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Tatort Mosel

Tatort Mosel

Titel: Tatort Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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herrlicher Blick, wie er ihn aus dem Tempel genossen hatte.
    Doris lugte in den Raum: »Und, wohnt hier jemand?« Sie trat ein und klappte die Tür des Ofens auf.
    »Vielleicht sind Ratten drin.« Walde hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als die Ofentür wieder zuknallte. Doris ging zum Fenster und sagte: »Ich überlege, ob ich mich von meinem Mann scheiden lassen soll.«
    »Du wolltest doch lieber verheiratet als geschieden sein.«
    »Stimmt. Aber ich bin schon über fünf Jahre von ihm getrennt, Zeit für einen Schussstrich.«
    »Und wie soll es weiter gehen?«, fragte Walde.
    »Vielleicht macht mir wieder jemand einen Antrag.«
    Eine Zeit lang sagten beide nichts.
    »Der Blick ist genauso schön wie aus dem Grutenhäuschen.« Sie wies aus dem Fenster.
    »Mit dem Unterschied, dass es hier viel intimer ist.« Leise näherte er sich ihr und umfasste sie sanft von hinten.
    »Ich bin verschwitzt«, sagte sie und versuchte, sich ihm zu entwinden.
    »Damit ich dich besser riechen kann«, flüsterte er ihr ins Ohr.
    »Ich hab Funktionswäsche an!«
    »Damit ich dich besser fühlen kann, Kleo!«
    Walde setzte sich auf einen Stuhl und zog sie auf seinen Schoß.
    »Ich bin zu schwer.«
    »Damit ich dich besser spüren kann.«
    Nach und nach gab sie ihren Widerstand auf.
    »Und wenn jemand hier reinkommt?«
    »Hier kommt niemand rein!«
    »Du weißt doch, ich bin zu laut«, protestierte sie. »Außerdem bin ich sauer auf dich.«
    »Ich mach’s wieder gut, Kleo.«
    Montag, 15. April
    »Wie geht’s?« Haupenberg wusste, dass er nicht hierher bemüht worden war, um höfliche Floskeln auszutauschen. Schorsch sah ziemlich übel aus. Aus seinem aufgedunsenen Gesicht sprießten die Barthaare wie auf einem abgeernteten Stoppelfeld, das man vergeblich in Brand zu stecken versucht hatte. Die kleinen Augen waren gerötet, die Tränensäcke darunter noch mehr angeschwollen, als es sonst schon der Fall war. Sein gelber Pulli wies im Brustbereich Verfärbungen auf, deren Ursache sich Haupenberg erst gar nicht ausmalen wollte.
    Inzwischen stand auf dem Schild seiner vornehmen Kanzlei ›Fachanwalt für Wirtschafts- und Steuerrecht‹ hinter seinem Namen. Haupenberg hatte mit 25 Jahren in Wirtschaftsrecht promoviert und dennoch in den ersten Jahren sein Brot als Strafverteidiger verdienen müssen, sogar mit einigem Erfolg. So mancher Staatsanwalt war heute noch froh, ihn losgeworden zu sein.
    Haupenberg war, was den Anblick von Klienten betraf, von jener Zeit her einiges gewohnt. Dennoch musste er sich zusammennehmen: In der Zelle im Keller des Polizeipräsidiums stank es gottserbärmlich.
    Vergeblich blickte er sich nach einem Fenster um. In dem Raum gab es nur ein Oberlicht, auf dessen Bedienung die Insassen keinen Einfluss hatten. Neben einem Feldbett und einem Klo ohne Deckel, das er die ganze Zeit zu ignorieren versuchte, gab es kein Mobiliar in der bis zur Decke gefliesten Zelle.
    »Die haben mir sogar die Schuhriemen abgenommen.« Schorschs Stimme klang heiser.
    Haupenberg blickte auf die offenstehenden schwarzen Schuhe unter den kräftigen hellen Waden, die Schorschs hoch gerutschte Hosenbeine freigaben. »Was wird dir vorgeworfen?«
    »Keine Ahnung. Die haben mich aus dem Auto gezogen und hierher gebracht. Haben Sie was wegen dem Job erreicht?«
    »Darüber reden wir später.« Der Anwalt wollte nicht jetzt schon mit der schlechten Nachricht herausrücken, dass sich keiner von denen, die er gestern angesprochen hatte, noch einmal gemeldet hatte. Schnell kam er wieder zum Thema zurück: »Warst du betrunken?«
    »Voll wie tausend Russen.«
    »Wo haben sie dich gestoppt?«
    »Gestoppt? Die haben mich aufm Hof aus meinem Auto geholt. Ganz brutal, mit gezückter Knarre, Handschellen und so. Ich kann doch pennen, wo ich will!«
    »Gut, dann hören wir uns erst mal an, was man dir vorwirft, und du überlässt mir das Reden. Egal was man dich fragt, verstanden?«
    Schorsch nickte.
    Haupenberg klopfte energisch an die Stahltür mit dem großen Guckloch. Wenn ihn hier nicht augenblicklich jemand herausließ, würde er unweigerlich in Ohnmacht fallen.
    *
    »Was ist das überhaupt für eine Marke?« Grabbe stand am Fenster und besah sich den Menschenauflauf, der sich um den großen silbergrauen Wagen vor dem Haupteingang des Präsidiums gebildet hatte.
    Neben ihm beantwortete Gabi seine Frage: »Das ist ein Maybach, du Ignorant, der teuerste Wagen, der zurzeit in Deutschland hergestellt wird. Die Standardversion ohne Extras für

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