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Tatort Mosel

Tatort Mosel

Titel: Tatort Mosel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mischa Martini
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Grund lief. Stadler hantierte mit einer Strickleiter. Dann kam er wieder zurück, nahm eine Kamera aus dem Führerhaus, setzte seine Uniformmütze auf und schritt zurück zum Bug.
    Grabbe folgte ihm vorsichtig. Stadler kletterte bereits die Strickleiter hinunter, als Grabbe ihm nachblickte. Es war höher, als er erwartet hatte.
    »Kommen Sie!«, forderte ihn von unten der Wasserschutzpolizist auf.
    Grabbe schaute an den riesigen Quadern der Brücke empor. Hoch oben beugten sich bereits die ersten Gaffer über das Geländer.
    Unten hielt Stadler mit beiden Händen die Strickleiter fest.
    Dennoch gab der Abstieg Grabbe den Rest. Er taumelte ein paar Schritte über niedriges Gestrüpp und ließ sich dann auf die Knie fallen. Nachdem er sich übergeben hatte, versuchte er, seine Atmung zu kontrollieren. Die Erde unter seinen Knien war weich, aber der Boden schwankte nicht mehr. Noch einmal revoltierte sein Magen.
    »Geht’s wieder?« Stadler hatte geduldig in der Nähe gewartet.
    Grabbe rappelte sich auf. Stadler bahnte sich vorneweg einen Weg durch das wild wuchernde Grün. Dann erklomm er den Sockel des Brückenpfeilers, der mitten auf der Insel stand. Dahinter folgte dichtes Gestrüpp. Grabbe hielt sich nahe an Stadler, der darauf achtete, dass seinem Hintermann keine Äste ins Gesicht schnellten. Das Rauschen des Flusses war wieder zu hören.
    Auf der Spitze des Berges am gegenüberliegenden Ufer hob sich die Mariensäule dunkel gegen die letzten Sonnenstrahlen ab. Grabbe stieß gegen Stadler, der stehen geblieben war und die Kamera hob.
    Etwa einen Meter vor ihnen lag das auf der Erde, was er eben nur schemenhaft vom Boot aus wahrgenommen hatte. Er sah Schuhe, eine Hose, an einem Bein leicht hochgerutscht und eine fleckige Wade freigebend. Er kam bis zur Hand, dann wandte er den Blick ab. In diesem Moment drehte der Wind und wehte eine Wolke übelsten Leichengestanks zu Grabbe herüber.
    »Das ist keine Wasserleiche.« Stadler ließ die Kamera sinken.
    »Warum?« Grabbe hielt sich die Nase zu.
    »Das seh ich.« Stadler wandte den Kopf zur Brücke, wo die Schaulustigen die Köpfe reckten. »Zu weit, um von der Brücke gefallen zu sein.« Er ging vor der Leiche in die Hocke. »Ist auf jeden Fall schon ein paar Tage tot.«
    Er nahm das Funkgerät und murmelte hinein.
    »Warum?«, kam es stereotyp von Grabbe zurück.
    »So sieht niemand aus, der gestern noch tanzen war.«
    Grabbe blieb nichts anderes übrig. Es sollte nur ein ganz kurzer Moment sein, in dem er den Kopf in Augenschein nehmen wollte, ähnlich einem Foto mit einer kurzen Belichtungszeit. Er hielt den Atem an.
    Es war zu kurz, er verstand nicht, was er da sah. Nach der weitgehend intakten Hand zu urteilen war das nicht zu verstehen. Er sah noch mal hin. Die Person lag auf dem Rücken. Sie hatte kein Gesicht, kein Haar und keinen Hals mehr.
    Grabbe musste sich eine weiteres Mal übergeben.
    Als er wieder auf die Beine kam, widerstand er dem Impuls, sich nach der Brücke umzudrehen. Sicher hatten ihm alle beim Kotzen zugesehen. Es gab ja auch nichts Interessanteres. Von dort oben konnte die Leiche schwerlich zu erkennen sein.
    »Wer hat den Fund gemeldet?«, fragte Grabbe den stoisch neben ihm ausharrenden Stadler.
    »Der Anruf kam von einem Frachtschiff. Wahrscheinlich ist die Stelle nur von der Brücke eines talwärts fahrenden Schiffes aus zu sehen.«
    »Ich verstehe nicht, dass nicht schon früher …«
    »Die Leute haben dort normalerweise nur die Brückenpfeiler im Blick, denen sie ausweichen müssen. Besonders bei dem schnellen Wasser, das wir in den letzten Wochen hatten.«
    »Und Sie meinen, es ist keine Wasserleiche?«, insistierte Grabbe.
    Stadler schüttelte den Kopf und zupfte einen Blattfetzen hinter dem Knopf seiner Uniformjacke heraus.
    Grabbe dachte nach. Vor drei Monaten war ein Stadtstreicher vor dem Asyl in Trier-West von der Römerbrücke gestürzt. Die Kripo hatte ermittelt, weil der Geschichte ein Streit vorausgegangen war. Zwei an der Tat Beteiligte waren volltrunken gewesen und konnten sich angeblich an nichts mehr erinnern. Brauchbare Zeugenaussagen gab es nicht. Die Feuerwehr hatte bei der Suche nach dem Mann Taucher eingesetzt, ihn aber nicht finden können.
    »Könnte der hier nicht doch ertrunken sein?«, fragte Grabbe.
    »Also im klassischen Sinne ist das hier keine Wasserleiche.«
    »Wie lange treibt man von der Römerbrücke bis hierher?«
    »Im Moment keine zehn Minuten«, antwortete Stadler.
    »Das reicht, um zu

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