Tatort Mallorca - Die Tote in der Moenchsbucht
Aber entschuldigt, ich habe mich gar nicht vorgestellt: Ich bin Gunter, euer Wanderführer.“ Er setzt die ihm inzwischen gereichte Tasse mit Kaffee an den Mund und flucht sogleich: „Igitt, der ist ja sau heiß, zum Runterkippen nicht geeignet. Nun ja. Aber einen Schnaps kann ich ja schlecht am Morgen bestellen, sonst denkt ihr gleich, ich bin ein Säufer, dabei ...“
„Was ist denn passiert? Sie sehen ganz blass aus, hatten Sie einen Unfall?“ fragt Julia.
„So ähnlich, es gab eine Art Unfall in der Mönchsbucht, mein Hund hat die tote Frau aufgestöbert, ich wäre normalerweise daran vorbeigelaufen. Aber die Polizei hat mir verboten, darüber zu sprechen.“
Helga stellt inzwischen ein Glas Orangensaft vor Gunter auf den Tisch. „Hier, anstelle von Schnaps.“
Julias Schätzung nach ist Gunter so um die vierzig Jahre alt. Er ist groß, von kräftiger Statur und kann sicher zupacken, wenn er nicht im Augenblick wie ein gerade aus dem Eiswasser gefischter Hund mit zitterndem Fell vor ihnen sitzen würde.
Der Kaffee scheint ihm nach einer Weile wieder Leben einzuhauchen. Er breitet eine Karte auf dem Tisch aus. „Eigentlich wollte ich euch heute mit der näheren Umgebung bekannt machen. Daraus wird nichts. Den Weg über die Hügel, der hinter dem Hotel beginnt und über verschiedene Buchten bis nach Andratx führt, müssen wir uns für ein anderes Mal aufheben. Heute ist dort Polizistenschaulauf.“
Sein Finger wandert ein Stück weiter oben über die Landkarte. „Wir werden uns deshalb die Gegend von Galilea und Es Capdellà schon heute vornehmen, die ich eigentlich für morgen vorgesehen hatte.“
„Hey, dann geht es heute schon auf den Puig de Galatzó?“ fragt Torsten scherzhaft.
Seine Frau Sandra stößt ihm in die Seite: „Also, Torsten, du musst natürlich wieder gleich ...“
„Keine Angst, wir lassen es gemütlich angehen. Die, die es wollen, kriegen den Puig de Galatzó schon noch. Heute könnt ihr ihn von unten bewundern. Ich entführe euch auf die erst kürzlich für das Publikum eröffnete Finca Galatzó. Doch jetzt frühstückt erst einmal, damit ihr gestärkt wandern könnt. Ich warte mit meinem Hund Max draußen auf euch.“
„Eine tote Frau? Hört sich nicht nach Unfall an, und die Polizei hat alles abgesperrt?“ mischt sich der vorhin grantelnde Heinz ein und versucht, die Suppe am Kochen zu halten.
„Geht uns doch gar nichts an“, wehrt Julia ab und denkt unwillkürlich an ihren letzten Urlaub mit Ulla in Kalabrien, bei dem sie eine Leiche, nun gut, das leblose Bein eines Toten, im Wasser entdeckte. Nicht schon wieder. „Julia hat recht, jeden Tag überschüttet uns das Fernsehen mit neuen Schreckensbildern, da müssen wir uns nicht unbedingt sensationsgeil auf solche Nachrichten stürzen. Am liebsten würden Sie sicher noch zuschauen und die Spurensicherung behindern, oder, Heinz?“ stichelt Helga.
„Na, jetzt werden Sie mal nicht gleich beleidigend, ich dachte ja nur ...“, wiegelt der Angesprochene ab und wendet sich intensiv dem Brötchen auf seinem Teller zu.
„Kommen Sie, Helga.“ Julia nimmt Helga am Arm und schlendert mit ihr zum Büfett. Sie packt sich den Teller voll. Irgendwie ist ihr das Streitgespräch auf den Magen geschlagen, und immer, wenn sie sich aufregt, erwacht ein unbändiger Drang, sich Essen in den Mund zu stopfen. Am Tisch sitzt sie dann doch angewidert vor dem vollen Tablett, nippt da und dort und knabbert ein wenig von diesem und jenem. Als sie alle eine halbe Stunde später im Minibus sitzen, kommt sie sich pappsatt vor.
Der kurze Blick auf die Nebenstraße mit den unzähligen Polizeifahrzeugen schlägt ihr ebenfalls auf den Magen. Sie wendet sich sofort ab und schaut demonstrativ auf das Meer.
Als sie durch den Ferienort Peguera fahren, bittet Gunter den Fahrer zu stoppen. „Ich hole mir schnell ein paar Pillen in der Praxis meiner Frau, entschuldigt bitte“, erklärt Gunter. Sie befinden sich in der Hauptstraße des Ortes, die als Einbahnstraße in eine Richtung befahren wird. „Max passt inzwischen auf euch auf“, fügt er noch scherzhaft hinzu, und der Golden Retriever setzt sich vor den Ausgang, reckt achtsam seinen Kopf hoch und scheint seine Aufgabe sehr ernst zu nehmen.
Julia entdeckt, als sie aufsteht, aufgeregt ein Stück weiter vorn das Hotel Vil. Ein riesiges Transparent hängt quer über der Straße und weist auf den Schamanenkongress hin.
„Meine Freundin Ulla stellt übermorgen ihr Buch beim Kongress vor. Ich
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