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Tatort Oktoberfest (German Edition)

Tatort Oktoberfest (German Edition)

Titel: Tatort Oktoberfest (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Ludwig
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aufgeregt. Wie im Fieber. Das ist eine Story. Wenn er das seinen Kumpels erzählt. Damit kann er punkten. Nach einer gefühlten Ewigkeit dreht Ludwig sich vorsichtig zu dem Toten um. Er vermeidet sich in den starren Augen zu verlieren, nimmt lieber das Gesicht und den Körper ins Visier.
    Der Schreck trifft ihn wie ein Schlag. Er zuckt zusammen, kann einen Schrei nicht unterdrücken. Sofort hält er sich den Mund zu. Eiskalt läuft es ihm den Rücken hinunter, er friert, und ihm ist heiß zugleich. Bullshit. Hinter ihm hockt, gekillt, Luigi, der Brautechniker vom Oktoberfestzelt.
    Das ist gar nicht gut. Er ist geliefert. Sie werden ihn beschuldigen. Er kannte ihn. Sie werden ihn einsperren. Angst überfällt ihn wie ein Tier, seine Hände zittern, Schweiß bricht ihm aus allen Poren. Einen Lidschlag lang sitzt er wie festgenagelt, dann erwacht sein Fluchtimpuls. Weg, er muss sofort weg.
    Mit einem schnellen Rundblick prüft er, ob das Auto beobachtet wird. Als es sich mit der Frontscheibe zur Allgemeinheit dreht, rutscht er in den Fußraum des Wagens. Seine Hand stützt sich auf dem Boden ab. Seine Finger ertasten einen Gegenstand aus Metall. Eine Pistole? Die Mordwaffe? Er nimmt das Ding auf. Es handelt sich um ein Handy. Schnell schiebt er es in die Jackentasche. Draußen ertönt Applaus. Der Moment ist günstig. Ludwig nutzt ihn und flutscht, immer noch in gehockter Stellung, aus dem Fahrzeug. Kurze Zeit später erreicht er die Eisentür, rennt die Treppen hinunter. Niemand hindert ihn oder hält ihn auf. Im offiziellen Untergeschoss, in der Nähe der Garderoben, hält er inne, schnauft durch, bemüht sich, normal weiterzugehen, um nicht aufzufallen.
    Vor den Toiletten wieder ein prüfender Rundblick, keine Gefahr. Hastig schließt er sich in einer Kabine ein und hockt sich aufatmend auf den geschlossenen Klodeckel. Für einen Moment schließt er die Augen. Wieder zur Ruhe gekommen, zieht er vorsichtig den Fund aus seiner Tasche. Ein Smartphone der gehobenen Klasse und es ist sogar eingeschaltet. Sofort fingert er mit den Apps herum. Im Postkasten wartet eine SMS. Er öffnet sie. „Melde dich bitte, egal, wie spät es ist. Claudia.“
    Ludwig überlegt, ob er die Person zurückrufen und ihr alles erzählen soll. Er kann seine Stimme verstellen, ein Taschentuch vor den Mund halten. In welchem Film ist das gelaufen? Er verwirft den Gedanken. Besser, er lässt das Ding einfach verschwinden. Er wird es in den Papierkorb werfen, dann weiß niemand, dass er die Leiche gesehen hat, und niemand kann ihn mit dem Mord in Verbindung bringen.
    Vorsichtig öffnet er die Toilettentür. Im Spiegel beobachtet er, wie die Eingangstür sich bewegt. Er steckt das Handy in die Hosentasche und eilt an dem Eintretenden vorbei hinaus.
    Den ganzen Abend, während di Flavio bei diesem Superempfang herumstand und mit ihm unbekannten Leuten Smalltalk führte, ist Erica ihm nicht aus dem Sinn gegangen. Was findet sie nur aufregend an solchen Veranstaltungen? Ihn strengt dieser Part nur an, schlimmer noch als das stundenlange Abhören von Telefonmitschnitten. „Ich kann dir Heimstetten nicht an die Seite stellen. Wir brauchen ihn hier, tut mir leid. Bitte schau dich nach dir bekannten Leuten um. Auch die kleinen Fische sind interessant.“
    Bei diesem Umschauen hat er unvorsichtigerweise bei der Wurst zugelangt, weil sich alle um den Ochsen drängten, und die liegt ihm jetzt verdammt schwer im Magen, so dass er alle paar Minuten aufstoßen muss und sich dementsprechend mies fühlt. Die Festreden haben dann noch ein Übriges getan, und die Blasmusik hat ihn an Beerdigungen erinnert. Luigi hat er gleich nach seinem Eintreffen kurz gesehen. Leider konnten sie kein Wort wechseln. Luigi hat nur mit den Schultern gezuckt und ihm bedeutet, dass er heute im Stress ist. Er würde ihn morgen anrufen, um ein Treffen zu vereinbaren. Alles in allem hat er sich erbärmlich gelangweilt, nicht einmal die schönen Autos konnten trösten. Die wirklich tollen Objekte konnte man nicht näher in Augenschein nehmen, weil sie sich unbehelligt von den Massen als Schaustücke auf der nicht zugänglichen Seite drehten, und um die anderen drängten sich zu viele Menschen.
    Der Commissario atmet durch, als er ins Freie tritt. Durch den Lärm im Inneren des Gebäudes ist ihm gar nicht aufgefallen, dass es angefangen hat zu regnen. Die Luft riecht angenehm frisch und ein wenig modrig. Er schlägt seinen Jackenkragen hoch und ruft sich Heimstettens Worte ins Gedächtnis.

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