Tatort Oktoberfest (German Edition)
Heia.“
„Gut, dann komme ich morgen wieder.“
„Mach das“, sagt der Wirt des Lokals und schüttelt den Kopf. „Soll ich ihm irgendetwas ausrichten?“
„Nein, nein“, antwortet Ludwig hastig und ärgert sich über seine Worte. Er weiß doch, dass Luigi nicht mehr dort erscheinen kann, und er wird einen Teufel tun und morgen, wenn alle vielleicht wissen, dass Luigi nicht mehr am Leben ist, wieder hier auftauchen. Claudia, hat der Mann gesagt und stand doch auch in der SMS. Das war doch die heiße Braut von der Roseninsel. Ob die was mit dem Tod von Luigi zu tun hat? Heute war sie nicht auf diesem Fest. Nein, das ist unmöglich. Sie ist ein Engel. Er prägt sich den Namen des Lokals ein: Pizzeria Napoli. Neapel. Ist in Neapel nicht die Mafia aktiv? Ludwig erinnert sich, darüber in einer Zeitung gelesen zu haben. Marlon Brando, der Pate, ja, das war es. Luigi ist dem Paten in die Quere gekommen. Aber Marlon Brando war Schauspieler und ist schon tot. Al Pacino? Wer ist hier der Pate? Ob er doch einfach mal die Nummern anläutet, die im Handy gespeichert sind? Heute nicht mehr, es ist schon zu spät. Im Internet wird er sich erst einmal informieren, was es so darüber gibt. Er muss vorsichtig zu Werke gehen.
Ludwig läuft weiter die Straßen entlang. Nur ab und zu hastet jemand an ihm vorbei auf ein Haus zu. Schließlich entdeckt er ein Leuchtschild der U-Bahn. Irgendwo muss er noch die Streifenkarte haben von der Hinfahrt. Er erinnert sich, dass er zwei Streifen abstempeln muss. Die Kontrollen sind sehr streng hier, hat ihm Julia eingebläut, fahr nur nicht schwarz, dann bekommst du gleich einen Punkt im Strafregister. Er hatte stumm genickt. Auf dem Bahnsteig orientiert er sich am Plan, und als die U-Bahn einfährt, steigt er ein. Bis zum Sendlinger Tor, dann mit der U6, hat er sich eingeprägt, und so ist es nicht nötig, jemanden zu fragen, und er fällt nicht auf.
Als er am Haderner Stern aussteigt, möchte er am liebsten in das Internetcafé gehen. Aber es geht auf Mitternacht zu. Er schließt das Haus auf und steht gleich darauf in Julias Wohnung. Alles ist dunkel, niemand da. Ulkig, denkt er und macht es sich vor dem Fernseher gemütlich. Ab und zu zieht er das fremde Handy aus der Tasche und spielt damit herum. Eine Claudia findet er im Verzeichnis. Soll er? In diesem Moment hört er, wie der Schlüssel im Schloss umgedreht wird, und schnell verschwindet das Teil wieder in seiner Hosentasche.
„Ludwig!“ Ein Schrei vom Korridor aus. „Mein Gott, habe ich mir Sorgen gemacht. Warum geht dein Handy nicht? Warum hast du dich nicht gemeldet? Ich hatte solche Angst, dass du nicht herfindest.“
„Ich bin doch kein Kleinkind“, mault er und lässt wohl oder übel die Umarmung seiner Tante über sich ergehen.
„Du bist sicher müde. Wie war es denn in der BMW-Welt? Hast du dir die schnittigen Wagen angesehen?“
„Mhm, war ganz okay.“
„Warum bist du nicht mit Nadine und Patrick zusammengeblieben?“
„Weiß nicht.“
„Beim nächsten Mal rufst du bitte vorher an, versprochen? Mein Gott, Junge. Jetzt geh schlafen und schalte den Fernseher aus. Gute Nacht. Ich bin fix und fertig.“
Ludwig fragt nicht warum. Die Alten, denkt er, immer sehen sie alles so uncool.
Freitag – noch ein Tag bis zur Wiesn
Mit einem stechenden, pochenden Schmerz im Kopf erwacht di Flavio am nächsten Morgen. Irgendwie bekommt er nicht auf die Reihe, wo er sich befindet. Der Geruch nach Desinfektionsmitteln irritiert ihn. Die Wohnung seines Kollegen im Olympiazentrum roch anders. Die weißen, nüchternen Möbel aus Stahl um ihn herum klären auf: Es sieht aus, als wäre er in einem Krankenhaus gelandet.
Mit dieser Erkenntnis kommt die Erinnerung zurück. Julia hat ihn auf der Straße aufgelesen. Wie ein Engel schwebte sie plötzlich über ihm, und kurz darauf haben sie ihn in einen Rettungswagen verfrachtet. Aber was war davor? Die Jugendlichen, richtig. Der eine hat ihn angebettelt, und der andere hat ihn niedergestreckt. Er ist auf diesen alten Trick hereingefallen wie ein Anfänger. Wahrscheinlich war ihnen seine milde Gabe nicht genug, und sie wollten alles. Oder? Er öffnet die Nachttischlade und sieht seine Börse in ihr liegen, nimmt sie heraus, wundert sich, dass kein Geld entwendet wurde. Sind die beiden gestört worden? Irgendetwas fällt ihm nicht ein. Denk nach, Tino, fordert er sich auf, aber sein Kopf will nicht arbeiten, er ist in dumpfe Nebelschwaden gehüllt, durch die ab und an ein Fuhrwerk
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