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Tatort Mosel

Tatort Mosel

Titel: Tatort Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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müsste Ihren Mann persönlich sprechen, es geht um eine dringende polizeiliche Ermittlung im Zusammenhang mit einem Todesfall.«
    Wieder dauerte es. Walde hörte, wie ein Fernseher leiser gedreht wurde. Er hätte es wissen müssen. Die Spielberichte der ersten Bundesliga liefen noch. Bei manchen Männern war eine Störung dabei ein Sakrileg.
    »Ja, Kurz, Sie wünschen?«
    »Bock, Kriminalpolizei Trier, entschuldigen Sie die Störung. Wir haben Herrn Räumer gefunden, er ist einem Verbrechen zum Opfer gefallen.«
    Am anderen Ende der Leitung blieb es still. Guckte der Kerl weiter Fernsehen und hatte gar nicht verstanden, was ihm soeben gesagt worden war, war er geschockt oder hatte er womöglich aufgelegt?
    »Herr Kurz?«
    »Ja?«
    »Haben Sie mich verstanden?«
    »Sie … Sie sind wirklich von der Polizei?«
    »Am besten reden wir persönlich weiter.« Walde schaute auf seine Uhr. Es war kurz vor acht. Soweit er sich erinnern konnte, war in einer Viertelstunde Schluss der Fußballsendung. »Haben Sie einen Schlüssel zur Geschäftsstelle des Aktivkreises?«
    » Ja.«
    Sie verabredeten sich für halb neun.
     
    Walde wartete in der Fleischstraße vor der leeren Auslage einer Bäckerei, über der sich das Büro des Aktivkreises befand. Der starke Wind ließ die Temperatur noch kälter erscheinen. Nur wenige Menschen waren auf der Straße unterwegs. Ein untersetzter Mann kam energischen Schrittes aus der gegenüber liegenden Kaufhaus-Passage.
    »Kurz. Herr Bock?«
    Walde zeigte seine Dienstmarke und schüttelte ihm die Hand.
    »Was ist Räumer zugestoßen?«, fragte Kurz.
    »Die Todesursache steht noch nicht fest, aber ein Mord ist nicht auszuschließen.«
    »Nicht zu fassen.« Der breitschultrige Mann schloss die Tür auf und schaltete die Neonbeleuchtung ein. »Ich geh mal vor.«
    Walde folgte ihm und schaute sich überrascht um. Sie standen im Verkaufsraum der Bäckerei.
    »Hier vorn ist kein Platz für ein Treppenhaus. Jeder Quadratmeter ist hier unten Gold wert. Da lässt man lieber die oberen Etagen leer stehen oder nutzt sie als Lager.«
    »Oder findet einen Mieter seines Vertrauens.«
    Kurz öffnete eine Tür. Sie zwängten sich durch einen Gang zwischen blank geputzten Stahlregalen, wo die Woche über die Backwaren lagerten. Über eine ausgetretene schmale Holztreppe stiegen sie in den ersten Stock.
    Kurz schloss eine ungepflegte Korridortür auf.
    »Unten hui, oben pfui«, kommentierte Kurz, als sie von der kleinen Diele in das Büro des Aktivkreises eintraten.
    Zwei Schreibtische waren gegeneinander geschoben. Ein dritter stand etwas abseits.
    Kurz deutete darauf: »Das war Räumers Platz.«
    Die beiden Fenster schauten zur Fleischstraße. An der gegenüberliegenden Wand sah Walde ein Regal mit Ordnern und daneben einen halbhohen Schrank.
    »Da unten gibt es die kleinen Brötchen, hier werden die dicken Brote gebacken.« Kurz ging zu dem Schrank und nahm zwei Schwenker und eine Flasche Cognac heraus. Er schenkte zwei Gläser ein. Als er eines davon Walde reichte, bemerkte er: »Entschuldigung, ich habe gar nicht gefragt. Aber Cognac ist im Moment das einzige, was es hier zu trinken gibt.«
    Sie setzten sich auf die beiden Stühle, die sich gegenüber standen.
    »Prost!« Kurz nahm einen großen Schluck. »Das ist seiner, verdammt, das ist Räumers Cognac, den wir hier trinken.« Seine Stimme brach. Er ließ den Kopf hängen und verbarg das Gesicht hinter seiner fleischigen Hand.
    Walde überlegte, ob das jetzt Theater war. Kurz erinnerte ihn entfernt an Danny de Vito. Ein guter Außendienstler musste auch schauspielerische Qualitäten aufweisen. Dieser Mann hatte sich in der Zeitung vom Anzeigenvertreter bis zum Prokuristen hochgearbeitet.
    »Darf ich einen Blick auf die Ordner werfen?« Als sein Gegenüber nickte, stand Walde auf. Er las zuerst die Aktendeckel und schlug dann den einen oder anderen Ordner auf.
    Der Mann am Schreibtisch hatte sich wieder gefasst. Er putzte sich geräuschvoll die Nase und trank sein Glas leer. Er hatte tatsächlich Spuren von Tränen im Gesicht, als er sich zu Walde umdrehte. Ein guter Schauspieler kann auch auf Kommando heulen, dachte Walde. Er musste nur an das Richtige denken. Waren das bei Kurz die Umsatzzahlen? Walde überlegte, warum er eine solch starke Aversion gegen den Zeitungsmann hegte. Vielleicht sah er irgendeinem Unsympath ähnlich.
    Walde legte nach und nach immer mehr Aktenordner auf die Tischplatte. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Kurz verstohlen auf seine

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