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Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten

Titel: Tatort Oslo - Unehrlich waehrt am laengsten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Knut Krueger
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rotwangigen Gardisten wuchsen.
    Der ins Stocken geratene Wachwechsel erinnerte an ein erstarrtes Puppenspiel, dessen Mechanik eingefroren war. Und in großer Höhe machte sich offenbar jemand einen Spaß daraus, sämtliche Schneereserven des Himmels zu mobilisieren und genau über dem Osloer Schlossplatz auszukippen.
    Die amerikanischen Touristen hatten längst das Weite gesucht. Nur Lukas und Elias trotzten heroisch dem wirbelnden weißen Inferno. »Wenn die sich nicht beeilen«, sagte Lukas und kniff die Augen zusammen, »müssen ihre Kameraden sie später mit Schneeschaufeln ausgraben.«
    Endlich traten zwei Offiziere aufeinander zu, murmelten kaum hörbare Kommandos und drehten sich so mechanisch umeinander wie Holzfiguren auf einer Drehscheibe.
    Die eingeschneiten Gardisten erwachten zum Leben, und während die neuen ihre Wachpositionen einnahmen, stapften die alten im Gänsemarsch durch die Tür der Wachstube, die sich vor ihnen wie von Geisterhand geöffnet hatte und hinter ihnen ins Schloss fiel.
    Ende der Vorstellung.
    Ende des Schneefalls.
    Als wäre der Schnee ein Bestandteil der Show gewesen und danach sofort abgestellt worden. Lukas und Elias schauten sich überrascht an. Dann schüttelten sie die Haare und klopften sich gegenseitig den Schnee von den Kleidern.
    »Komm mit!«, rief Elias.
    Gemeinsam liefen sie zur Rückseite der Wachstube und spähten durch ein Fenster. Niemand hinderte sie daran. Die königlichen Wachen hatten ihre Uniformjacken ausgezogen, fläzten sich auf breiten Sofas und schienen sich wahrhaft königlich zu amüsieren. War ja auch kein Wunder, wenn man die Wahl ihres Fernsehprogramms bedachte. Auch Lukas und Elias liebten die Simpsons über alles.

Kapitel 31
    Die Atmosphäre hatte sich unmerklich gewandelt. Zwar hätte niemand sagen können, was genau sich verändert hatte, doch seit ihrem gemeinsamen Hüttenwochenende lag ein latentes Misstrauen in der Luft. Franziska benahm sich wie ein Raubtier, das seine Beute belauert und nur auf den richtigen Augenblick zum Angriff wartet.
    Und obwohl sich bisher keine Gelegenheit ergeben hatte, Leifs Laptop zu untersuchen, war Franziska in ihrem Misstrauen bestärkt worden. »Der Typ ist wirklich seltsam«, hatte Alexander nach einem Abendessen im Kreise der Familie Fischer und ihres dubiosen Dauergasts festgestellt. Das hatte Franziska genügt. Sie wusste um Alexanders gute Beobachtungsgabe – zumal er ihr in aller Bescheidenheit seine kriminalistischen Erfolge anvertraut hatte, die seinen Vater auf der Karriereleiter nach oben katapultiert hatten. »Mein Papa hat jetzt einen zweiten Stern auf der Schulterklappe«, sagte er grinsend. »Und wem hat er das zu verdanken?«
    Rhetorische Frage, dachte Franziska, die auf so etwas aus Prinzip nicht antwortete, aber ein bisschen stolz war sie schon auf ihren Freund.
    Warum ihre Mutter weiterhin so tat, als sei alles in bester Ordnung, konnte Franziska beim besten Willen nicht nachvollziehen. Sie musste an das Bild von den drei Affen denken, die sich Ohren, Augen und Mund zuhielten. Die partout nichts Schlechtes hören, sehen und sagen wollten. Ihre Mutter war genauso. Deshalb hatte ihr Franziska auch nicht von der heftigen Auseinandersetzung mit Leif erzählt, die sich vor ein paar Tagen ereignet hatte und die sie sich jetzt noch einmal ins Gedächtnis rief.
    Leif hatte sich in einem Anfall spontaner Hilfsbereitschaft dazu bereit erklärt, zum Kiwi-Supermarkt zu gehen, der direkt um die Ecke lag, um noch etwas Milch zu kaufen. Wahrscheinlich dachte er, das würde ihm bei Franziska ein paar Pluspunkte eintragen und sie dazu bringen, sich ein wenig zu entspannen, statt ihn mit ihren dunkelbraunen Augen in Grund und Boden zu starren. Er fühlte sich ihren Blicken offenbar nicht gewachsen, deren Ausdruck irgendwo zwischen Skepsis, Spott und unverhohlener Abneigung lag. Leif war noch nicht lange aus dem Haus, als sein Handy vibriert hatte, das auf dem Küchentisch lag. Ohne lange nachzudenken, hatte Franziska auf die grüne Taste gedrückt und das Handy an ihr Ohr gehalten.
    »Hallo?«
    Sie hörte jemanden atmen.
    »Wer ist denn da?«
    Klick.
    Eine Minute später zeigte eine kurze Tonfolge den Eingang einer SMS an. Jetzt überlegte sie ein wenig länger. Sie war sich nicht sicher, ob Leif es merken würde, wenn sie die Nachricht las. Aber was riskierte sie schon dabei? Sie öffnete das Postfach und klickte Neue Nachrichten an. Die Botschaft bestand aus vier Worten:
    Ruf mich an! Morten
    Während sie

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