Taschenlehrbuch Biologie - Evolution - Oekologie
safety in numbers ) oder um eine gemeinsame und damit effektivere Verteidigung z. B. mit chemischen Abwehrstoffen möglich zu machen. Viele stark gejagte Beutetiere sind r-Strategen, die durch hohe Nachkommenzahlen die Verluste ausgleichen.
Abb. 3. 22 Räuber-Beute. Ein räuberischer Laufkäfer der Gattung Dyschirius frisst einen Kurzflügelkäfer der Gattung Bledius . (Foto von Johannes Steidle, Stuttgart.)
Während die Wirkung eines Räubers auf das einzelne Beuteindividuum beim Aufeinandertreffen sicher negativ ist, muss das nicht unbedingt für die Beutepopulation als Ganzes gelten. Es kann sein, dass Räuber die Population der Beutetiere reduzieren, es kann aber auch sein, dass sie keinen Einfluss auf die Größe der Beutepopulation haben. Dies kann daran liegen, dass Räuber oft selektivjunge, alte und/oder schwache Individuen einer Population bejagen, weil diese am leichtesten zu fangen und zu überwältigen sind. Junge und alte Individuen tragen noch nicht oder nicht mehr zum Wachstum der Population bei und schwache Individuen würden auch schlechten Umweltbedingungen (Winter, Trockenheit) zum Opfer fallen. Möglicherweise führt die Bejagung durch Räuber auch zu einer Abnahme der Konkurrenz bei den überlebenden Individuen, die sich dadurch wieder stärker vermehren können.
3.4.9 Parasit-Wirts-Beziehungen
Parasiten sind meist sehr viel kleiner als die von ihnen befallenen Wirte und häufig wird ein einziger Wirt von vielen Parasitenindividuen befallen. Parasiten halten sich zeitweise oder ständig an oder in ihrem Wirt auf, wobei der Wirtsorganismus nicht unbedingt ernsthaft erkranken muss. Häufig wird er aber durch Stoffwechselendprodukte der Parasiten oder durch mechanische Verletzungen beeinträchtigt ( Parasitosen ). Nicht immer ist die schädigende Wirkung sofort ersichtlich und häufig sind parasitische Beziehungen nur schwer von symbiotischen oder parabiotischen Beziehungen zu unterscheiden.
Neben der oben dargestellten Einteilung (Abb. 3. 15 ) lassen sich Parasitentypen auch hinsichtlich ihres Lebensraumes, der Dauer und Notwendigkeit der parasitischen Lebensweise oder ihrer Größe und Vermehrung unterscheiden. Ektoparasiten (Zecken, Blutegel) leben auf dem Körper ihres Wirtes, Endoparasiten (Bandwürmer, Spulwürmer) in seinem Körperinneren. Temporäre Parasiten (Zecken, Blutegel) suchen den Wirt nur zur vorübergehenden Nahrungsaufnahme auf, periodische Parasiten sind in bestimmten Entwicklungsphasen parasitisch, in anderen aber freilebend, wie Leberegel und Dasselfliegen. Permanente Parasiten bleiben in allen aktiven Entwicklungsstadien bei ihrem Wirt, wie Läuse oder Krätzemilben. Obligate Parasiten müssen zumindest zeitweise einen Wirt aufsuchen, um sich vermehren zu können (z. B. pflanzliche Holoparasiten, Bandwürmer, Mehltaupilze), fakultative Parasiten sind auch ohne den Wirt lebensfähig (z. B. pflanzliche Hemiparasiten, viele Nematoden).
In der Ökologie, in der es darum geht Gemeinsamkeiten zwischen Parasiten aus den verschiedenen taxonomischen Gruppen festzuhalten, bewährt sich eine Einteilung in Mikro- und Makroparasiten. Mikroparasiten sind klein und leben und vermehren sich innerhalb des Wirtes, oft sogar intrazellulär. Da ihre Dichte nicht bestimmbar ist, bestimmt man bei Populationsanalysen die Anzahl der infizierten Wirte ( Prävalenz ). Zu den Mikroparasiten gehören Bakterien, Protozoen und einfache Pilze. Viele Mikroparasiten werden durch Arthropoden als Vektoren übertragen. Parasitische Mikroorganismen des Menschen werden in der Medizin zusammenfassend als Krankheitserreger ( Pathogene ) bezeichnet, wobei auch Viren mit eingeschlossen sind. Makroparasiten leben und wachsen im Wirt, sie vermehren sich aber durch infektiöse freie Stadien. Makroparasiten sind als Individuen direkt zählbar, sodass die Populationsdynamik von Parasitund Wirt getrennt verfolgt werden kann. Zu den Makroparasiten gehören verschiedene Pilze (höhere Pilze, Mehltau, Rostpilze), Ektoparasiten der Tiere, Eingeweidewürmer, gallbildende Insekten und pflanzliche Parasiten wie Teufelszwirn und Sommerwurz.
Im Laufe der Entwicklung eines Parasiten kann es zu einem Wirtswechsel kommen, der mit einem Generationswechsel und mit einem Wechsel von makroparasitischer zu mikroparasitischer Lebensweise verbunden sein kann. Als Endwirt gilt immer der Wirt, in dem der Parasit die Geschlechtsreife erlangt, im Zwischenwirt findet dagegen nur eine Reifung oder eine ungeschlechtliche Vermehrung statt.
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