Tascosa (German Edition)
Hände. Es übermannte
sie, Nate war zu lange weg. Sie hatte über einen Monat nichts von ihm gehört.
Obwohl sie es nicht wollte, überkam Depression ihre Gedanken.
"Nate, wo bist du?" flüsterte sie in
den leeren, eisigen Raum. Sie blickte aus dem Fenster in einen dunklen Morgen
ohne Sonne, Regen lief die Scheiben runter. Durch den Regen sah sie, wie die
Postkutschengäste vom Hotel über die matschige Straße zum Frühstück kamen. Sie
seufzte schwer und schloss die Tür auf, ging in die Küche und fing an zu
kochen.
Es regnete den ganzen Tag ohne Unterlass. Joey
und Amanda liefen ständig hin und her, um das Regenwasser aus den Pfannen zu
leeren. Irgendwann am grauen Nachmittag, kam Brian herein. Er trug eine
durchnässte Regenjacke. Er zog sie an der Tür aus und marschierte in die Küche.
"Hallo Köchin!" rief er, als er
durchkam und die Pfannen sah. Amanda kam an die Küchentür und begrüßte ihn.
"Oh, was sehen meine schmerzenden
Augen", lächelte sie.
"Sieht aus, als ob es hier drin auch
regnet", sagte er.
Amanda runzelte nur die Stirn und schenkte ihm
eine Tasse heißen Kaffee ein. "Willst du ein Stück Kuchen dazu?"
"Na klar. Du weißt, ich liebe deine
Kuchen."
Sie stellte ein Viertel Apfelkuchen vor ihn
hin und gesellte sich zu ihm, während er aß. Sie saßen eine Weile still
beisammen und lauschten wie der Regen aufs Dach niederprasselte und in die
Pfannen tropfte.
"Was mach ich denn bloß mit diesen
Lecks?" fragte sie nach einem Moment.
"Wahrscheinlich brauchst du ein neues
Dach. Das hier ist schlecht beinander."
"Ein neues Dach?" Sie stand auf und
ging zum Herd, weil sie nicht wollte, dass er ihre Enttäuschung sah. "Das
klingt teuer. Kann ich nicht einfach die Lecks flicken?"
"Kann sein. Jemand muss hinaufklettern
und es ansehn." Brian stand auf, stellte sich hinter sie und legte die
Hände auf ihre Schultern. "Ich kann dir jemand herschicken, wenn es
aufhört zu regnen. Mach dir deswegen keine Sorgen, Amanda. Es kommt schon
wieder in Ordnung."
"Danke, Brian." Sie drehte sich zu
ihm um und umarmte ihn. "Du bist mir so ein guter Freund." Bevor er
reagieren konnte, trat sie zurück. "Ich muss fertig werden für den Ansturm
zum Abendessen, obwohl ich nicht weiß, wie viele Leute sich bei dem Wetter
herauswagen werden."
"Nun, ich wollte nur schnell vorbeischaun
und sehen, wie's dir geht." Er hielt sie an den Händen und beugte sich
vor, um ihr einen Kuss zu geben, und erreichte — wieder einmal — nur ihre
Wange. "Ich lass dieses Dach überprüfen, sobald ich kann." Er ließ
sie los und ging zurück durch den Speisesaal und zur Tür hinaus.
"Du weißt, dass er dich gern hat",
bemerkte Joey.
"Nö, ist nur ein guter Freund."
* * *
Je mehr Zeit Brian mit Amanda verbrachte, umso
mehr wusste er, dass er sie zur Frau haben wollte, sie in seinen Armen halten,
bei Tisch bei ihr sitzen und mit ihr im Bett liegen. Für den mächtigen
ungeduldigen Mann wurde sie langsam zur Besessenheit. Er hatte sich alles im
Kampf erobert und hatte niemals erlaubt, dass jemand oder etwas zwischen ihm
und dem was er wollte, stand.
Daher war seine Geduld mit Amanda und ihrer
Schüchternheit bald am Ende. Sie ließ ihn ihre Hand oder Wange küssen, aber
niemals ihre Lippen. Gedanken an irgendwie mehr schienen unerreichbar. Er
überlegte, dass es, so wie die Zeit verstrich, nicht wegen Nate sein konnte. Er
war schon viel zu lange weg, fast sechs Monate. Also war es vielleicht so, dass
sie nur schüchtern war und nicht wusste, was sie tun sollte. Vielleicht war es
Zeit, dass er den nächsten Schritt tat.
* * *
Trotz strahlendem Sonnenschein blies ein
arktischer Dezemberwind von Kanada herüber und ließ es Männern und Pferden
gleichermaßen schlecht gehen. Der Wind blies statische Aufladung in das
Winterfell der Pferde und versetzte den Tieren genauso wie den Menschen einen
elektrischen Schock, wann immer sie sich berührten. Nate war an diesem Morgen
dreimal von einer mies-gelaunten Fuchsstute abgeworfen worden, und er war
scheinbar mehr als bereit, entweder sich oder das Pferd mit einer
gut-platzierten Kugel aus diesem Elend zu erlösen.
"Bei diesem Wind können wir nicht
arbeiten!" fauchte er Bill an und fing grade noch seinen Hut auf, bevor er
weggeblasen wurde. Bill nickte nur und stellte seinen Kragen gegen den Wind
hoch.
"Versuch's erst mit 'nem andern
Pferd", schlug Randy vor. "Gönn dem hier 'ne Pause."
"Ja, vielleicht." Nate führte die
Stute zurück zu den andern und fing mit dem
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