Tastenfieber und Liebeslust
der Freude, das es mir anfänglich vermittelt hatte, verlor. Ich dachte zum ersten Mal daran, das Haus wieder zu verkaufen.
Ich ließ die Hundemutter von einem Arzt sterilisieren und die Kleinen mit einer Antibiotikakur behandeln. Dott. Neri berichtete mir nun von der traurigen Situation, in der sich so viele ausgestoßene Hunde hier befinden. Immer wieder gibt es Menschen, die ihn auffordern den Hunden die Stimmbänder durchzuschneiden, damit das lästige Bellen der Verlassenen aufhört. Das verweigert er natürlich stets.
Liebe Leserinnen, liebe Leser! Es wäre kein allzu großer Aufwand, hier ein Gehege zu bauen, in dem man diesen Hunden helfen könnte! Ich weiß, dass es in anderen südeuropäischen Ländern ebenso schlecht um die Hunde bestellt ist.
Ich weiß aber auch, dass es überall Menschen gibt, die darunter leiden und deshalb helfen. Das möchte ich auch tun: Ein Asyl für verlassene und kranke Hunde gründen, die dann dort geheilt und gepflegt werden können.
Italia ist so reich an Kultur! Aber Kultur, das ist nicht nur Architektur, Musik, Literatur und Malerei. Kultur beinhaltet ebenso einen würdevollen Umgang mit der Kreatur. Der italienische Dichter Dante schrieb: »Den moralischen Fortschritt eines Landes erkennt man daran, wie es mit seinen Tieren umgeht.«
Lieber Max, ich erhielt keine einzige Reaktion auf diesen Artikel. Ich stand wirklich alleine da, die Mehrzahl der Nachbarn grüßte mich nicht mehr. Und dann verkaufte ich das Haus.
Auf Ischia gibt es auch herrenlose Hunde, aber wenige. Man sieht sie manchmal in den Straßen, aber sie verhungern nicht, irgend jemand gibt ihnen immer wieder mal was zu fressen.
Ich umarme Dich
Deine Italienerin
1. Juni –19:11 Uhr
Evachen,
ja, ich weiß, wie man Tiere in den meisten Ländern unserer Welt behandelt. Und es wundert mich nicht, dass Du keine Reaktionen erhalten hast. Tiere werden generell fast überall nur als Nahrungsbeschaffung, Nutz- oder Arbeitsvieh angesehen. Ich hatte selbst viele Jahre Hunde, liebe sie und weiß, wie viel Gefühle sie zeigen können.
Meine heutige Gemütslage ist nicht die beste. Ich vermisse Dich so. Deshalb, frei nach Julie Schrader aus:
›Wenn ich liebe, seh ich Sterne‹
Mein Feuer wird verderben,
wenn Du es nicht mehr speist
Ich glaub’ ich werde sterben
mein Körper bald vereist.
Wann willst Du neu mich wecken
zum heit’ren Liebestanz
und meine Einfalt necken
von mir aus auch den …
Wann willst Du still mich kosen
wann herzen mich mit Lust?
Bedenke: selbst die Rosen
verblühn bei langem Frust.
Ich glaube, Dein Hund Claudio hat Dich abgeschrieben. Heute gab’s einen dicken Knochen und zur Belohnung ein Würstchen. Er weiß, dass er es bei mir wesentlich besser hat als Gott in Frankreich.
Lass doch regelmäßig was von Dir hören, mein Liebling!
Dein vereinsamter Max
2. Juni – 17:56 Uhr
Meine Geliebte,
heute erhielt ich vom Ministerium die Absage meines beantragten Forschungsprojektes. Zur Beruhigung teilte man mir mit, ich sei auf der Warteliste, wenn also andere zurückziehen oder Probleme hätten oder der Etat nicht ausgeschöpft wird, würde es doch noch gefördert. Ich weiß nicht, wie realistisch das Versprechen ist.
Da ich wen kenne, der einen kennt, der mit dem Schwager des zuständigen Abteilungsleiters entfernt bekannt ist, muss ich jetzt über diesen Weg rauskriegen, ob noch Chancen bestehen oder nicht. Wenn ja, werde ich weitermachen und versuchen, eine private Startfinanzierung auf die Beine zu stellen, wenn nein, werde ich wohl alles abblasen. Na ja, schade, denn alle fanden meinen theoretischen Ansatz überzeugend und die Umsetzung der Idee erfolgversprechend.
Es ist jetzt wieder kalt geworden. Der schöne Frühling ist wohl vorbei, hat aber vergessen, den Sommer einzuleiten. Die Absage, Deine Abwesenheit und das Wetter machen mich traurig.
Dein Max
4. Juni – 16:35 Uhr
Mein suesser Cavaliere und Maeuserich!
Ich kann nur zeitbegrenzt an den PC und mich deshalb nicht so lange austoben.
Sei bitte nicht traurig wegen des Forschungsauftrags! Du hast doch mich. Es wird vielleicht wirklich noch klappen! Wenn Du nur hier waerst! Ich wuerde Dich troesten.
So lange werden wir uns aber nicht mehr trennen, Geliebter, nicht wahr? Ich sehe oft Dein Gesicht, Dein Lachen vor mir, und immer wieder bin ich beeindruckt, dass Du eine so winzig kleine Zecke mit einem Ruck und mit allen Beinen aus Claudios Fell herausziehen
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