Tatort Mosel
wohl gelöscht worden.«
»Und du kannst das nicht wiederherstellen? Ich dachte, es gibt Programme, um gelöschte Dateien wieder herzustellen«, meinte Walde.
»Das funktioniert auf Festplatten, aber nicht auf Disketten.«
»Mist, wer hat das getan?«
»Keine Ahnung, vielleicht war es Räumer selbst. Es müssen auch keine Daten gewesen sein, die für uns interessant sind«, spekulierte Monika. »Vielleicht ging es um Schwarzgeld oder es waren Liebesbriefe an seine Freundin.«
»Die Diskette wegzuwerfen wäre einfacher gewesen, aber dann hätte sie in falsche Hände gelangen können«, sagte Walde.
*
Nach und nach trafen Meier, Gabi und Sonja ein. Obwohl Walde dagegen ankämpfte, konnte er die Augen nicht von ihr lassen. Sonja hatte in der hellen Jeans eine atemberaubende Figur. Er sah zu Gabi hinüber. Zu spät, sie hatte seine Blicke bemerkt. Ein spöttisches Lächeln umspielte ihren Mund. Gott sei Dank verkniff sie sich einen ihrer üblichen Kommentare.
Um halb elf begaben sie sich ins Konferenzzimmer im ersten Stock. Von dort dirigierte sie die Sekretärin ins Büro des Präsidenten. Stiermann thronte hinter seinem Schreibtisch und schaute kaum von seinem Kaffeebecher auf. Er wirkte unausgeschlafen. Letzte Nacht schien es spät geworden zu sein.
Kaum hatten alle am Besuchertisch Platz genommen, kam Leben in den Präsidenten. »Bevor wir zu den Fakten des Falles Räumer kommen, muss ich etwas klären. Sie alle wissen so gut wie ich, dass die Presse ein sehr großes Interesse zeigt, wenn es um Gewalt geht, besonders wenn die Polizei darin involviert ist. Auf Hunderte von Fällen, wo sich die Polizei besonnen verhält, kommt hier und da einer, bei dem vielleicht die Verhältnismäßigkeit nicht ganz gewahrt wird. Natürlich stürzen sich die Medien darauf und tragen durch ihre Berichterstattung dazu bei, dass unsere Arbeit in ein unvorteilhaftes Licht gerückt wird. Damit können und müssen wir leben.« Stiermann zog mit einem Ruck seine Füße an und blickte in die Runde.
Walde hörte das Geräusch, das Stiermanns Stiefel auf dem Fußboden erzeugten. Der Stier scharrte mit den Hufen.
»Es gibt etwas, was die Presse aber vollkommen auf die Palme bringt und sogar dazu führt, dass konkurrierende Medien einträglich zusammen halten.« Stiermann blickte in die Runde. Für den Bruchteil einer Sekunde vermeinte Walde, aus Stiermanns Nasenlöchern Rauch aufsteigen zu sehen.
Der Präsident fuhr fort: »Wenn die Presse selbst auf äußerst ruppige Weise von der Polizei attackiert wird.«
Wie zur Verstärkung der letzten Worte erklang wieder das Scharren unter dem Tisch.
»Oder wie würden Sie es bezeichnen, wenn Sie, an den Füßen gefesselt über dreißig Meter auf dem Rücken liegend einen Hang hinunter geschleift würden?«
Die Tür ging auf. Die Sekretärin brachte ein großes Glas Wasser, auf dessen Grund zwei Tabletten sprudelten, und stellte es neben Stiermanns Kaffeebecher.
Gabi nutzte die Gelegenheit: »Also Chef, der …«
»Jetzt nicht, wir reden nach der Pressekonferenz darüber. Danach entscheide ich, ob ein Disziplinarverfahren gegen Sie eingeleitet wird. Sollte der Fotograf nachher zur Konferenz erscheinen, erwarte ich eine Entschuldigung von Ihnen. Ist das klar?«
Gabi hatte die Hand ans Kinn gelegt. Das leichte Nicken ihres Kopfes konnte auch bedeuten, dass sie die Angelegenheit überdenken würde.
Stiermann ließ es dabei bewenden: »Nun zur Sache.«
Die Sekretärin servierte den Kaffee. Stiermann wartete, bis sie allen eingeschenkt hatte und nickte dann Walde zu, der begann, die bisherigen Ermittlungsergebnisse zusammenzufassen.
»Vieles deutet darauf hin, dass Räumer in der Nacht, in der er gegen ein Uhr das Lokal in Zurlauben verlassen hat, ermordet wurde. Danach ist er von niemandem mehr gesehen worden. Der Erkennungsdienst hat an der Fahrertür von Räumers Wagen einen Abdruck entdeckt, der vom Kopf des Opfers stammt. Nach den Spuren zu urteilen, muss Räumer heftig dagegen gestoßen worden sein. Die Ermittlungen sind in diesem frühen Stadium nach allen Seiten offen.« Er spürte, wie das Blatt mit den Notizen, die er sich im Muselfesch gemacht hatte, die Aufmerksamkeit auf sich zog. »Als Tatmotiv kommt einerseits Rache in Frage. Wie es scheint, hatte Räumer mehr Feinde als die Eintracht Fans. Es sieht so aus, als profitiere außerdem seine Ehefrau nicht unerheblich …«
»Ist es, auch angesichts der nahen Pressekonferenz, nicht ein wenig zu früh für solche
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