer verletzt. Bei Verteidigungsallomonen handelt es sich oft um sehr reaktive, niedermolekulare Wirkstoffe (z. B. Chinone, Säuren), die manchmal in weniger reaktiven Flüssigkeiten gelöst sind (z. B. Alkane, Alkene) und an den Einsatzort gebracht werden, z. B. durch die Kutikula eines angreifenden Arthropoden.
Unter Pharmakophagie versteht man die Aufnahme von pflanzlichen, sekundären Inhaltsstoffen, die nicht als Nahrung dienen, sondern anderen Zwecken, z. B. als Vorstufe für die Bildung von Abwehrsubstanzen oder von Pheromonen ( Sequestrierung ) oder direkt als Medizin gegen Parasiten.
Eng verknüpft mit dem Auftreten oder dem Fehlen chemischer Verteidigung sind die Färbung und die Lebensweise von Tieren (Tab. 3. 4 ). Dabei lassen sich zwei Strategien unterscheiden: Arten, die chemisch verteidigt sind, zeigen häufig eine auffällige Färbung ( Aposematismus ) und leben in Aggregationen, d. h. gregär . Offenbar dient hier die Farbe möglichen Angreifern als Warnung vor der chemischen Verteidigung. Dieser Effekt wird durch das Leben in einer Gruppe noch verstärkt. Tatsächlich kann man zeigen, dass insektenfressende Vögel auffällig gefärbte, giftige Opfer als Nahrung meiden. Diese Meidung ist entweder angeboren oder wird nach wenigen Erfahrungen erlernt. Arten, die nicht verteidigt sind, haben meist eine unauffällige ( kryptische ) Färbung, die an den Untergrund angepasst ist und treten einzeln ( solitär ) auf. Da sie gegenüber Feinden schutzlos sind, geht es für sie darum, möglichst nicht entdeckt zu werden.
Eine ganze Reihe von Tieren imitiert die Warnfärbung chemisch verteidigter Tierarten, obwohl sie selbst nicht verteidigt sind. Diese Arten profitieren davon, dass potentielle Räuber sie als Beute meiden, wie manche harmlose Schwebfliegenarten, welche die gelb-schwarze Warnfärbung von Faltenwespen imitieren ( Bates’sche Mimikry ). Daneben kommt es auch vor, dass zwei oder mehr Tierarten, die alle chemisch verteidigt sind, dieselbe Warnfärbung besitzen. Auf diese Weise wird die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass potentielle Räuber die betreffende Warnfärbung erlernen und anschließend meiden, sodass alle Arten durch die Färbung einen besseren Schutz genießen ( Müller’sche Mimikry ). Eine besondere Form von Mimikry ist bei manchen Pflanzen zu beobachten: Durch Färbung imitieren sie das Vorhandensein von aggressiven Ameisen oder einen bereits vorhandenen Befall mit Blattläusen oder Schmetterlingsraupen und schrecken dadurch herbivore Insekten ab, sie anzugreifen.
Als Aggressive Mimikry oder Peckham’sche Mimikry wird die Anlockung von Beutetieren durch Räuber bezeichnet. Erfolgt die Anlockung durch chemische Signale, dann sind diese definitionsgemäß ebenfalls Allomone. Das bekannteste Beispiel sind nordamerikanische Bolaspinnen. Durch Abgabe von Mottensexualpheromonen locken sie Mottenmännchen in die Nähe ihres Spinnfadens, an dessen Ende sich ein Tropfen Klebsekret befindet, mit dem die Motten schließlich gefangen werden. Eine weniger aggressive Nutzung von Allomonen findet sich bei manchen Orchideenarten. Die Blüten geben die Weibchenpheromone bestimmter Wildbienenarten ab. Die angelockten Wildbienenmännchen versuchen sich mit den Blüten zu paaren und werden so als Pollenüberträger genutzt (Abb. 3. 18c ). Der Einsatz von Allomonen gegen Konkurrenten spielt v. a. in marinen Lebensräumen eine große Rolle, wo unter den zahlreichen sessilen Organismen (Schwämme, Korallen, Moostierchen, Algen, Würmer etc.) große Konkurrenz um Raum zum Besiedeln herrscht. Viele Organismen geben daher chemische Gifte ab, mit
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