Tatort Mosel
Uhr linste.
»Darf ich?« Walde schaltete den Rechner auf Räumers Platz an.
»Sie haben bei allem, was zur Aufklärung der Tat dienen könnte, die vollste Unterstützung des Aktivkreises.« Kurz hatte seine staatstragende Sprache wiedergefunden.
Während der PC hochfuhr, stöberte Walde in den Schubladen des Schreibtisches.
»Wir müssen wahrscheinlich noch mal wiederkommen. Wer hat hier noch Zugang?«
»Neben Räumer sind das der Geschäftsführer Ströbele, eine Bürokraft und ich. Am Montagmorgen ist das Büro wieder besetzt.«
»Sie sind an dem Abend, an dem Räumer zuletzt gesehen wurde, mit ihm im Muselfesch gewesen?«, wechselte Walde das Thema.
Kurz nickte.
»Wann haben Sie das Lokal verlassen?«
»Wir sind zusammen gegangen, der Räumer, Fellrich und ich, das war so gegen ein Uhr. Vor der Tür haben wir uns getrennt.«
»Und wohin ist Räumer gegangen?«
»Wohl zu seinem Auto, das er wahrscheinlich am Georg-Schmitt-Platz geparkt hatte. Wir sind in die andere Richtung gegangen.«
»Ist Ihnen etwas aufgefallen?«
»Nein, nicht dass ich wüsste.«
Walde hatte eine Box mit Disketten und vier Ordner aussortiert: »Kann ich die mitnehmen?«
Kurz nickte.
Sonntag, 14. April
Das Thermometer im Volvo zeigte drei Grad. In der Nacht war es kräftig abgekühlt. Wegen der Ordner, die Walde mit ins Präsidium nahm, hatte er auf das Rad verzichten müssen. So blieben ihm kalte Ohren erspart.
Grabbe saß bereits um sieben Uhr vor seinem Rechner, als er vom Flur aus einen Blick durch die offene Tür in das Büro seines Kollegen warf. Walde balancierte einen Stapel Akten vor seiner Brust und konnte Grabbe deshalb nur ein kurzes ’Guten Morgen’ zurufen. Es ließ sich nicht vermeiden. Beim Abladen rutschte einer der Ordner über den Schreibtisch und fiel zu Boden.
Grabbe war ihm gefolgt und half beim Aufsammeln der Blätter, die sich daraus gelöst hatten.
»Den Kram hab ich aus der Geschäftsstelle des Aktivkreises mitgenommen. Kannst du mal da rein sehen? Die bekam ich nicht auf, da liegt ein Passwort drauf.« Walde fischte eine Diskettenbox aus seiner ausgebeulten Jackentasche.
»Ich guck mal, was sich machen lässt.« Grabbe verschwand in sein Büro.
Walde sah die Ordner Blatt für Blatt durch. Zuerst kopierte er die Mitgliederliste. Es waren zwölf Leute, die mit Privat- und Geschäftsadresse sowie dem Eintrittsdatum in den Aktivkreis aufgelistet waren. Wenn er auch sonst nichts fand, was ihm direkte Anhaltspunkte brachte, so war es doch interessant, aus Räumers Korrespondenz Rückschlüsse auf dessen Umgangston zu ziehen. Besonders aufschlussreich waren hierbei die Briefe. Säumige Mitglieder wurden mitunter in sehr bestimmtem Ton auf die ausbleibende Mithilfe bei wichtigen Gemeinschaftsaktionen hingewiesen. Noch ruppiger waren Schreiben an die Industrie- und Handelskammer und das Wirtschaftsdezernat der Stadt. Auch aus den teils umfangreichen Protokollen von Vorstands- und diversen Ausschusssitzungen ging hervor, dass Räumer keiner von denen war, die ein Blatt vor den Mund nahmen. Hier und da notierte sich Walde einen Namen.
Als um neun Uhr Monikas Kopf in der Tür auftauchte, hatte Walde noch zwei Ordner zu bearbeiten. Er nahm gern ihr Angebot an, ihm bei der Durchsicht zu helfen.
Grabbe trat mit Elan ins Büro. »Morgen Monika, da lag ein Held begraben.« Er warf eine Diskette auf den vor Walde liegenden aufgeschlagenen Ordner.
»Was für ein Held?«
»Ein griechischer Sagenheld, der Bruder von Castor.« Grabbe lächelte stolz.
Walde und Monika sahen ihn stumm an. Grabbe fuhr fort: »Der Pollux war der Hüter dieser Kassette.« Sein Lächeln wurde noch breiter. »Da hat es jemand ziemlich kompliziert gemacht. Also das O ist durch eine Null ersetzt und die beiden l in der Mitte jeweils durch eine Eins und das x trägt die Zahl Acht. Da muss erst mal einer drauf kommen und …«
»… und?«, fragte Monika.
»Ich bin drauf gekommen«, komplettierte Grabbe den Satz.
»Das meine ich nicht. Was ist auf der Diskette?«
Grabbes Lächeln verschwand. »Das wäre ja jetzt zu schön, um wahr zu sein. Aber damit kann ich leider nicht dienen.«
»Was soll das heißen?«
»Auf der Diskette«, Grabbes Züge verzerrten sich, als bekäme er Zahnschmerzen, »ist leider nichts drauf.«
»Wie, nichts drauf?« Walde nahm die Diskette in die Hand und klappte den Ordner zu.
»Nichts, nullkommanullnull.«
»Warum legt man ein Passwort auf eine Diskette, wo nichts drauf ist?«
»Das Geschützte ist
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