Tastenfieber und Liebeslust
Wer ist denn so maß- und hemmungslos, dass er nach einer rauschhaften und erfüllten Liebesnacht ungefragt nach dem Aufwachen seine noch schlafende Bettgenossin einfach so benutzt? Du doch!
Ich habe mich extra nicht gerührt oder bewegt, in der Hoffnung, dass es dann schneller vorübergeht.
Nach dem Frühstück weiche ich unauffällig zum PC aus, erneut in der Hoffnung auf Ruhe und Gelassenheit. Höchstens drei Sekunden später sitzt Du hinter mir und streichelst mich so besitzergreifend, dass ich Sternchen sehe und nichts mehr auf die Reihe kriege, und dann schimpfst Du auch noch, dass ich mich so oft vertippe und alles durcheinanderbringe.
Dann lege ich mich ins Bett, um noch ein bisschen zu schlafen. Du verfolgst mich heimlich, und eh ich es bemerke, liegst Du schon wieder neben mir, nackt wohlgemerkt, und ich wusste gleich, was das bedeutet! Und tatsächlich! Dann stecktest Du einfach wieder Dein Stängelchen in meine Vase.
Um diese Bedrängung zu beenden, erwähne ich, dass ich jetzt ein Bad nehmen will. Statt Dich nun endlich zurückzuziehen und zu kapieren, dass Deine Bettgenossin Busen und Perle sich erholen lassen will, springst Du ins Wasser, obwohl es fast kochend heiß ist, und besetzt den größten Teil der Wanne.
Da ich kaltes Wasser nachlaufen lasse, bevor ich einsteige, bist Du böse, weil Du so lange warten musst, bis ich endlich ins Wasser komme, mich setze – und was machst Du dann?
Sofort in medias res. Dein Kopf verschwindet zwischen meinen Beinen!
Amore, sieh also ein, dass Du es einfach zu bunt treibst!
Und dann willst Du auch noch Knoblauch zur Potenzförderung nehmen?
Deine Eva
5. August – 21:28 Uhr
Amorissima, ich habe herzlich gelacht!
Aber es war doch ganz anders! Du bist einfach da, mit Deiner Haut, Deinem Geruch und Deiner Ausstrahlung! Alles verwirrt mich.
Mit meiner jüngsten Tochter gab es eben ein erfreuliches Gespräch. Sie hat gesagt, Sie habe die Zeit und die Unterhaltung mit Dir genossen und Dich sehr gern. Sie meinte, Du würdest zu mir passen (hört, hört, so ein Grünschnabel!).
Gute Nacht, mein Liebling, schlafe schön.
Amore
6. August – 00:16 Uhr
Mein Geliebter,
heute, erst nach 14 Uhr, kam doch die Post noch an. Drei Briefe. Mir schrieb u. a. ein professioneller Stadtführer! Ist das nicht süß? Aber das Foto, das er beilegte! Hilfe! Nicht die kleinste körperliche Annäherung wäre mir möglich. Schrecklich! Ich werde es Dir zeigen.
Dann ein Diplom-Betriebswirt, aus dessen Brief so viel Einsamkeit und Erlösungshoffnung spricht, dass ich ganz traurig wurde.
Dann ein Historiker, der netteste Brief. Dem werde ich auch antworten. Und dann denke ich: Welches Glück wir haben, dass wir uns so gut riechen können und so gerne zusammen sind.
Zu Deiner Tochter: Ich kenne sie natürlich nur von unserer kurzen Unterhaltung, denke aber, dass ich viel und auch offen mit ihr sprechen kann, und vielleicht kann ich ihr zu einem besseren Verständnis für Dich verhelfen. So wie Du vielleicht zwischen meinem Vater und mir vermitteln kannst. Wer weiß? Wir werden sehen.
Angelo mio, ich schließe Dich in meine Arme.
Deine Eva
6. August – 00:43 Uhr
Amore,
vergiss alle Gedanken über Deine Potenz, liebe mich einfach von Herzen. Wenn ich das fühle, kommt alle körperliche Hingabe bei mir wie von selbst, wie Sternenregen, wie eine wahnsinnige Raserei! Ich liebe Dich. Du bist zauberhaft.
Deine Eva
6. August – 08:12 Uhr
Mein Evachen,
vielen Dank für Deine süßen Mails. Zunehmend erkenne ich, dass ich einen Sechser – mit Zusatzzahl! – im Lotto gewonnen habe. Heinrich scheint Deine Freundschaft mit Dir wieder zu suchen. Dies freut mich. Ich fände es wunderbar, wenn alle Deine ›Leichen im Keller‹, also inklusive Vater, zum Leben erweckt würden. Ich glaube, man trägt an einer ewigen Last, wenn eine Beziehung und Freundschaft, die einmal große Bedeutung hatte, abrupt endet.
Wir werden nicht nur älter, sondern auch weiser und ruhiger. So wie wir Fehler machen und Freunde und Verwandte – meist nur unbewusst, unbeabsichtigt oder auch fremdbestimmt – vor den Kopf stoßen (das passiert Dir ja gelegentlich auch) und deshalb nicht den Menschen verlieren möchten, sollten wir anderen auch deren Fehler verzeihen.
Dein Katerchen
6. August – 09:56 Uhr
Mein Evachen,
Deine gestrigen Mails haben mich sehr glücklich gemacht. Danke. Ich bin nun zum ersten Mal seit unserem Kennenlernen ruhig und im
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