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Tatort Mosel

Tatort Mosel

Titel: Tatort Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Satz.
    »Gewiss.« Meier lugte wieder zum Fenster hinaus. »Der Maybach ist weg.«
    »Und Schorsch?«, fragte Gabi.
    »Der ist mit seinen Schuhen beschäftigt.«
    »Schnürsenkel«, stellte sie fest. »Die hätten sie ihm ruhig lassen können. An Schnürsenkeln hat sich in unseren Arrestzellen bisher noch keiner aufgeknüpft.«
    »Denk mal anders herum!«, wandte Meier ein. »Es ist auch noch kein Bulle da unten hinterrücks erwürgt …«
    »Ein Taxi hält«, unterbrach ihn Gabi. »Fragt sich nur, ob das der Haupenberg per Handy oder Internet bestellt hat. Wisst ihr überhaupt, dass der Maybach serienmäßig einen Rechner mit Internetanschluss hat?«
    *
    Fellrich blätterte oberflächlich den dicken Packen mit statischen Berechnungen durch. Mit diesem gewaltigen Konvolut würde er keine Schwierigkeiten bekommen. Schließlich stammten sie aus der Hand des Mannes, der im städtischen Bauamt über den Bauantrag befinden würde. Natürlich tauchte nirgendwo dessen Name auf, aber er würde den verdienten Lohn erhalten. Das war die Hauptsache.
    Der hagere Mann mit dem akkurat gestutzten Oberlippenbart warf einen Blick über den Platz, der vor der getönten Glasfassade seines Büros lag. Auf der gegenüberliegenden Seite leuchteten verschiedene Kneipenschilder in einer Häuserreihe, mit der er noch einiges vorhatte. Aber das war Zukunftsmusik. Im Moment war ein anderes Objekt angesagt. Eine weitere Einkaufspassage mit dreißigtausend Quadratmetern Ladenfläche. In einer 1 B-Lage in der Fußgängerzone. Sein Plan schien aufzugehen. Frühzeitig hatte er ein marodes Parkhaus und zwei angrenzende Häuser erworben. Und nun hielt er das Filetstück, einen großen Betrieb, der Konkurs anmelden musste, in Händen.
    Fellrichs Insiderwissen war Teil seiner Macht. Schon vor Jahren hatte er eine große Parzelle mitten in der City erworben. Alle hielten ihn für verrückt, als er das marode Parkhaus übernahm. Nun eröffnete es ihm und niemand anderem den Zugang zu der neuen Ladenpassage, was ihm einen entscheidenden Vorteil gegenüber allen Mitbewerbern verschaffte.
    Auf dem weiten Platz vor der Marmorfassade seines Büros gingen die Lampen an. Fellrich tippte die Vier in sein Telefon. »Es wird später, Schatz.«
    Die Kurzwahl Eins war die Verbindung zu seinem Mann in der Bank. Nicht zu irgendeinem Mann, sondern zum Vorstandsvorsitzenden. Ebenso wie die Zwei nicht zu irgendeinem im Rathaus führte. Die Drei hatte er am Morgen gelöscht, nachdem klar war, dass er Räumer nie wieder würde sprechen können. Die Vier war die Verbindung zu seiner Familie.
    Fellrich nahm aus der Schreibtischschublade ein Schälchen mit Pralinen, seine Lieblingsmischung aus Champagner, Mocca und Trüffel. Die erste Praline langsam im Mund zergehen lassend, widmete er sich nun dem diffizilen Teil seines Projektes: der Kosten-Nutzen-Darstellung.
    Hier waren seiner Phantasie keine Grenzen gesetzt. Vor ihm tauchte die virtuelle Welt der neuen Einkaufspassage auf. Hier ein Schuhgeschäft, dort ein großer Markendiscounter, daneben ein alt eingesessenes Fachgeschäft, in der Mitte ein Bistro.
    Fellrich kritzelte Quadratmeter und Zahlen durcheinander. Er hatte Erfahrung darin, faszinierende Szenerien zu schaffen. Ob die Ladenpassage später florierte oder verkam, interessierte ihn nicht.
    *
    Die letzte Praline war längst gegessen, die Leuchtreklamen am Platz erloschen. Fellrich hob den Kopf vom Schreibtisch. Immer häufiger passierte es, dass er spätabends über den Papieren einschlief.
    Er wartete ein paar Minuten, bevor er sich aus seinem Sessel erhob. Schon des öfteren war ihm schwindlig geworden, wenn er, aus tiefem Schlaf erwacht, durch sein Büro taumelte.
    Er schaute auf seine Uhr. Kurz vor drei. Die restlichen Stunden der Nacht wollte er in seinem Bett verbringen. Was hätte er darum gegeben, jetzt nicht noch nach Hause fahren zu müssen.
    Im Fahrstuhl stützte er mit der einen Hand seinen schweren Kopf, in der anderen hielt er das Köfferchen mit dem Terminplaner und den Projektdaten. So ein Unsinn, dachte er. Er hätte den Koffer ruhig im Büro lassen können, wohin er in knapp fünf Stunden wieder zurückkehren würde.
    Die Flügel der Tür schoben sich auseinander. Fellrichs Schritte hallten im Gang, an dessen Ende er die Stahltür zur Tiefgarage aufschloss. Als sie hinter ihm ins Schloss fiel, setzte sich der Ton durch das riesige Parkdeck fort.
    Die Neonlampen waren schon wieder defekt. Fellrich würde morgen früh den Hausmeisterdienst

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