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Tatort Mosel

Tatort Mosel

Titel: Tatort Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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kein Vampir, sondern ein Mann, der einen purpurnen Wams aus Samt und darüber ein kostbares Cape aus dem weißen Winterfell des Hermelin trug; die gleiche Kleidung wie der Kurfürst auf dem Gemälde an der gegenüber liegenden Wand.
    Einen letzten Blick in den Spiegel werfend schritt er zur Tür, von der eine Treppe direkt hinunter in den Saal führte, wo an einer in Hufeisenform aufgestellten Tafel das Gelage stattfinden sollte. Stilecht mit Kürassieren, Gauklern, Troubadouren, Narren und Schalmeien, viel Speis und Trank, wie es in der Einladung auf handgeschöpftem Büttenpapier kundgetan worden war.
    Fast alle, die ihm wichtig waren, hatten abgesagt. Manche hatten sich nicht einmal die Mühe gegeben, eine Ausrede zu finden. Sollte ihn Hirschner nun auch noch im Stich lassen?
    *
    Walter Hirschner schaltete den Ton des Fernsehers wieder ein. Er wartete darauf, dass sich das gute Gefühl einstellte. Fünfzig Millionen sollten eigentlich die Ausschüttung von ein paar Glückshormonen auslösen können. Auch etliche Minuten später war Hirschner immer noch nach einem ›Leck mich am Arsch‹ à la von Berlichingen zumute, anstelle des lieblichen Walters von der Vogelweide, den er bei Haupenberg an der Tafelrunde verkörpern sollte. Ihm stand heute Abend ganz und gar nicht der Sinn nach aufgesetztem Frohsinn. Abgesehen davon endete in der nächsten Woche die Zusammenarbeit mit Haupenberg. Die Kündigung sämtlicher Verträge war bereits aufgesetzt.
    Die Fernbedienung in der Hand, schenkte er sich ein Glas Wasser nach. Sein Haus thronte ebenso wie die Burg, in der Haupenberg ihn erwartete, auf einer Anhöhe über dem Moseltal. Im Gegensatz zur Burg war seine Villa vom Tal aus gesehen ein unscheinbares Gebäude. Ehedem war hier ein Ausflugslokal gewesen. Ein Kiesunternehmer hatte jahrzehntelang versucht, auf dem unbestritten schönsten Gelände hoch über der Stadt Trier eine Genehmigung für den Umbau des Hauses zu erhalten. Ohne Erfolg. Zuletzt blieb ihm nichts anderes übrig, als das Haus verkommen zu lassen.
    Hirschner hatte kein halbes Jahr benötigt, um für die eingefallene Hütte auf der Anhöhe zwischen der Mariensäule und dem Weißhaus eine Baugenehmigung ganz nach seinen Wünschen zu erhalten.
    Hirschners Architekt, der stadtbekannte Bauherr und Investor Fellrich, war geschickt vorgegangen, hatte nur unwesentliche Änderungen zur ursprünglichen Bebauung gewünscht, die Genehmigung erhalten und das alte Haus abreißen lassen.
    Der Neubau fiel auf der zur Stadt gerichteten Südseite um acht Meter breiter aus als genehmigt.
    Die Bauabnahme war ebenso wenig ein Problem, wie es eines für Hirschner gewesen wäre, die neue Produktionsstätte seiner Sektfabrik von der Stadt in den Landkreis oder ins Ausland zu verlegen.
    Hirschner schaltete in eine Quizsendung. Ein Kandidat stellte sich dermaßen blöd an, dass es für den Zuschauer peinlich wurde. In ntv liefen die Aktienkurse. Wen interessierten die eigentlich noch?
    Hatte er da einen Schatten im Garten gesehen? Zu groß für eine Katze, die durch das Gelände strich. Die Mauern waren so hoch, dass kein größeres Tier eindringen konnte. Hirschner wartete. Draußen blieb es dunkel. Die Bewegungsmelder reagierten nicht. Dennoch versicherte er sich, dass der Notfallsender griffbereit war. Er hatte die Anschaffung mit seinem Diabetes begründet, bei der die Gefahr eines Zuckerkomas bestand. In Wahrheit gab es einen anderen Grund, der ihn dieses Gerät anschaffen und gleich mit mehreren Empfangsgeräten hatte verbinden lassen: Manchmal überfiel ihn eine Scheißangst.
    Er hatte sich geschäftlich sehr weit aus dem Fenster gelehnt, war in Territorien eingebrochen, die ihm vollkommen unbekannt waren. Er war selbst darüber überrascht, wie leicht es war, den Markt im Osten zu erobern. Aber es gab dort auch Leute, die nicht zimperlich waren, wenn ihnen ein Konkurrent ins Gehege kam.
    Vor wenigen Stunden hatte Hirschner von Räumers Auffindung erfahren. Der Mann war nicht unbedingt sein Freund gewesen. Dennoch erfüllte ihn seither etwas wie Trauer.
    Hirschner wandte sich wieder dem Bildschirm zu und zappte weiter durch das Programm.
    *
    »Kurz«, meldete sich eine Frauenstimme.
    »Hier ist Bock, guten Abend, entschuldigen Sie bitte die Störung, ich hätte gerne Ihren Mann gesprochen.«
    »Moment, ich sehe mal nach.«
    Walde hörte Schritte. Es dauerte eine Weile.
    »Herr Bock?«
    »Ja.«
    »Können Sie später noch mal anrufen oder kann ich etwas ausrichten?«
    »Ich

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