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Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Cruz Smith
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Mannschaftsraum zuzwinkerte und sich über dieses hohe Tier aus Moskau lustig machte. »Was kann ich für Sie tun?«
    »Wenn ich recht informiert bin, leiten Sie die Ermittlung zum Fall einer Leiche, die vor zehn Tagen an einem Ihrer Strände gefunden wurde.«
    »Ein männlicher Ermordeter, um die vierzig. Stimmt, auf der Nehrung.«
    »Nehrung?«
    »Wo das Land schmal wird. Wunderschöner Strand.«
    »Ist das Opfer nach wie vor nicht identifiziert?«
    »Kein Ausweis und keine Adresse, tut mir leid. Falls er eine Brieftasche hatte, ist sie weg. Ich bin bloß froh, dass es nicht im Hochsommer passiert ist, wenn der Strand von Familien wimmelt. Wie auch immer, wir haben eine Kugel aus seinem Kopf geholt. Kleines Kaliber, doch das wird auch manchmal von Profikillern benutzt.«
    »Ein Auftragsmörder?«
    »Meiner Meinung nach. Wir werden eine gründliche Ermittlung durchführen. Nur denken Sie daran, dass wir nicht die technischen Mittel haben wie Sie in Moskau. Oder das Geld, nachdem Moskau unser Geldsäckel leert. Moskau ist das Zentrum, und wir sind die Stiefkinder. Ich beschwere mich nicht, will Sie nur ins Bild setzen. Keine Sorge, wir gehen der Sache schon auf den Grund.«
    »Wie sah er aus?«
    »Wir hatten ein paar Fotos. Ich suche sie raus.«
    »Außer den Fotos, wie war Ihr Gesamteindruck des Opfers?«
    »Dünn. Klein und dünn.«
    »Seine Kleidung?«
    »Eng und glänzend.«
    Der Leutnant wollte die Sache hinziehen, dachte Arkadi.
    »Eng und glänzend wie Radfahrerkleidung?«
    »Könnte sein.«
    »Schuhe? In Ihrem Bericht werden keine erwähnt.«
    »Ach ja? Die hat er wohl ausgezogen, um im Sand zu laufen. Oder einer der einheimischen Jungen hat sie geklaut.«
    »Erscheint sinnvoll. Haben Sie sonst noch was gefunden?«
    »Was denn zum Beispiel?«
    »Na ja, wenn er Maler gewesen wäre, hätte er vielleicht Pinsel und eine Staffelei dabeigehabt. Oder wenn er Schmetterlinge sammelte, hätte er ein Netz gehabt. Wenn er Radfahrer war, hatte er ein Fahrrad. Er wurde am Strand gefunden. War da kein Fahrrad?«
    »Wer radelt schon im Sand?«, fragte Stasow.
    »Genau das frage ich Sie.«
    »Tut mir wirklich leid, aber ich kann Ihnen nicht helfen. Der Kerl war eine Schwuchtel.«
    Arkadi fragte sich, wie der Leutnant so etwas über einen Toten sagen konnte, den er nie kennengelernt hatte.
    »Hat er sich die Beine rasiert?«
    »Verrückt, was?«
    »Welche öffentlichen Verkehrsmittel gibt es von Kaliningrad zu dem Ort, den Sie die Nehrung nennen?«
    »Außerhalb der Saison keine.«
    »Man muss also dorthin fahren oder laufen?«
    »Nehme ich an.« Der Leutnant wurde jetzt vorsichtig.
    »Wurden Autos als gestohlen gemeldet oder in der Nähe des Strandes abgestellt?«
    »Nein.«
    »Fahrräder?«
    »Nein.«
    »Helme?«
    »Verdammt, Renko, machen Sie mal halblang. Ich gebe Ihnen Bescheid, wenn wir etwas finden.«
    »Sagen Sie mir noch mal, wo die Leiche genau entdeckt wurde.«
    Leutnant Stasow legte auf, und Arkadi starrte aus dem Küchenfenster. Der Kaffee war widerlich. Er war am Abend zuvor aufgebrüht und mindestens zweimal aufgewärmt worden. Arkadi hatte gehört, dass japanische Restaurants danach eingestuft wurden, wie oft sie dasselbe Kochöl verwendeten. Natürlich war es beim ersten Mal am besten. Dann wurde das Öl von vielen Restaurants in Folge benutzt, bis es zu braunem Matsch wurde. Er sinnierte über seiner Tasse und überlegte, was der Rekord sein mochte. Immer ein Kick für das Herz. Er trank die Tasse in einem Schluck leer.
    Professionelle Radsportler rasierten sich die Beine für einen winzigen Vorteil bei der Aerodynamik. Ein Amateur könnte das auch tun, wenn er die Sache ernst genug nahm. Ernst genug, um sich ein maßgefertigtes Rad anzuschaffen. Welche Art von Persönlichkeit müsste das sein? Athletisch. Leistungsorientiert. Älter als fünfundzwanzig, jünger als fünfundvierzig. Bereit, einen Großteil seines Lebens dem Radfahren zu widmen. Gut organisiert, kein Russe. Obsessiv. Schweizer? Deutscher? Zufrieden damit, allein zu reisen und zu beruflichen Zwecken; niemand fuhr zum Spaß nach Kaliningrad. Was das betraf, niemand hatte ihn als vermisst gemeldet. Ein unsichtbarer Mann.
    Arkadi schrak zusammen, als er Schenja hinter sich stehen sah.
    »In Trance?«, fragte Schenja.
    »Hab nur nachgedacht.«
    »Tja, sieht komisch aus.«
    »Zweifellos«, sagte Arkadi.
    »Ich wollte mir nur ein paar Klamotten holen. Mehr nicht.«
    Inzwischen war klar, dass Schenja nie einen Siegtreffer im Dynamo-Stadion schießen

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