Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
fortpflanzen können und alle Eigenschaften, die zu einer erfolgreichen Wirtsfindung und Parasitierung führen, unter einem hohen Selektionsdruck stehen. Wie bei echten Parasiten lassen sich Ektoparasitoide , die von außen an ihrem Wirt fressen, von Endoparasitoiden unterscheiden, die in ihrem Wirt leben. Je nach dem Wirtsstadium, welches angegriffen und parasitiert wird, unterscheidet man darüber hinaus Ei- , Larval- , Pupal- und Adultparasitoide .
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Unter biologischer Schädlingsbekämpfung ( biocontrol, biological control ) versteht man streng genommen die Bekämpfung eines Schädlings mithilfe seiner natürlichen Feinde, sogenannten Nützlingen. Eine erweiterte Definition umfasst auch die Nutzung von Pheromonfallen oder anderen „natürlichen“ Methoden zur Bekämpfung. Bei diesen Nützlingen handelt es sich meist um Parasitoide, Räuber oder Mikroorganismen. Grob lassen sich vier Möglichkeiten der biologischen Schädlingsbekämpfung unterscheiden.
Bei der inokulativen biologischen Schädlingsbekämpfung ( inoculative biological control ) oder Ansiedlung ( colonization ) werden die natürlichen Feinde durch eine oder mehrere Freisetzungen von relativ wenigen Individuen im Bekämpfungsgebiet angesiedelt. Das Ziel ist, die Etablierung des Nützlings im Bekämpfungsgebiet und die Einstellung eines natürlichen Gleichgewichts zwischen Nützlings- und Schädlingspopulationen auf einem niedrigen Niveau, bei dem der Schädling kein Problem mehr darstellt.
Diese Form der Freisetzung wird bei der klassischen biologischen Bekämpfung ( classical biological control ) verwendet. Dabei werden Tiere oder Pflanzen, die aus einem anderen Land stammen ( Neozoen , Neophyten ) dadurch bekämpft, dass ihre natürlichen Feinde aus dem Herkunftsland ebenfalls eingeführt werden. Eine Voraussetzung ist, dass die natürlichen Feinde sehr spezifisch sind und tatsächlich nur die Zielorganismen und keine anderen, einheimischen Arten angreifen. Um das sicher zu stellen, sind intensive Voruntersuchungen nötig. Die unsachgemäße Einführung generalistischer Räuber führt allerdings immer wieder zu Problemen. Ein aktuelles Beispiel ist der Harlekinmarienkäfer ( Harmonia axyridis ) aus Asien, der zur biologischen Bekämpfung von Schädlingen nach Europa eingeführt wurde und nun als überlegener Konkurrent und Räuber einheimische Marienkäferarten verdrängt bzw. frisst.
Der inokulativen Methode steht die Überschwemmungsmethode ( inundative biological control ) gegenüber. Dabei werden große Mengen der natürlichen Feinde freigesetzt und das natürliche Gleichgewicht zwischen Feind und Opfer zugunsten des Feindes verschoben. Ziel bei dieser Methode ist ein Zusammenbruch der Schädlingspopulation, wobei es nicht erforderlich ist, dass der Nützling sich längerfristig etabliert. Falls eine einmalige Freilassung nicht den gewünschten Effekt hat, werden weitere Freisetzungen durchgeführt. Dieses Verfahren wird häufig mit parasitischen Wespen der Gattung Trichogramma zur Bekämpfung schädlicher Schmetterlingsarten im Obstanbau, Getreideanbau und im Gewächshaus angewendet (Abb. 3. 23 ).
Abb. 3. 23. Wirts-Parasitoid-Beziehungen. a Eine Wespe der Parasitoidenart Cotesia glomerata parasitiert frisch geschlüpfte Raupen des Großen Kohlweißlings Pieris brassicae , die an Kohl fressen. Die Wespen finden die Raupen mithilfe von herbivoreninduzierten Synomonen ( Siehe hier ), die von den mit Raupen befallenen Kohlpflanzen abgegeben werden. (Foto von Johannes Steidle.) b Die Lagererzwespe Lariophagus distinguendus ist ein Parasitoid von Vorratsschädlingen wie den Larven des Kornkäfers. Gut zu sehen ist der Legestachel, der in das von einer Kornkäferlarve befallene Weizenkorn eingeführt ist. Die Wespe wird in Europa zur Biologischen Bekämpfung dieser Schädlinge in Getreidelagern eingesetzt. (Foto von Jana Collatz, Stuttgart und Urs Wyss, Kiel.)
Eine weitere Möglichkeit ist schließlich die Förderung natürlicher Feinde , die bereits vorhanden sind ( conservation biological control ). Dazu können z. B. Ackerrandstreifen begrünt oder Hecken angelegt werden, um auf diese Weise ganzjährig zusätzliche Nahrungsquellen aus Blüten zu schaffen oder ein Angebot aus alternativen Wirts- oder Beutetieren. Die größten Vorteile der biologischen Bekämpfung liegen in der Vermeidung von Umweltbelastungen durch Pestizide und darin, dass keine Resistenzerscheinungen zu befürchten sind. Die Nachteile des Verfahrens bestehen darin,
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