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Tastenfieber und Liebeslust

Titel: Tastenfieber und Liebeslust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Mascha Blankenburg
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40 Karten verkauft, aber was ist das in der Philharmonie!
    So kam ich auch gestern nicht zum Mailen. Seit Januar war ich nur mit Umzug, Möbelrücken, Anmelden, Ordnen, Bilder aufhängen, Lampen kaufen usw. beschäftigt, hatte bis vor zehn Tagen keinen Telefonanschluss und kein Internet, da die Telekom so diffus organisiert ist. So musste ich stunden- und tagelang mit deren Mitarbeitern in Erfurt, Stuttgart, Jena, Dresden, Würzburg usw. telefonieren und mich dann weiterleiten lassen, was stets im Nichts endete.
     
    Es ist nicht einfach, nach drei oder vier Mails das Sternzeichen des Gegenübers herauszufinden. Sie könnten ein Zwilling sein. Wenn nicht, lassen Sie mich bitte nicht weiterraten! Ich bin aber keine gläubige Astrologin, sondern nur ein wenig neugierig.
    Wollen wir morgen spazieren gehen? Könnten Sie um 15 Uhr? Am Montag könnte ich auch um die gleiche Zeit. Sie dürfen wählen! – Ja, Sie dürfen mich gerne Eva nennen!
    Liebe Grüße EVA
     
     
    16. März – 16:09 Uhr
    Liebe Eva,
    mir ist ein Stein vom Herzen gefallen! Ich befürchtete schon, dass ich mit meiner schnodderigen Art vielleicht etwas Falsches sagte.
    Es tut mir leid, dass die Pressekonferenz nicht angenommen wurde. Ich kenne dieses Gefühl etwas, da ich bei der Ärztekammer Niedersachsen Pressesprecher war. Ich saß häufig mit meinem Präsidenten verloren und vor allem frustriert herum, weil kein Schreiberling wissen wollte, was man dem unbedarften Volk an Bedeutendem mitzuteilen bereit war. Aber wenn es um einen ärztlichen Behandlungsfehler oder einen Abrechnungsbetrug ging, war die Journallie zahlreich vertreten und lauschte äußerst aufmerksam.
    In dem übersättigten Berlin Aufmerksamkeit zu finden, speziell im Kunst- und Kulturbereich, ist nun mal sehr schwer, und Ihren Ärger mit der Telekom kann ich nachvollziehen. Immer wechselnden Leuten muss man alles neu erklären und anschließend bewegt sich nichts.
    Der Wunsch einer Dame ist mir Befehl, sofern es nicht das Aufheben von Handschuhen betrifft! Sonnabend 15 Uhr passt mir sehr gut. Da ich Ihr nettes Bild aus Wikipedia (ganz Maestra am Flügel) kenne, muss ich Ihnen wohl fairerweise eine Ansicht von mir senden, damit Sie noch ausreichend Zeit haben, um sich erstens von dem Schreck zu erholen, und zweitens, um noch rechtzeitig absagen zu können. Wenn nicht, werde ich mir die Zähne putzen, die Fingernägel sauber machen und gekämmt pünktlich erscheinen!
    Liebe Grüße
    Ihr Maximilian
     
     
    16. März – 16:37 Uhr
    Caro Dottore,
    und wo sollen wir uns treffen? In einem Café? Sie kennen sicher ein nettes.
    Gruß
    Eva
     
     
    16. März – 19:12 Uhr
    Liebe Eva,
    Ihr Mut, mich trotz des zugesandten Fotos tatsächlich sehen zu wollen, begeistert mich, und ich bin prompt zum Friseur gegangen. Der fragte mich, ob ich mein Haar lang und offen trage, oder ob er lieber überm Ohr zwei Schnecken flechten sollte. Ich sagte: »Kurz! Ich stelle mich morgen bei einer Maestra vor.« Er war überrascht: »Wat’n bei’n Meester? Na, da wünsch ik dia viel Jlück! Is et n’Mala oda n’Klempna?« Nach dem Schnitt meinte er teilnahmsvoll: »Jutet Jelingen!« So trete ich mit den besten Wünschen eines Berliner Figaros morgen an! Zum Sternzeichen ist nichts zu sagen, denn Sie haben es gleich richtig erraten.
    Heute Mittag wollten Sie mit mir spazieren gehen. Nun ins Café. Wenn ich mich verabrede, treffe ich mich meist am Stuttgarter Platz, ›Stutti‹ genannt, im Café Dollinger. Der ›Stutti‹ ist in Berlin sehr beliebt, vor allem, wenn die Sonne scheint, weil man draußen sitzen kann und das Publikum angenehm, nicht mondän, aber auch nicht abgerissen ist.
    Die angrenzende Leonardstraße ist – insbesondere nachts – mit den alten Gaslaternen und den extrem breiten Bürgersteigen eine der stimmungsvollsten Berliner Straßen. Wenn man Wessis erzählt, die Bürgersteige seien dort breiter als die Straße, löst man immer Erstaunen aus. Der Hausflur vom ›Stutti‹ Nr.20 ist einer der pompösesten Berlins, zartester Jugendstil wechselt mit schwülstigstem Wilhelminischem Dekor (Barock und Renaissance). Also: Dollinger oder im Schlosspark spazieren gehen? Sie haben nun die Qual der Wahl!
    Liebe Grüße
    Maximilian
     
     
    16. März – 20:52 Uhr
    Lieber Maximilian,
    ich könnte mir vor unserem Treffen eigentlich auch noch Dauerwellen legen lassen. Dann hätte meine Frisur endlich die Form, die sie bräuchte.
    Also ich schlage vor, wir gehen erst etwas spazieren, wenn es nicht zu

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