Tatort Mosel
kriegt wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt, weil er sich obendrein jedes Mal einen Satz heiße Ohren abholt, wenn er mir irgendwo in der Stadt allein über den Weg läuft. Man behauptet, ich könnte schmerzhaft zuschlagen.« Sie setzte ihr dreckigstes Grinsen auf und ließ dabei ihre Zähne unter den Lippen verschwinden. »Und zusätzlich kriegt er noch eine Anzeige wegen sexueller Belästigung.«
»Aber das …« Walde fehlten die Worte, »das hast du dem wirklich angedroht? Damit willst du durchkommen?«
»Der Kerl wird sich das ganz genau überlegen. Der Blamierte ist er allemal. Außerdem darf er nie mehr ein Bier zu viel trinken, wenn er mit dem Auto unterwegs ist. Der Führerschein ist für seinen Job ziemlich wichtig.«
»Gabi, du bist eine …«
»Überleg dir genau, was du jetzt sagen willst.« Sie grinste. »Wie findest du das Foto am Schwarzen Brett?«
*
Walde hatte die Neugier gepackt. Er stieg zum Parterre hinunter. Vor dem Schwarzen Brett im Foyer des Präsidiums drängten sich ein halbes Dutzend Leute. Dort prangte auf der Titelseite des Käsblatts ein großes Foto, das die Umstehenden zu den verschiedensten Kommentaren bewegte. Es zeigte Walde im bauchfreien Pullover, eingerahmt von Gabi im weißen Papieroverall mit hochgekrempelten Hosenbeinen und Stöckelschuhen, Stadler im weißen Overall mit Uniformmütze.
Darunter war ein dicker Balken geklebt: Unser Dreigestirn: Prinz, Bauer und Jungfrau.
Vor der Tür zum Konferenzraum bat er Grabbe, dafür zu sorgen, dass das Käsblatt so schnell und diskret wie möglich vom Schwarzen Brett entfernt werde. Im Vorbeigehen murmelte er Gabi mit finsterer Miene zu: »Dieser dicke Paparazzo, wenn du Hilfe brauchst, ich bin dabei.«
Die Pressekonferenz lief bereits, als Uli verspätet eintraf. Walde wäre am liebsten mitten in seinem Bericht aufgesprungen und hätte sich auf ihn gestürzt.
Polizeipräsident Stiermann hatte zu Anfang in gewählten Worten den Fall umrissen und die tiefe Betroffenheit dargestellt, die er ausgelöst hatte. Nun bemühte sich Walde, alle Klippen zu umschiffen, um unangenehmen Fragen der Presse auszuweichen. Er fühlte sich gut vorbereitet, aber als es so weit war, dass Fragen gestellt werden konnten, überraschte ihn eine ältere Dame, die angeblich ein Seniorenmagazin vertrat: »Sie wissen, dass die Moselinsel unter Naturschutz steht?«
Walde warf Monika einen fragenden Blick zu.
»Wie konnte die Polizei die Verhältnismäßigkeit zwischen dem Schutz der zur Brut bereiten Vogelkolonie und der systematischen Spurensuche mit einem großen Aufgebot an Polizisten und Spürhunden in Einklang bringen?«, fuhr die Grauhaarige fort.
Monika kam ihm zu Hilfe und hatte ein paar Argumente, die Walde stichhaltig vorkamen. Das angebliche Bemühen der Polizei, die Aktion ohne Lärm, zeitlich begrenzt und nur bei Tageslicht durchzuführen, genügte der Dame als Antwort.
Walde hatte in der Fragerunde Ulis Wortmeldungen übersehen. Nun erteilte Monika ihm das Wort: »Stimmt es, dass Sie einen Verdächtigen suchen, der seit der Tat verschwunden ist?«
Walde musste erneut den Impuls unterdrücken, ihm an die Gurgel zu gehen.
Monika spulte routiniert ihre Auswahl an Leersätzen ab, die sich nur um Allgemeinplätze drehten. Immer wieder tauchten darin Formulierungen wie ’Zu diesem frühen Zeitpunkt’ und ’nach allen Seiten offen’ auf.
Uli und der Rest der Meute mussten sich mit den Happen, die man ihnen hinwarf, begnügen. Bald löste sich die Versammlung auf. Beim Hinausgehen sah Walde, wie sich Stiermann mit dem von Gabi gemaßregelten Fotografen unterhielt.
*
Sie konnten telefonisch niemanden auf Räumers Hof am Herrenhammer erreichen. Deshalb entschlossen sie sich dazu, hinzufahren.
Gabi schaffte es, Walde zu überreden, in ihren BMW Roadster einzusteigen. Natürlich musste es bei bewölktem Himmel und achtzehn Grad Außentemperatur mit offenem Verdeck sein. Vielleicht würde es bald Regen geben. Walde hoffte darauf. Was er jetzt überhaupt nicht gebrauchen konnte, war eine Erkältung.
Die Heizung blies als Ausgleich für den kühlen Wind, der ihnen um die Ohren pfiff, volle Kanne warme Luft in den Fußraum des Wagens.
An der roten Ampel am linken Kopf der Römerbrücke hielt neben ihnen ein Lieferwagen. Der Fahrer glotzte von oben auf Gabis freie Oberschenkel. Gabi lüftete die Sonnenbrille und bleckte die Zähne. Der Fahrer zog den Kopf ein und starrte auf die Ampel.
»Männer«, zischte Gabi verächtlich. Mit den
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