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Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Cruz Smith
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»Deswegen hat es so lange gedauert, bis die Leichen entdeckt wurden.«
    Die Winkel der Eintrittswunden deuteten darauf hin, dass die Männer stehend erschossen worden waren. In beiden Fällen war das Geschoss durch den rechten hinteren Quadranten des Schädels eingedrungen und durch das gegenüberliegende Auge ausgetreten. Hingerichtet, nicht gestorben. Das fehlende Blut am Grabstein und auf dem Boden um sie herum ließ darauf schließen, dass die Opfer woanders erschossen und zu Grischas Grabstein gebracht worden waren, um dem Ganzen noch mehr Wirkung zu verleihen.
    »Wie Buchstützen«, sagte Blok.
    »Wie ein Bandenkrieg«, sagte Slowo. »Na, wir werden es bald hinter uns haben.«
    »Zählen die Tage.«
    »Ruhe und Frieden.«
    Arkadi ließ den Strahl seiner Stiftlampe erst über die eine, dann über die andere Leiche wandern. Revolver waren zuverlässig, und Glocks waren beliebt, aber echte Künstler benutzten eine Pistole mit Kaliber .22, deren Patrone wie eine Billardkugel im Schädel herumrollte und sogar drinblieb. An den toten Männern war jedoch nichts sauber. Sie waren von Kopf bis Fuß mit Blut und grauer Gehirnmasse bespritzt, als hätten sie beide ein letztes gewaltiges Niesen ausgestoßen.
    »Das ergibt keinen Sinn«, sagte Arkadi. »Wer würde denn jetzt einen Bandenkrieg anzetteln? Der Topf köchelt dauernd, aber mittlerweile gibt es eine Art Übereinkommen. Eine Gleichstellung. Alle verdienen Geld.«
    »Das ändert nichts an der Tatsache, dass sie Killer sind«, meinte Slowo.
    »Sie würden ihre Mutter erschießen, wenn die auf einem Dollarschein stünde«, bekräftigte Blok.
    »Für mich sieht das wie ein Bandenkrieg aus«, sagte Viktor. »Jetzt hat Alexi was zu tun.«
    Arkadi betrachtete Grischas Grabstein und das lebensgroße, in Granit gemeißelte Porträt. War das die Pyramide eines Gangsters, sein Wahrzeichen für die Jahrhunderte? Oder eine Biografie der ausschließlich guten Seiten: der honorige Bürger, Bonvivant, großzügige Spendengeber, markige Sportsmann, Familienvater, der mit einem Fuß auf der Stoßstange eines Jeep Cherokee stand, ein Skihang im Hintergrund, mit der schräg sitzenden Mütze eines Jachtbesitzers und dem Grinsen eines Mannes, der alles besaß. Doch irgendwas fehlte oder stimmte nicht ganz.
    »Der Autoschlüssel fehlt«, bemerkte Viktor.
    Der Schlüssel war von der Oberfläche des Grabsteins abgerissen worden, eine Botschaft, die jeder verstehen konnte.
    »Da fällt mir was ein«, sagte Slowo an Arkadi gewandt. »Abdul Khan will dich sehen.«
    » Der Abdul Khan?«
    »Genau genommen will er mit demjenigen reden, der den Fall Tatjana Petrowna bearbeitet. Ich hab ihm gesagt, es gebe keinen Fall mehr, aber das wollte er nicht wahrhaben. Ich sagte, du würdest dich mit ihm in Verbindung setzen.«
    »Abdul ist einer deiner Spieler im Fall Tatjana«, erinnerte ihn Viktor.
    »Soweit ich weiß, gibt es keinen Fall Grigorenko und keinen Fall Tatjana«, sagte Arkadi.
    »Da bin ich ganz deiner Meinung«, sagte Blok.
    »Das ist ein doppeltes Nein«, sagte Slowo.
    Viktor sagte: »Eher ein Hund, der seinen Schwanz jagt.«

15
    Millionen Russen fürchten sich vor ein paar
    Tschetschenen.
    Warum?
    Weil wir zehnmal so brutal sind wie sie.
    Für jeden Schlag, den sie uns versetzen, werden zehn
    Schläge auf sie niederprasseln.
    Ihr sagt, ich wüsste nicht, wen ich schlagen soll.
    Ich sage, schlagt sie alle.
    Ihr sagt, ich wüsste nicht, wen ich schlagen soll.
    Ich sage, schlagt sie alle.
    Abdul trug ein schwarzes T-Shirt mit seinem Namen quer über der Brust und präsentierte seinen Videorap auf einem ausgebrannten russischen Panzer, eine Panzerfaust auf der Schulter. Im nächsten Bild war Abdul in einem Eisenkäfig und schlug das Gesicht eines Mannes zu Brei. Dann raste er in einem BMW , einem »Boomer«, wie sie genannt wurden, mit Höchstgeschwindigkeit durch den Verkehr. Als Nächstes trug er die schlaffe Gestalt einer Frau zu einem Himmelbett. Abdul hatte dichtes schwarzes Haar und gelbe Augen, und Arkadi hätte sich nicht gewundert, wenn Abdul den Kopf zurückgelegt und wie ein Wolf geheult hätte.
    Ihr sagt, ihr wisst nicht, wen ihr ficken sollt.
    Ich sage, fickt sie alle.
    Fickt sie alle.
    Fickt sie alle.
    Der Vorführraum wurde dunkel, und als das Licht anging, saß Abdul über eine Videokonsole gebeugt und machte sich Notizen. Ein Gefolge aus muskelbepackten Leibwächtern stand mit verschränkten Armen da. Schöne Frauen, so apathisch wie Schaufensterpuppen, rekelten sich auf

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