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Tastenfieber und Liebeslust

Titel: Tastenfieber und Liebeslust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Mascha Blankenburg
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geht. Er wird sicher den ganzen Tag schlafen. Sag mir, wann Du mich brauchst. Ich komme dann vorbei.
    Dein Retter
     
     
    2regenbogen@ web.de
    4. August – 19:16 Uhr
    Lieber Maximilian,
    vielen Dank für Ihr Mail, das mich unter ganz verschiedenen Aspekten in Erstaunen versetzte. Ich gehe im Folgenden Ihrem Schreiben nach. Veranstalten Sie einen Wettbewerb für Damen im Stabhochsprung?
    Zur griechischen Sprache: gynophil – schauen Sie am besten mal bei Wikipedia nach. Ich möchte Sie ja nicht belehren, da ich als Lehrerin diesbezüglich genug zu tun hatte. Wikipedia kann das außerdem viel besser als ich.
     
    Es sieht so aus, als sei aus allen Ihren Kindern etwas geworden! Gratulation. Sie wissen es: Das ist ein Geschenk des Himmels. Meine erste Tochter war wie ich Germanistin und glücklich in ihrem Lehrerberuf. Von ihr sind mir meine beiden Enkelkinder geblieben. Vor drei Jahren ist sie an Krebs gestorben.
    Mehr möchte ich darüber nicht schreiben.
    Dann kam ein Sohn, der heute in Paris lebt und ein erfolgreicher Fotograf geworden ist. Mein Ex-Mann und ich unterrichteten einige Jahre am Deutsch-Französischen Gymnasium in Buc bei Versailles, eine staatliche französische Schule mit deutsch-französischem Abitur. Sie besitzt eine deutsche und eine französische Abteilung, an denen deutsche und französische Schüler bilingual und bikulturell unterrichtet werden. Es war eine wunderbare Zeit!
    Mein Sohn fotografierte bereits in der Kindheit sehr besonders, er wählte ganz eigenwillig unbedeutende Details aus. Es kam für ihn eigentlich kein anderer Beruf infrage. Er ist in Frankreich geblieben, fühlt sich als Franzose und kann sich ein Leben in Deutschland gar nicht mehr vorstellen.
    Meine ›kleine‹ Tochter wurde Tänzerin und fand an der Oper in Lyon eine solistische Anstellung. Wegen ihrer Ehe gab sie ihre Stelle auf. Die Scheidung vor vier Jahren warf sie noch heftiger aus der Bahn, eine Anstellung als Solistin konnte sie nicht finden, und im Ensemble wollte sie nicht tanzen. Heute leitet sie in Berlin ein Gymnastikstudio.
    So viel zu meiner Brut, wie Sie sich ausdrücken. Haben Sie denn jemals gebrütet? Auch hier können Sie bei Wikipedia fündig werden, sollten Sie etwas verwirrt sein!
     
    Nun zu Ihren beiden Vorschlägen zum Kennenlernen!
    Die Entweder (alte Theorie) scheinen Sie ja gut zu kennen! Ihre Beschreibung ist so präzise, dass Sie Ihre verlorene Zeit bei diesem Unterfangen wahrscheinlich noch heute beklagen.
    Die Oder (neue Theorie) lässt auf eine verklemmte Fantasie schließen, wenn überhaupt. Eigentlich zeichnet sie sich durch Fantasielosigkeit aus. Gar nicht mein Stil. Und hier noch die Frage: Suchen Sie in der Tat eine umfassend gebildete Partnerin? Oder wollen Sie sich als Witzbold profilieren? (Pardon)
     
    Ich neige in Liebesangelegenheiten nicht zu Theorien, dennoch hätte ich bessere Vorschläge zu machen: Wenn sich die beiden Kandidaten ausgiebig über Mail ausgetauscht haben und sich immer noch kennenlernen wollen, treffen sie sich in einem Berliner Bistro. Dort trinken sie einen Merlot, und wenn sie sich gefallen, auch zwei oder drei.
    In dieser Stimmung bringt der Herr die Dame nach Hause – und, wenn Amor seinen Pfeil bereits abgeschossen hat, wird es – natürlich – die Dame sein, die zu weiteren Unternehmungen einlade n wird. Was sind wir ohne Wein und ohne Amor? Sollte Amor keinen Pfeil mehr in seinem Köcher gehabt haben, da er schon so viele Kontaktanzeigenbewerber beglückt hat, sind beide müde und sehnen sich nach dem Alleinsein.
     
    Es war nicht die beste Idee, Ihren geschichtsträchtigen Namen preiszugeben, denn mit Ihren etwas verkorksten Theorien haben Sie Ihrer Familie weiß Gott keine Ehre gemacht. Oder wollten Sie umfassend gebildete Damen mit dem ›Baron‹ beeindrucken? Wir sollten uns doch nicht mit unserer Herkunft brüsten! Haben Sie das nicht in Ihrem Elternhaus gelernt?
    Dennoch – ich habe ein Faible für Witzbolde. Sie dürfen mir wieder schreiben.
    Aus Paritätsgründen unterzeichne auch ich mit vollem Namen.
    Marion Freifrau von Hutten
     
     
    pockroy@ web.de
    4. August – 20:22 Uhr
    Liebe Marion,
    den Hinweis mit meinem Namen nehme ich sehr ernst. Es war aber nur Nachlässigkeit! Ich hatte vor dem Versenden meist unter ›Absender bearbeiten‹ die Urheberschaft entfernt und wollte eigentlich im Stil der Dunkelmänner Briefe versenden. Manchmal war eben nicht der Absender, sondern der Inhalt dunkel. Insgesamt habe ich über zweihundert

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