Tatort Mosel
einer Kaffeekanne erschien.
Grabbe nutzte die Gelegenheit und verschwand, etwas mit dem Mann nuschelnd, aus dem Raum.
»Gehen die jetzt zusammen aufs Klo?«, fragte Gabi.
Walde rührte in seinem Kaffee und schaute über den Platz, auf dem Markttag war.
Gabi hatte ihre Tasche vor sich auf den Tisch gestellt, betrachtete sich in einem kleinen Spiegel und zog den Lippenstift nach. Sie bleckte die Zähne in Richtung ihres Kollegen. Walde erwiderte die Grimasse.
»An unserer nonverbalen Kommunikation müssen wir noch arbeiten. Habe ich Lippenstift an den Zähnen?«
»Ach so.« Walde schüttelte den Kopf.
Es klopfte. Ein kräftiger Mann, Mitte 40, betrat mit freundlichem Lächeln den Raum: »Entschuldigen Sie, dass ich Sie habe warten lassen. Möchten Sie noch Kaffee?«
Er schien Gabis kräftigen Händedruck kaum zu registrieren. »Pallien, danke, dass Sie gekommen sind. Wir sind hier sehr besorgt. Herr Fellrich hat heute Morgen, ohne abzusagen, zwei wichtige Termine versäumt. In den zehn Jahren, die ich für ihn arbeite, hat es so etwas noch nie gegeben.«
Grabbe war, während Pallien sprach, zur Tür herein gekommen. Walde sah ihm an, dass er dringend etwas loswerden wollte: »Ja?«
»Da unten …«, Grabbe geriet ins Stocken und wies mit dem Zeigefinger auf den Boden, »ich hab da was …«
»Wo?«, fragte Gabi.
»In der Tiefgarage.«
»Ich dachte, du wärst zur Toilette«, bemerkte sie.
»Kommt ihr mit?«, beharrte Grabbe.
Sie fuhren zu fünft mit dem Fahrstuhl nach unten. Der junge Mann drückte auf U2. Er war deutlich blasser als vorhin. Niemand fragte, was Grabbe entdeckt hatte. Unten eilten sie durch den Flur und warteten an der Stahltür, bis der junge Mann aufgeschlossen hatte. Motorengeräusche und das Singen der Reifen auf Beton waren aus der Tiefe des Parkhauses zu hören.
Walde stieg ein Gemisch aus Abgasen und verbranntem Gummi in die Nase. Fast alle Stellplätze waren belegt. Grabbe führte sie zu einem freien Platz.
»Hier ist der Parkplatz von Herrn Fellrich.« Grabbe breitete die Arme aus, um sie am Weitergehen zu hindern. Walde betrachtete den von größeren und kleinen, dunklen Flecken übersäten Boden. Grabbe deutete auf den Raum zwischen dem markierten Platz und dem daneben parkenden Wagen.
Walde ging hin, bückte sich und fuhr mit den Fingerkuppen über den dunklen Fleck: »Ruft den Erkennungsdienst!«
»Ist schon unterwegs«, antwortete Grabbe. Er zog einen Beutel aus seiner Jackentasche. »Das hab ich unter dem Wagen hier nebenan gefunden.«
Walde besah sich den Fund. Es war ein Holzgriff. Ein kleines Stück Draht steckte darin. »Was ist das?«
Gabi nahm ihm die Tüte aus der Hand. »Sieht aus wie ein abgerissener Griff von einer Garotte.« Zu Grabbe fuhr sie fort: »Da gehört ein zweiter Griff dazu, zwischen denen ein Draht gespannt wird. Das ist ein Gerät, das zu dem Zweck erfunden wurde, Menschen von hinten zu erwürgen.«
»Wer kommt auf solche Ideen?«
»Damit wurden noch vor ein paar Jahrzehnten Delinquenten in ehemaligen spanischen Kolonien hingerichtet.«
»Was da alles weißt!«, staunte Grabbe.
»Welchen Wagen fährt Herr Fellrich?«, fragte Walde.
»Einen schwarz-goldenen Grand Cherokee , wurde erst im letzten Monat zugelassen«, antwortete Pallien.
»Kennzeichen?«
»Da muss ich nachschauen. Oder wissen Sie?« Er wandte sich an den jungen Mann, der seine Augen nicht von dem braunen Fleck lassen konnte, der sich an der Stelle befand, wo sich die Fahrertür des Jeeps befunden haben musste. »Nein, aber ich sehe gleich nach. Der Wagen ist auf die Firma zugelassen.«
»Gut, rufen Sie mich an.« Walde drückte ihm seine Karte in die Hand. »Haben Sie eine Ahnung, wo Herr Fellrich sich aufhalten könnte?«
»Unter normalen Umständen könnte er auf einer unserer Baustellen sein. Aber ich kann mir kaum vorstellen, dass er da zu finden ist, wenn wichtiger Besuch aus München angemeldet ist.«
»Geben Sie trotzdem eine Aufstellung Ihrer laufenden Projekte an meinen Kollegen und halten Sie mich, falls sich etwas tun sollte, auf dem Laufenden.«
*
Walde gelangte zusammen mit Gabi über das Treppenhaus des Parkhauses nach oben. Gabi startete den Wagen mit durchdrehenden Rädern. Waldes Telefon klingelte. Der Schnellsprecher rasselte das Kennzeichen des Jeeps herunter. Walde wiederholte es zur Sicherheit und ließ sich bestätigen, dass er richtig verstanden hatte.
Derweil wechselte Gabi in der zur Mittagszeit stark befahrenen Südallee ständig die Spur,
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