Tatort Mosel
dreihunderttausend Euro.«
»Dafür kriegst du ja einen Rolls oder zwei Mercedes E-Klasse«, staunte Grabbe.
»Wilhelm Maybach hat den ersten Mercedes entworfen. Seine Autos wurden seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gebaut, weil Deutschland Panzer benötigte.«
»Von den Ausmaßen her ist das auch ein kleiner Panzer. Der passt da niemals drauf.«
Walde schaute nun ebenfalls zum Fenster hinaus. Ein Abschleppwagen rangierte in Position. Von oben sah er, dass der Maybach viel zu groß für den Abschleppwagen war: »Das wird nichts. Welcher Depp hat den da abgestellt?«
»Der Haupenberg, der ist unten beim Schorsch in der Zelle«, antwortete Grabbe.
»Dann sollen sie ihn halt abschleppen.«
»Wie stellst du dir denn das vor? Einen Maybach schleppt man nicht ab«, entrüstete sich Gabi.
»Du hörst dich schon wieder wie eine Autoverkäuferin an.«
»Das ist Respekt, den solch ein von Hand gefertigter Wagen verlangt.« Gabi schien ernsthaft entrüstet zu sein. »Der Maybach wird zu jeder Inspektion mit einem speziellen Lkw direkt beim Kunden abgeholt.«
»Gut, dann sag dem Haupenberg Bescheid, dass er die Kiste woanders parken soll«, forderte Walde sie auf.
»Wie käme ich denn dazu? Für diesen abgewichsten Haupenberg mache ich keinen Finger krumm.«
Meier kam ins Zimmer: »Schorsch ist mit seiner Besprechung fertig. Wohin sollen wir ihn bringen lassen?«
»Hierher«, entschied Walde. »Meier und ich übernehmen das«, wandte sich Walde an Gabi und Grabbe und fügte, den entrüsteten Blick von Gabi konternd, an: »Meier kennt Haupenberg noch aus alten Zeiten.«
Gabis Absätze klapperten noch etwas lauter als gewöhnlich auf den Fliesen, als sie, ohne sich umzublicken, hinaus in den Gang stöckelte.
Schorsch griff gierig nach der Zigarette, die Meier ihm anbot. Er brach den Filter ab, bevor er sich Feuer reichen ließ.
Meier konnte vermutlich die Entzugserscheinungen von starken Rauchern nachempfinden, die Stunden in der Arrestzelle ohne Zigaretten verbringen mussten. Tatsächlich hellten sich Schorschs finstere Züge um eine geringfügige Nuance auf.
Haupenberg ließ sich von Walde die Umstände schildern, die zur vorübergehenden Festnahme von Schorsch und der Hausdurchsuchung geführt hatten und notierte sich die Fragen, die Schorsch gestellt werden sollten.
Nach kurzer Besprechung zwischen dem Anwalt und Schorsch kamen die beiden ins Vernehmungszimmer. Haupenberg eröffnete die zweite Runde, zu der Walde ein Band in der Tischmitte eingeschaltet hatte: »Mein Mandant ist jetzt bereit, Ihre Fragen zu beantworten. Er bedauert, wenn gestern der Eindruck entstanden sein sollte, er wolle sich der polizeilichen Befragung entziehen. Er befand sich im Tiefschlaf und wurde durch zwei weder durch Uniform noch andere Kennzeichen als Polizeibeamte ausgewiesene Personen in seiner Garage in seinem Fahrzeug überrascht«, der Anwalt betonte jeweils das Wort seine , »und fühlte sich dementsprechend bedroht.«
Walde betrachtete die breiten Unterarme von Schorsch, die Popeye zur Ehre gereicht hätten.
Haupenberg fuhr unbeirrt fort: »Einem natürlichen Fluchtreflex ist es zuzuschreiben, dass er den Zündschlüssel gedreht hat. Dies ist im übrigen bei einem 190er Diesel des Baujahres 1982 mit einem Vorglühvorgang verbunden, der nach einer so langen Standzeit, wie es hier der Fall war, ein sofortiges Starten des Fahrzeuges unmöglich machte. Im übrigen hat mein Mandant den Alkohol, den er zweifelsfrei genossen hat, erst nach Ankunft am Herrenhammer konsumiert …«
Meier unterbrach ihn: »Das ist Sache der Kollegen vom Verkehr, die sich auch um die Entnahme der Blutprobe gekümmert haben. Können wir zur Befragung kommen?«
»Was ist mit meinem Lappen?«, meldete sich Schorsch zu Wort. Er hatte seine Zigarette heiß geraucht.
»Ist in Ordnung, Schorsch, ich kümmere mich darum, eins nach dem anderen.« Haupenberg sprach in bestimmtem Ton. Er blickte seinen Mandanten an.
Schorsch drückte die Zigarette im Aschenbecher aus. Gleich darauf verdunkelten sich seine Züge wieder.
»Wenn es Ihnen recht ist, kommen wir jetzt zur Beantwortung der Fragen, aufgrund derer mein Mandant und ich hier sind.«
Walde nickte. Meier zündete sich eine Zigarette an und schob die Packung zu Schorsch hinüber.
»Mein Mandant führt keinen Terminkalender und kann für den fraglichen Abend des 22. März, an dem sein Arbeitgeber, Herr Räumer, wahrscheinlich ermordet wurde, darauf wollen Sie doch hinaus, kein Alibi
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