Tastenfieber und Liebeslust
Anschließend haben wir unseren Rausch ausgeschlafen. So, nun weißt Du, wie wir hier so leben. Eins hat mir Claudio nach dem Essen gesagt (na ja, eher zugelallt): ›Ik fresse nie wieda Jrass, wenn et so’n juten vin de table mit pasta jibt.‹ Du bemerkst, er hat sich auch sprachlich in Berlin gut eingelebt.
Mehr ist eigentlich nicht zu sagen. Heute Abend konnte Claudio wieder schneller laufen als ich. Das wurmt mich natürlich. Ich glaube, das Essen war zu gut, und ich sollte ihn wieder mit dem miesen Büchsenfertigfraß beglücken.
1.001 Küsse. Wohin der eine geht, weißt Du sicher.
Dein Allerliebster
25. Mai – 22:13 Uhr
Mein geliebtes Samtkissen,
heute habe ich an meiner Empirelampe rumgebastelt. Ende nächster Woche habe ich alles zusammen und werde sie mir in den Flur hängen können. Es wird wohl die schönste Lampe sein, die ich je gesehen habe! Bis zu Deiner Rückkehr werde ich den Flur fast fertig haben. Nächstes Jahr kommt das Durchgangszimmer dran. Im übernächsten die Küche und in drei Jahren, als Krönung, das Wohnzimmer. Vorfreude ist ja bekanntlich die schönste Freude. Und wenn das stimmt, dann sollte man den Vorzeitraum möglichst lang halten und sich nicht jeden Wunsch ›sofort‹ befriedigen.
Vorhin hatten wir ein kräftiges Gewitter. Claudio war ganz verstört und ist immer noch sehr ängstlich. Er kroch noch nicht mal in seine geliebte Höhle, sondern liegt nur auf meinen Füßen. War er immer schon so ängstlich bei Gewittern?
Ich würde jetzt gern mit Dir etwas (oder auch etwas mehr) schmusen! Also doch Sofortbefriedigungstendenz! Deine beiden (traurigen) Lieblinge wünschen Dir gute Besserung und können das Wiedersehen nicht erwarten.
i. A. Claudio und Dein Cavaliere
28. Mai – 18:39 Uhr
Liebster Max,
ich bin froh, dass sich Claudio bei Dir wohlfuehlt, wenngleich ich etwas Sorge habe, dass er wieder krank wird wie beim Professore, als ich einen Monat auf Bali war. Er wird so oft von mir zu anderen Menschen gegeben, dass ich ein ganz schlechtes Gewissen habe, denn er leidet unter Heimweh. Aber vielleicht geht diesmal ja alles gut.
Herrliches, mildes Fruehlingswetter hier, leichte Luft und Sonnenschein. Umgeben bin ich von vielen Blumen, Olivenbaeumen, Pinien, Palmen und Weinbergen, es ist ideal zum Ferienmachen wie zum Arbeiten. Ich hoffe sehr, dass Du das naechste Mal mitkommst. Es ist ja auch viel preiswerter als Mecklenburg-Vorpommern und natuerlich tausendmal schoener!!! Ich bin immer etwas ratlos, wenn ich Deine Zurueckhaltung spuere. Warum sagst Du nicht einfach: ›Ja, ich freue mich und werde mit Dir reisen?‹
Heute ist Vladimirs Todestag. Natuerlich ist er mir hier sehr nahe. 17 Jahre gemeinsames Italien! Ich hatte Angst, wieder hierherzukommen, immer wieder tauchen Erinnerungen auf! Ach, Liebster, das Leben ist eben auch Last und Trauer.
Heute erster Diaet-Tag. Klappt gut. Gestern bis 3 Uhr nachts an meinem neuen Buch geschrieben. Die Zeit vergeht so schnell, und ich moechte mit einigen Seiten nach Berlin zurueckkommen.
Gratulation fuer die schoenste Lampe der Welt! Was macht Deine Arbeit? Gibt es da Sonne am Horizont? Ich wuensche es Dir. Ich denke oft an Dich, an uns beide und ueber uns beide nach.
Sei umarmt und gekuesst
Deine Eva
28. Mai – 22:22 Uhr
Mein Liebling,
ich genieße unsere Telefongespräche, aber Deine Mails d’amour erfreuen mich ebenfalls, wenn nicht sogar mehr, denn mit Mails fingen ja Dein Unglück und mein Glück an.
Heute war Claudio wieder bester Laune, wohl weil es zum ersten Mal seit vielen Tagen kein Gewitter gab. Im Moment kann ich nicht so schnell laufen, da ich mir bei der letzten Rennerei eine Muskelzerrung einfing, aber dennoch trödele ich nicht so rum wie meine Joggerkollegen im Lietzenseepark. Na ja, das Alter, es naht oder ist schon da! Es ist eben alles nicht mehr das, was es mal war. Nur im Bett mit Dir fühle ich mich jünger als vor vierzig Jahren!
Mein ganzer Ehrgeiz ist darauf gerichtet, dass Claudio nicht zum Arzt muss! Wenn schon das Frauchen von mir nicht gepflegt, deren Perlchen gestreichelt und Knospen beschmust werden können, dann soll sich zumindest ihr Hündchen bei mir wohlfühlen!
Bella Italia! Auch ich liebe das Land! Aber mit Meer, Strand und Blumen kann man mich nicht aus der Reserve locken. Mit Natur hatte ich noch nie was am Hütchen. Ich stamme aus einer Bauernfamilie. Mich interessieren an der Natur mehr die Fruchtfolge, die Anbaumethoden und die
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