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Tatjana

Tatjana

Titel: Tatjana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Cruz Smith
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es gibt keinen Empfang.«
    »Wir haben ein Foto gemacht, sind auf die Straße gegangen und haben es gesendet.«
    »Wer hat das Foto gemacht?«
    »Irgendjemand.«
    »Wurde es aufgehoben?«
    »Leider nicht.«
    »Zähne?«
    »Du könntest welche pulverisiert am Boden der Schachtel finden.«
    »Genug für DNA ?«
    »Nicht nach der Einäscherung. Was soll ich dir sagen, ich bin von Stümpern umgeben.«
    »Haben sie wenigstens eine bestätigende Identifizierung durchgeführt?«
    »Durch einen Kriminalleutnant Stasow von der Kaliningrader Polizei.« Willi klopfte auf die Mappe. »Steht alles da drin.«
    »Eine letzte Frage: Wenn das hier Tatjana Petrowna ist, wieso steht auf der Schachtel ›Unbekannte weibliche Person‹?«
    »Könnte bedeuten, dass wir knapp an Schachteln sind. Willst du sie haben? Ihre Schwester sagte, wir könnten sie entsorgen, wie wir wollten.«
    »Das ist nicht dein Ernst.«
    »Entweder nimmst du sie, oder sie fliegt in den Müll.«
    »Hast du es bei ihrer Zeitschrift oder ihren Freunden versucht?«
    »Ich kann nicht rumlaufen und Asche wie Salz und Pfeffer verstreuen. Du kennst diese Leute.«
    »Und die Mappe?«
    »Gehört dir.« Er reichte Arkadi alles und fügte noch eine kritische Anmerkung hinzu. »Ich finde, du solltest dich wirklich für Holz entscheiden.«
    Vom Auto aus versuchte Arkadi erneut, Ludmilla Petrowna zu erreichen und bekam keine Antwort. Dasselbe bei Leutnant Stasow. In der Telefonzentrale von Jetzt hieß es, Obolenski sei heute nicht in die Redaktion gekommen. Die Toten waren tot. Die Lebenden marschierten weiter.
    Arkadi fuhr zur Computerwerkstatt, in der Schenja manchmal arbeitete. Die Techniker sagten, er sei vor einiger Zeit da gewesen, um sich einen Laptop zu borgen.
    Als Arkadi weiterfuhr, hielt er die Augen offen, in der Hoffnung, den Jungen herumschleichen zu sehen. Schenja hatte nicht auf Arkadis Anrufe reagiert, was an sich schon eine Form der Verhandlung war.
    Viktor hatte angerufen und die Nachricht hinterlassen, Arkadi solle sich mit ihm auf dem Friedhof treffen, auf dem Grischa Grigorenko beerdigt sei. Zwei Männer waren im Exekutionsstil erschossen und wie Opfergaben an Grischas Grabstein abgelegt worden. Der Erbfolgekrieg hatte begonnen.
    Die Kriminalbeamten Slowo und Blok waren schon so lange Partner, dass sich ihr Aussehen angeglichen hatte, beide mit den gleichen Stahlrandbrillen und dem Kinn voll weißer Stoppeln. Sie planten, gemeinsam in den Ruhestand zu gehen und in einer Datscha mit Garten in Sotschi zu leben, und sie dachten nicht daran, sich in einen offenen Krieg hineinziehen zu lassen. Sie hatten das Nötigste getan, um es nach einer Ermittlung aussehen zu lassen – der direkte Tatort war abgesperrt worden –, doch der Wagen der Spurensicherung war noch nicht eingetroffen.
    Viktor führte Arkadi durch das Friedhofstor. »Blok und Slowo sind von der alten Schule. Wenn es nach denen geht, dann sollen zwei Gangs, die es miteinander austragen wollen, sich doch ruhig gegenseitig abknallen. Zwei Tote sind ein guter Anfang.«
    »Willkommen, die Herren«, sagte Slowo. »Wisst ihr, wie sehr ich eure hässlichen Fressen vermissen werde? Null. Wir geben eine Abschiedsparty. Ihr seid nicht eingeladen. Und die zwei da auch nicht.«
    Die Opfer hatten blutiges Haar und eine nordische Blässe. Arkadi erkannte sie aus der Höhle als Alexis Männer; sie hatten groß angegeben, weil der Richter sie mangels eindeutiger Beweise von einer Mordanklage freigesprochen hatte. Arkadi hätte gerne nachgesehen, ob sie bewaffnet waren, wagte aber nicht, die Leichen zu bewegen, bevor die Spurensicherung eingetroffen war. Slowo und Blok gaben sich damit zufrieden, nichts zu tun. Sie hatten ihre Aufmerksamkeit ihrem nächsten Lebensabschnitt zugewandt. Blok beugte sich über einen Artikel über die »Planung eines subtropischen Gartens« an seinem Klemmbrett. »Weißt du, dass es in Sotschi jährlich zweihundertvierundsechzig Tage Sonne gibt?«, fragte er Viktor.
    »Erstaunlich.«
    Slowo deutete auf einen Totengräber, der mit einer Schaufel strammstand. »Das ist der Mann, der sie gefunden hat.«
    Er war einer der Totengräber, mit denen Arkadi vor zwei Wochen gesprochen hatte, am Abend der Demonstration. Arkadi fiel auf, dass sonst niemand zu sehen war.
    »Wo sind denn alle?«
    »Die Arbeiter feiern den ›Tag der inneren Säuberung‹«, sagte Slowo.
    »Was soll das bedeuten? ›Säuberung‹? Das hier ist ein Friedhof.«
    »Es bedeutet, sie machen einen Tag frei«, sagte Viktor.

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